Frankenthal „Von Klagen und Kampf“

Schriftsteller Albert Ostermaier lädt am letzten Wochenende der Nibelungen-Festspiele prominente Kollegen aus aller Welt zum Austausch nach Worms. Das Programm vom 14. bis 16. August mit Reden und politischen Diskussionen soll aktuelle Bezüge zum Stoff herstellen – vor allem zur Flüchtlingsdebatte – und ein Statement gegen Vorurteile sein.

„Über alles Politische hinaus ist es meine Leidenschaft und mein Wunsch, dass sich Menschen begegnen, die sich vielleicht sonst so nie begegnen würden, dass aus diesen Begegnungen und Gesprächen neue Ideen und Werke entstehen, dass dieses Festival ein inspirierendes und initiatives ist, für die Künstler ebenso wie das Publikum“, sagt Ostermaier zu seinem Festspielprogramm. „Ich bin unendlich glücklich, welche herausragenden Künstlerpersönlichkeiten aus der ganzen Welt wir gewinnen konnten. Das macht uns Mut für den Anfang.“ „Von Tränen, Klagen und Kampf“, ist die Diskussion am Samstag, 15. August um 18 Uhr überschrieben. Gefragt wird dabei nach den Folgen von Krieg und Bürgerkrieg auf das Leben der betroffenen Zivilisten. Die Runde besteht aus internationalen Autoren, die sich in ihrer Literatur mit der politischen Situation ihres Heimatlandes auseinandersetzen: Rawi Hage ist ein libanesisch-kanadischer Autor, Jurij Andruchowytsch stammt aus der Ukraine, Sherko Fatah ist ein deutscher Schriftsteller mit irakischen Wurzeln und Alawiyya Sobh ist eine libanesische Autorin. Der deutsche Journalist Wolfgang Bauer hat für eine „Zeit“-Reportage syrische Flüchtlinge auf der gefährlichen Reise über das Mittelmeer begleitet (wir berichteten am Freitag), Antje Pieper ist stellvertretende Leiterin der Hauptredaktion Politik und Zeitgeschehen beim ZDF und moderiert das Auslandsjournal. Die Schauspieler Sibylle Canonica, Hannelore Elsner und Udo Samel lesen Texte der anwesenden Autoren. Die Moderation hat Stefan Weidner. Eine Performance ist von Ken Yamamoto zu sehen. Für Sonntag, 16. August, 14 Uhr, ist mit Abasse Ndione einer der führenden Schriftsteller des afrikanischen Kontinents eingeladen, über seine Sicht des Nibelungenlieds und dessen grenzüberschreitende Aktualität zu sprechen. 1946 in einem senegalesischen Fischerdorf in der Nähe von Dakar geboren, besuchte Abasse Ndione zunächst eine Koran- und dann eine französische Schule. Er arbeitete bis vor kurzem als Krankenpfleger. Wie das englischsprachige Magazin New African schreibt, war Ndione auf diesen Vollzeitjob angewiesen, da seine Verleger ihm selten mehr als einen Hungerlohn für seine Arbeit als Schriftsteller zahlten. Er schreibt in Wolof und auf Französisch. 1998 wurde erstmals ein Werk von ihm in Frankreich publiziert. Zuletzt erschien auf Deutsch sein viel beachteter Roman „Die Piroge“ über eine Gruppe von 30 Menschen aus dem Senegal, die versuchen über das Meer nach Europa zu gelangen. Die Verfilmung dieses Stoffs erhielt auch in Deutschland zahlreiche Preise, etwa beim Filmfest München, als bester internationaler Film 2013. Der Vortrag wird in französischer Sprache mit deutscher Übersetzung gehalten. „Religion und Gewalt“ ist das Thema der anschließenden Diskussionsrunde um 16 Uhr. Es soll hinterfragt werden, ob es wirklich, wie so häufig behauptet, mehr und weniger gewalttätige Religionen gibt. Mit dabei in der Runde ist Sibylle Lewitscharoff, die Religionswissenschaften studierte und sich in ihrem Roman „Blumenberg“ mit der Frage beschäftigt, was der modernen Welt abhanden gekommen ist, nachdem sie mit ihrem Realitätssinn die Möglichkeit eines Wunders ausgeblendet hat. Der Autor Feridun Zaimoglu, Mitbegründer von Kanak Attak, wandte sich 2006 öffentlich massiv gegen die aus seiner Sicht einseitig-negative Berichterstattung weiter Teile der deutschen Medien über eine behauptete schlechte Integration von Einwanderern in Deutschland. Volker Braun, der in drei politischen Systemen gelebt hat und sich seinen Glauben an die sozialistische Utopie von niemandem hat abhandeln lassen, ist ein genauer Beobachter unserer gesellschaftlichen Entwicklungen. Der Moderator C. Bernd Sucher schrieb seine Dissertation über „Martin Luthers Stellung zu den Juden. Eine Interpretation aus germanistischer Sicht“. (möt/rhp) VORVERKAUF Tickets gibt es über die gebührenpflichtige Hotline 01805 337171 oder unter www.nibelungenfestspiele.de.

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