Frankenthal Weiher wird zur romantischen Konzertlagune

An den Picknickkörben der Zuschauer laben sich in den Pausen auch die Musiker.
An den Picknickkörben der Zuschauer laben sich in den Pausen auch die Musiker.

Noch brennt die Sonne erbarmungslos, als die Stuttgarter Saloniker am Freitag mit einem Floß auf die Insel im Herrnsheimer Schlossweiher übersetzen. Bei diesem Balanceakt war im vergangenen Jahr das Klavier ins Wasser gerutscht. Diesmal schafft es das Instrument sicher auf die Insel. Am Ufer gegenüber macht es sich das Publikum des Wormser Seekonzerts auf Decken und Klappstühlen gemütlich, breitet das mitgebrachte Picknick aus und erfreut sich an einer kühlen Weinschorle.

Zum dritten Mal verwandeln Patrick Siben und seine Saloniker den Weiher in eine romantische Konzertlagune. Mit Wassermusiken und venezianischen Gondelliedern geht es auf eine erfrischende Reise an die wogende Adria, ins heitere Strandbad des Fin de Siècle oder auf eine königliche Bootsfahrt auf der Themse. Fröhlich beginnt das Konzert zu den Klängen des neapolitanischen Volkslieds „Funiculì Funiculà“, das die Liebe in der 1880 eingeweihten Seilbahn zum Vesuv besingt. Das Ensemble ist da noch gar nicht vollständig. Denn wie sich anschließend herausstellt, stecken die Cellistin und der Kontrabass noch im Stau fest. Das tut der sommerlichen Stimmung aber keinen Abbruch, und zu leicht nostalgischen Walzerklängen von Emile Waldteufels „Sur la plage“ genießt das Publikum die hübsche Seebadszene. Trotz der anhaltenden Hitze sind die Saloniker sichtlich motiviert, während sie sich mit Mendelssohn, Ruggero Leoncavallo und Amadeo Amadei auf eine venezianische Gondelfahrt begeben. Dem Freiluftcharakter ist es natürlich geschuldet, dass die Musik nur zärtlich bis ans andere Ufer schallt. Und sie mischt sich wunderbar mit Vogelgezwitscher und fernem Entengeschnatter. Für die erheiternden Ansprachen von Pianist und Kapellmeister Patrick Siben, der auflockernd und informativ durch das Programm führt, wäre jedoch ein Mikrofon durchaus hilfreich gewesen. Mittlerweile sind auch die beiden staugeplagten Musiker eingetroffen und haben sich zu Klarinetten, Violinen, Klavier, Trompete und Posaune gesellt. Die kleinen Salonorchester sind eine Erfindung des 19. Jahrhunderts, als das wohlhabende Bürgertum am liebsten im Salon sitzend unterhaltsamer Musik lauschte, erklärt Siben. Besonders beliebt waren die neuesten Opernproduktionen, die direkt nach der Veröffentlichung in zahlreichen Arrangements für diverse Besetzungen erhältlich waren – so auch Friedrich von Flotows Ouvertüre zur Oper „Die Matrosen“. Und es ist erstaunlich, wie klangvoll das neunköpfige Ensemble das große romantische Orchester ersetzt. Mit schnellen Stimmungswechseln geht es mal dramatisch, mal locker tänzerisch auf eine abenteuerliche Schifffahrt. In der Pause gehen die Musiker durch das Publikum, plaudern mit den Zuhörern und stärken sich an den angebotenen Picknickkörben. Dabei werden auch gleich die Tickets kontrolliert. Wer keines hatte und nicht schnell genug das Weite sucht, kann auch direkt beim Orchesterleiter eines nachträglich erwerben. Weiter geht es mit Händels „Wassermusik“, die nicht nur wegen ihrer offensichtlichen Thematik sehr gut auf den Weiher passt, sondern auch speziell für eine Aufführung im Freien komponiert wurde. Allmählich hat sich die Dämmerung über den Park gelegt. Eine kühle Brise umhüllt die Zuhörer, die entspannt auf ihren Decken liegen und das stimmungsvolle Konzert genießen. Es geht zurück nach Italien zu einer „Nacht in Venedig“ von Johann Strauss, bevor ein Medley aus Tschaikowskys „Schwanensee“ das Ende einläutet. Nach viel Applaus und kräftigen „Herrnsheim Ahoi!“-Rufen wird das gut gelaunte Publikum mit zwei Zugaben belohnt. Nächtliche Ruhe legt sich dann über den Schlossweiher, als die Zuschauer, zufrieden und erfüllt von Walzermelodien, den Heimweg antreten.

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