Frankenthal Stadt sieht Entscheidungsdruck

Über die Frage, wo weitere Flüchtlinge und Asylbewerber in Frankenthal untergebracht werden, müsse zügig in den nächsten sechs bis acht Wochen entschieden werden. Das hat Oberbürgermeister Theo Wieder (CDU) am Mittwoch im Dathenushaus unterstrichen. Derzeit gebe es noch 44 freie Plätze; der erwartete Bedarf im laufenden Jahr liege aber bei 80 Plätzen.

Vorrangig will die Stadt nun nach Mietwohnungen Ausschau halten. Das Vorhaben, die sogenannte Eulenburg in Bahnhofsnähe zu kaufen und als weitere Sammelunterkunft auszubauen, wird vorläufig zurückgestellt. Diesen Vorschlag Wieders billigten der Planungs- und Umweltausschuss und der Ausschuss für Familie und Soziales in gemeinsamer Sondersitzung einstimmig (wir berichteten). In der Eulenburg könnten 100 bis 120 Leute untergebracht werden, sagte Wieder auf Nachfrage von Alis Hoppenrath (SPD). Um dieses Quartier zu ersetzen, würden somit 30 bis 40 Wohnungen gebraucht. Die Stadtführung reagierte mit dem vorläufigen Kurswechsel auf die kritische Diskussion, die um das Eulenburg-Projekt in der Westlichen Ringstraße entstanden war. Klar sei, dass Frankenthal seine Verpflichtung erfüllen müsse, 1,2 Prozent der auf Rheinland-Pfalz entfallenden Asylbewerber aufzunehmen, unterstrich der OB. „Wir brauchen eine Lösung.“ Flächen für Wohncontainer will die Stadt – entgegen einer FWG-Forderung – nicht ausweisen. „Eine Änderung dieser Festlegung bleibt dem Stadtrat vorbehalten“, heißt es in dem von Wieder vorgelegten Papier. Der von der FWG vorgeschlagene Standort „ehemaliger Sportplatz an der Schraderstraße“ sei ungeeignet, sagte der OB – unter anderem, weil es Altlasten im Boden gebe. Die Zahl der Frankenthal zugewiesenen Flüchtlinge sei bereits im Vorjahr sprunghaft angestiegen, erklärte Torsten Bach, Leiter des Bereichs Familie, Jugend und Soziales, in der Sitzung: von 29 Personen 2012 auf 99 Personen 2013. Im laufenden Jahr habe die Stadt bislang 21 Personen aufgenommen, mit rund 80 weiteren werde gerechnet. 164 Personen – Obdachlose inbegriffen – sind laut Bach zurzeit in drei städtischen Quartieren untergebracht: 68 im Wohnheim Albertstraße, 84 Am Nussbaum in Mörsch, zwölf in der ehemaligen Hausmeisterwohnung des heutigen Mehrgenerationenhauses Mahlastraße 35. Nur 44 Wohnplätze seien noch frei. Vergleichsdaten, wie andere Städte und Kreise Flüchtlinge unterbringen, erläuterte Beigeordneter Andreas Schwarz (SPD) – dazu die nebenstehende Grafik. Insgesamt handle es sich beim Umgang mit dem Thema um einen „sehr dynamischen Prozess“. Die Entscheidung, ob Sammelunterkünfte genutzt würden, habe immer mit lokalen Besonderheiten zu tun. Der Wohnungsmarkt der Westpfalz „dürfte mit der Vorderpfalz nicht vergleichbar sein“, sagte Schwarz. „Wir sind ein Stück weit irritiert“, sagte SPD-Fraktionsvorsitzende Beate Steeg angesichts des OB-Konzepts. Bislang sei gesagt worden, es gebe zur Eulenburg keine Alternative. Es stelle sich die Frage, ob die Zeit für die Prüfung anderer Lösungen reiche. Denn „irgendwann sind die Menschen da, und dann haben wir sie zu versorgen“, warnte Steeg. Offenbar habe es bisher ein Informationsdefizit gegeben, meinte FDP-Fraktionschef Günther Serfas. Es sei aber richtig, sich um eine dezentrale Lösung zu bemühen. Container kämen nur als „allerletzte Notlösung in Betracht“. „Der Wechsel der Verwaltung überrascht mich“, hielt Grünen-Fraktionssprecher Gerhard Bruder fest. „Es wurde immer gesagt, es gibt keine freien Wohnungen.“ Die jetzt vorgeschlagenen Untersuchungen des Mietmarkts „hätte man vorher machen können“, kritisierte Bruder. „Ich habe in jeder Sitzung gesagt, der Weg wird sehr schwierig“, antwortete Wieder. Tatsache sei, dass man sich schon im Herbst im Ältestenrat auf die zentrale Lösung Eulenburg verständigt habe. „Bis zur Stadtratssitzung vor 14 Tagen“ habe auch „niemand von einer dezentralen Lösung gesprochen“. Diese Darstellung brachte Bruder sichtlich auf die Palme: „Dagegen verwahre ich mich! Das war eines unserer Hauptanliegen – und es hieß immer nur, das ist schwierig.“ Später räumte Wieder ein, dass man die Wohnungsfrage nicht im Detail geprüft habe. Zur Abdeckung des „Spitzenbedarfs“ seien Container „nicht die schlechteste Lösung“, bekräftigte Carl Hezel. Der FWG-Sprecher appellierte an die Verwaltung, „wenigstens die baurechtlichen Voraussetzungen“ dafür zu schaffen. Dazu Wieder: „Wenn man das in manchen Bereichen der Landwirtschaft macht, heißt das nicht, dass das menschenwürdig ist – und dass die Stadt Frankenthal sich das als Vorbild nehmen sollte.“ Entschieden gegen Container sprach sich auch CDU-Fraktionschef Tobias Busch aus. Skepsis sei beim Blick auf den Wohnungsmarkt angebracht: Da gebe es wenig Spielraum. Wenn man nicht genügend Wohnungen finde, „kommen wir um ein zentrales Konzept nicht herum“, unterstrich Busch. Nach den Erfahrungen der Ausländerbehörde blieben „über 80 Prozent der Asylbewerber hier“, gab Wieder zu bedenken. „Ablehnung ist nicht gleichbedeutend mit Rückkehr – bei Bürgerkriegsflüchtlingen sowieso nicht.“ (spi)

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