Frankenthal Präzise und ein bisschen unberechenbar

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Frankenthal. Er komplettiert das Luzerner Trio bei der TG Frankenthal: Sandro Reinhard ist wie Philip Schwinn und Can Yurtseven aus der Schweiz zur Turngemeinde gestoßen. Der schweizer Nationalspieler hat in den ersten Trainingswochen schon einen guten Eindruck hinterlassen.

Es war eine der ersten Trainingseinheiten der TG. Die Spieler, die bei Strafecken für Gefahr sorgen sollen, haben sich am Schusskreis versammelt. Minutenlang üben sie Variante um Variante. An der Torauslinie ist Sandro Reinhard für die Hereingaben zuständig. Klock, klock, klock. Ball um Ball schlägt der schweizer Nationalspieler zu seinen Kollegen. TG-Trainer Fabian Rozwadowski schaut mit wachsender Begeisterung zu. „So hart und präzise hatten wir das selten in Frankenthal.“ Gemeint sind die Ecken, die der 25 Jahre alte Schweizer wieder und wieder hereingibt. „Das habe ich einmal gemacht und bin es irgendwie nie mehr losgeworden“, erzählt Sandro Reinhard. Im Alter von vier Jahren ist er beim Hockey gelandet. „Die Eltern wollten unbedingt, dass ich einen Mannschaftssport betreibe“, erinnert sich Reinhard. Eigentlich komme er ja aus einer Handball-Familie. Dafür sei er aber zu klein gewesen. Beim Fußball seien die Eltern skeptisch gewesen. Also Hockey. Das hat er in Bietigheim-Bissingen gelernt, beim Bietigheimer HTC. Bis er zwölf Jahre alt war, habe die Familie dort gewohnt. Doch dann ging es zurück in die Schweiz, nach Luzern. Dem Hockey blieb Reinhard dort treu – beim Luzerner SC, einem der Top-Vereine bei den Eidgenossen. Mit 16 Jahren habe er dort in der ersten Mannschaft gespielt. Die ersten drei, vier Vereine in der schweizer Nationalliga A, der höchsten Spielklasse dort, seien vom Niveau her wie hier in Deutschland Erste oder Zweite Liga. Danach falle die Leistungsdichte allerdings stark ab. So gehe es in den Play-offs fast immer um Genf, Wettingen und Luzern. In der Schweiz gehe es erst in den Play-offs „um die Wurst. Hier zählt gleich jedes Spiel. Da freue ich mich drauf.“ Auch die Wochenenden mit zwei Spielen an zwei Tagen seien kein Problem. „Bei der EM haben wir teilweise fünf Partien in sechs Tagen absolviert“, lässt er seine internationale Karriere durchblicken. Als Nationalspieler hat er für die Eidgenossen im Feld schon Erfahrung bei vier Europameisterschaften gesammelt – jeweils zwei in der B- und C-Gruppe. Die Gegner hießen zum Beispiel Tschechien, Russland, Frankreich, Portugal und Schweden. Generell sei der Stellenwert von Hockey in der Schweiz nicht so hoch. Es gefalle ihm hier in Frankenthal. Als Unterkunft habe er die alte Wohnung von Kapitän Timo Schmietenknop ergattert. „Die liegt ziemlich zentral, ich kann alles zu Fuß erreichen“, erzählt er. Die Entscheidung für Frankenthal sei bei „ein paar Bier“ mit Can Yurtseven gefallen, berichtet er und grinst spitzbübisch. „Ich fand die Idee auch am nächsten Tag noch gut und wollte in Deutschland auch unbedingt weiterspielen.“ Das will er natürlich am liebsten auf seiner Lieblingsposition Mittelstürmer. Eine Position, die er auch in der Nationalmannschaft begleitet. Allerdings hat die Sache in der „Nati“ einen Haken: „Im Sturm bekommt man dort relativ wenige Bälle. Ich hoffe, dass das hier anders ist“, sagt Reinhard und grinst. Im Mittelfeld käme er auch zurecht, dort habe er in Luzern gespielt. Und wenn alle Stricke reißen: „Links hinten ist auch cool. Das ist eine Position, von der aus man viel für die Offensive machen kann.“ Er verfüge über einen guten Schuss, nennt der Schweizer seine Stärke neben den bereits erwähnten Ecken und seiner Flexibilität. Außerdem bringe er auch einen Schuss Unberechenbarkeit mit. An der Defensivleistung müsse er noch ein wenig arbeiten. „Jedes Training wird es besser.“ TG-Trainer Fabian Rozwadowski beschreibt ihn als kommunikativen Typ. „Er hat super reingefunden.“ Reinhard sei sehr talentiert, habe aber auch noch viel Potenzial, das er noch nicht ausschöpfe. „Er hat seine Grenzen noch nicht erkundet“, sagt der Übungsleiter. In Frankenthal will Reinhard, der in Heidelberg Mathematik studiert, in den kommenden drei Jahren seine Grenzen erkunden. Dann will er seinen Bachelor haben. Natürlich kann man einen echten Schweizer nicht zurück in den Alltag entlassen, ohne ihn nach der Käsespezialität seiner Heimat Luzern zu fragen. „Luzerner Rahmkäse“, antwortet er. Auch der Emmentaler komme aus der Gegend. „Man hat aber verpasst, den Namen zu schützen.“

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