Frankenthal Zu müde, um schlafen zu gehen

„So oder so ist das Leben“ – ihr Song ist wie geschaffen als Titel ihrer Biografie. Hochgelobt bis tiefverhasst war Hildegard Knef. In einer musikalischen Collage widmete ihr die Sängerin Hannelore Bähr mit Frank Kersting am Klavier und Markus Munzinger am Schlagzeug am Sonntag im Dirmsteiner Weingut Eberle einen rundum gelungenen Abend in der Reihe Basurconzert.

Das Chanson „Ich bin zu müde, um schlafen zu gehen“ hatten sie als Titel des Abends gewählt, viele weitere sollten folgen. Mit Bährs wohltuend tiefer Stimme wurden die zahlreichen Zuhörer schnell in die Welt der Knef entführt, erfuhren von ihren vielen Höhen und Tiefen. Ihr Lied „Von nun an ging’s bergab“ erzählt ja recht eindringlich die Kurzversion des Lebens der 1925 geborenen Sängerin, Schauspielerin und Buchautorin. Aus dem Buch „Der geschenkte Gaul“ erfuhr man von der Kindheit, den wenigen schönen Jahren beim Großvater in Berlin, der sich das Leben nahm, von drastischen Kriegserlebnissen der Jugendlichen. Immer wieder passend zu den biografischen Eckpunkten hatte Bähr einen Titel der Knef herausgesucht, in dem sie ihre Erfahrungen verarbeitet hat. „Ich habe nicht gelernt zu leben, ich habe nur gelernt zu überleben“ ist eines dieser Statements, das man der Knef glaubt, wenn man ihre Geschichte kennt. Dreimal war sie verheiratet: „Eins und eins das macht zwei“. Gesundheitliche Schicksalsschläge musste sie wegstecken, Erfolge und Misserfolge wechselten sich ab. Aus Deutschland ging’s der Karriere wegen nach Amerika: „Ich brauch Tapetenwechsel“. Dort aber plagt sie das Heimweh: „Ostseelied“. Die UFA rief, und die Knef folgte. Der Film „Die Sünderin“ wird 1951 zu einem der größten Skandale der Nachkriegszeit wegen sieben Sekunden Nacktheit. Filmproduzent Erich Pommer brachte es damals auf den Punkt: „Bei einem Film starten sie Revolutionen, bei Gaskammern nicht.“ Hannelore Bähr beeindruckte nicht nur mit ihrer Stimme, sie schlüpfte auch in verschiedenen Charaktere von Menschen, mit denen die Knef zu tun hatte – berlinerte und imitierte die Stimme von Gönnerin Else Bongers, der Besetzungschefin der UFA, die die Knef entdeckt hatte. Markus Munzinger und Frank Kersting waren die perfekte Ergänzung an Schlagzeug und Klavier für die so gefühlvoll bis zornig vorgetragenen Chansons, die das Publikum mitnahmen. Bähr erzählte von der Ehe mit David Cameron in den USA: „Ohne Dich...“. Mit der Liedzeile „...hat der Regen keine Tropfen“ passte es auch zum leichten Nieseln, das nach der Pause einsetzte, doch niemanden zu vertreiben vermochte – weder auf noch vor der Bühne. Trotz kleiner Tochter plante Hildegard Knef eine Tournee mit der Bigband, was die Musiker zu einem Medley der bekanntesten Titel inspirierte. Tiefen Eindruck schließlich hinterließ der Lebenswillen der Künstlerin, bei der Brustkrebs diagnostiziert wurde, und ihre Pein bei der damals noch unvollkommenen Behandlung: „17 Millimeter war ich entfernt vom Glück“ könnte eine Anspielung auf den Tumor gewesen sein. Mit frenetischem Applaus und dem bekannten „Für mich soll’s rote Rosen regnen“ und „Der alte Wolf wird langsam grau“ endete der Abend, den auch der leichte Regen in der zweiten Hälfte nicht trüben konnte.

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