Frankenthal Wehmut über Worms

Wehmut begleitet die Vorbereitungen für die letzten Nibelungen-Festspiele in Worms mit Dieter Wedel. „Ich erwarte viel Emotionales“, sagte Pressesprecherin Monika Liegmann gestern bei der Präsentation des begleitenden Kulturprogramms, das auch als Hommage an den Regisseur und Rückblick auf die vergangenen 13 Jahre gedacht sei.

Vor allem das „Dinner für Dieter“ zur Wormser Kulturnacht am 14. Juni um 20 Uhr soll eine Überraschung für den scheidenden Intendanten werden, sagte Petra Simon, die als künstlerische Betriebsdirektorin für das Rahmenprogramm verantwortlich ist. Im Museum der Stadt im Andreasstift soll dazu eine lange Tafel mit mehreren Stühlen aufgestellt werden. „An jedem Platz passiert etwas“, so Simon. Was, das wollte sie nicht verraten. Mit diesem inszenierten Festmahl wird eine Ausstellung mit Fotos, Requisiten und Kostümen eröffnet, die bis 14. September zu sehen ist. Vorgestellt wird beim „Dinner für Dieter“ auch das Buch „Das Wunder von Worms“. Benannt ist es nach der Überschrift eines Berichts in der Zeitschrift „Bunte“, die im Mitarbeiterstab gerne zitiert worden sei, so Liegmann. Wedel selbst, die Dramaturgen Moritz Rinke und John von Düffel, Regisseurin Karin Beier, Schauspieler und andere Wegbegleiter und langjährige Mitarbeiter haben zu dem Band mit 150 Fotos Impressionen und Anekdoten beigesteuert, auch vom großen Prominenten- und Medienzirkus rund um die Spiele, sagte Liegmann. Und Regisseur Joern Hinkel, Wedels Assistent, fügte an: Für ihn habe es zwei Wunder von Worms gegeben: dass die Festspiele aus all dem Chaos des ersten Jahrs überhaupt entstanden seien und dass der Zauber des Anfangs in all den Jahren nicht verloren ging. Das eigentliche Begleitprogramm der Nibelungen startet am 20. Juli, zwei Tage nach der Premiere, wieder mit Theaterbegegnungen. Das Thema: „Die Nibelungen – ein deutscher Mythos?“. Wann ein Stoff zum Mythos taugt, soll ebenso beleuchtet werden, wie seine Bedeutung für nationale Tendenzen. Radio- und TV-Moderatorin Jule Gölsdorf spricht darüber ab 11 Uhr mit Dieter Wedel, Autoren, Regisseuren und Journalisten. Dazu singen und sprechen Ensemblemitglieder Lieder und Texte. Am 19. Juli, 20 Uhr, ist bei den Nibelungen-Festspielen, wie bereits berichtet, Loriots Stück „Der Ring an 1 Abend“ zu erleben. Die kurzweilige Einführung des Humoristen in das bewunderte Mammutwerk Wagners wird von Gerd Wameling in Begleitung der Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz im Wormser Theater aufgeführt. 16 Stunden hat Loriot auf zwei Stunden komprimiert und dabei in feiner Ironie Götter und Helden auf den Punkt gebracht. Texte aus der Zeit, in der Hebbels Nibelungen-Saga (1850-1860) und Wagners Ring-Tetralogie (1848-1874) entstanden, trägt am 21. Juli, 20 Uhr, Schauspieler Manfred Zapatka im Lincoln-Theater vor. Eine sehr politische Zeit sei das gewesen, so Simon. Die bürgerlich-nationale Bewegung zur Gründung eines einigen und unabhängigen deutschen Staates mündete 1848 in die Frankfurter Nationalversammlung. Zugleich entstanden Visionen von Überlegenheit des weißen Mannes über die wilden Völker in Afrika und anderen Kolonien – eine Geisteshaltung, die sich auch in Hebbels Visionen deutschen Heldenmuts niederschlug. Eine Reise in die glamourösen 20er-Jahre unternimmt die Schauspielerin Teresa Weissbach bei einem Liederabend am 25. Juli im Schloss Herrnsheim. „In der Bar zum Crocodil“ lässt sie ihre imaginäre Lola – lasziv, verrucht, lebenshungrig und frech – auftreten und erzählt die Geschichte der jungen Frau, die in Berlin Glück und Freiheit sucht. Begleitet von dem amerikanischen Sänger und Tänzer John Carlson singt Weissbach die bekanntesten Lieder der Zeit. Dunja Rajter, die zwar nie auf der Nibelungen-Bühne stand, doch bisher an keinem Premierenabend gefehlt habe, bestreitet ebenfalls einen Liederabend: am 26. Juli, 20 Uhr, im Lincoln-Theater. Die Kroatin, die ihre Schauspielkarriere 1963 mit den Winnetou-Filmen begann, trägt Chansons und Lieder von Sängerinnen wie Marlene Dietrich oder Edith Piaf vor, die sich gegen Imperialismus wenden und damit Themen der Hebbel-Inszenierung reflektieren. Für Kinder trägt Markus Majowski, der in diesem Jahr wieder als Volker von Alzey auf der Bühne steht, am 2. August, 15 Uhr, im Heylshofpark eine eigene, bisher unveröffentlichte Geschichte vor. Unterstützt von seinem Sohn Julius am Klavier, liest er aus „Das fliegende Wunder“, eine Geschichte um den Fischerjungen Mütze Rocco. Zum Kindertag am 27. Juli, 11 bis 16 Uhr, gibt es zum Verkleiden jetzt endlich auch einen Drachen, berichtete Simon. Die zähe Nachfrage der Jüngsten hatte Erfolg – obwohl es bei den Festspielen ja eigentlich keinen Drachen gebe. Vincelot soll das niedliche rote Ungeheuer heißen. Beim „Drachenland im Heylshofpark“ gibt es außerdem Kindertheater, eine Kunstwerkstatt, Spielstationen, Kinderschminken und Zauberei. Für Schulklassen bieten die Festspiele als Theatersolo am 21. Juli, 8.30 und 11.45 Uhr, „Die Nibelungen in 45 Minuten“ mit Tino Leo. Allein mit Stimme und Körpersprache schlüpft er in ein knappes Dutzend Rollen. Die Nibelungenhorde präsentiert sich diesmal mit einem Tag der offenen Bühne am 2. und 3. August, 10 Uhr, im Wormser Theater. Unter Anleitung von professionellen Theatermachern können sich Besucher hier ausprobieren. Erst nach diesem Tag geht es an eine eigene Produktion: Mit Regisseur Joern Hinkel und Schauspieler Markus Majowski erarbeitet die Horde eine Bühnenfassung von dessen Kinderbuch „Das blaue Haus“, die am 24. August uraufgeführt werden soll. Die theaterpädagogische Arbeit soll bei der Nibelungenhorde im Vordergrund stehen, sagte Hinkel. Doch dafür sei in den vergangenen Jahren kaum noch Zeit gewesen – die elf Tage hätten gerade mal gereicht, ein Stück einzustudieren. Daher habe man sich zur Verlegung der Premiere nach den Festspielen entschieden. Mit einer Doppelausstellung im Kunstverein und im Museum Heylshof ehrt die Stadt den Maler und Regisseur Achim Freyer, der dieses Jahr 80 wird. Zu sehen sind neben Gemälden auch Skizzen zu seinen Ring-Inszenierungen in Los Angeles und Mannheim, außerdem Requisiten, Masken und Kostüme. Darüber hinaus gibt es im Rahmenprogramm der Wormser Festspiele wieder Vorträge der Nibelungenlied-Gesellschaft und Filmnachmittage, an denen der Mitschnitt der Inszenierung 2013 gezeigt wird. (möt)

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