Frankenthal Rotation im Direktorium

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Oliver Hannappels Weg ins Direktorium der Stadtklinik Frankenthal ist gar nicht so leicht zu beschreiben: Einerseits prägt da eine große Zielstrebigkeit den Lebenslauf, andererseits hat der 44-Jährige auch immer wieder ein paar Umwege genommen. Das Ergebnis freilich kann sich sehen lassen: Hannappel ist seit 1. April neuer Pflegedirektor des Krankenhauses am Rande der Stadt und damit neben Ralf Kraut, dem Kaufmann, und Alfred Edelmann, dem Mediziner, der für die Pflege Verantwortliche in der engsten Führungsspitze des Hauses. Hannappel verkörpert überzeugend und selbstbewusst den Macher in einem sehr schwierigen Arbeitsumfeld, hat in der Stadtklinik als echtes Eigengewächs eine Karriere vom Auszubildenden über die Arbeit als Pfleger auf der Intensivstation bis hin zu den ersten Führungsfunktionen dort und in der Pflegedienstleitung hingelegt. Ganz am Anfang seiner beruflichen Laufbahn wusste der verheiratete Vater von zwei Kindern vor allem erst einmal, was er nicht wollte: zum Beispiel ein Dasein als Aniliner bis zur Rente. Seine Ausbildung als Betriebsschlosser bei der BASF hat Hannappel zwar durchgezogen. „Dass ich hier nicht bleiben will, war mir aber schon nach den ersten Monaten klar“, erzählt er. Über den zweiten Bildungsweg packt der gebürtige Limburger die Fachhochschulreife und beginnt ein Studium an der FH Kaiserslautern – Fachrichtung Bauingenieurwesen. Aber irgendwie war’s das auch nicht. Der Zivildienst bei den Johannitern und das Jobben in der Stadtklinik während des Studiums hatten zudem eine andere berufliche Perspektive eröffnet, weshalb sich Hannappel im reifen Alter von 29 Jahren in die Ausbildung als Krankenpfleger stürzte. „Von dem Ingenieurstudium profitiere ich allerdings heute noch, wenn es um räumliches Vorstellungsvermögen geht oder darum, einen Bauplan zu beurteilen.“ Tatsächlich sind die Herausforderungen in seinem Kernjob, der Organisation der Pflege im 320-Betten-Haus im Frankenthaler Nordwesten, komplex genug: „Es gibt kaum einen Bereich im Gesundheitswesen, der in den zurückliegenden Jahren eine derartige Arbeitsverdichtung erfahren hat.“ Der Praktiker nennt die gestiegenen Anforderungen in der Hygiene und der Dokumentation. Er ist trotz der Schwierigkeit, entsprechend belastbares und fachlich gutes Personal zu finden, überzeugt, dass sich die Stadtklinik dieser Dynamik gut angepasst hat. Tatsächlich habe sich aber auch die Arbeit in ihrem Kern verändert: Die in den Stationen zu versorgenden Patienten sind im Zuge des demografischen Wandels älter und leiden meist unter mehreren Gebrechen. Beim „multimorbiden Patient“, wie es im Krankenhausjargon etwas technisch heißt, zeigt sich Hannappel zufolge sehr deutlich die Schattenseite der gewaltig gestiegenen Lebenserwartung. Pflege müsse sich verstärkt auf alterstypische Erkrankungen wie Demenz und Alzheimer einstellen. Hannappels Verantwortungsbereich steht zudem, seit die Finanzierung des laufenden Betriebs der Krankenhäuser in Deutschland auf ein System von Fallpauschalen umgestellt wurde, vor einem neuen Problem: wachsender Kostendruck. Der in den jährlich neu definierten Beträgen, mit denen Krankenkassen die Behandlung ihrer Patienten vergüten, enthaltene Pflegeanteil sei zu gering, findet Hannappel. Zumal viele Häuser aus den Einnahmen noch Geld für Investitionen quetschen müssen. Seine Hoffnung ist, dass sich diese ihm zufolge nicht ausreichende Berücksichtigung mit der Einführung von Pflegekammern ändert. „Wir brauchen ein stärkeres berufspolitisches Engagement als bisher“, sagt der 44-Jährige. Neue Wege gehen, damit hat Oliver Hannappel schon knapp zwei Wochen nach dem Start als Pflegedirektor angefangen. Weil es zunehmend schwierig wird, Pflegekräfte auf dem klassischen Arbeitsmarkt zu rekrutieren, fangen im Juli fünf junge Damen aus Italien in der Stadtklinik an (wir berichteten). „Ich muss auf sich ändernde Rahmenbedingungen reagieren. Es fehlt nicht nur an Fachkräften hier in Deutschland, die Fluktuation insgesamt ist größer geworden und auch der Wunsch nach flexibleren Arbeitszeiten.“ Hannappels Rezept: Anreize schaffen, indem „wir Exzellenz im eigenen Haus fördern“. Und die Bindung an die Klinik festigen: „Nach meinem Empfinden sind wir ein guter, attraktiver Arbeitgeber.“

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