Frankenthal „Ohne Schnitte geht es nicht“

Den Anstoß, Mediziner zu werden, gab dem Oberstufenschüler Dieter Jost zunächst die Freundin. Das Interesse wuchs bei dem gebürtigen Kaiserslauterer, und er studierte in Heidelberg Medizin. In der Frankenthaler Stadtklinik ist er der Orthopäde. Jeden Montag von 9 bis 14.30 Uhr bietet er eine Sprechstunde an.

Die Neigung zur Chirurgie habe sich schon vor Ende des Studiums abgezeichnet und sei auch Thema seiner Doktorarbeit gewesen, erzählt Dieter Jost, für den nach den Examina erst einmal 18 Monate Bundeswehrzeit als Truppenarzt im Zweibrückener Abwehrbataillon anstanden. Hier versorgte er als Allgemeinmediziner die Wehwehchen der Wehrpflichtigen. Danach startete er seine chirurgische Spezialisierung in Frankenthal, wechselte nach Heidelberg, kam für ein Jahr zurück und beendete an der Unfallklinik in Ludwigshafen seine Facharztausbildung für Unfallchirurgie und Orthopädie. Nach drei Jahren an der BG-Unfallklinik Oggersheim, zuletzt als Oberarzt, und einer weiteren Station am Speyerer St. Vincentius-Krankenhaus kam Jost 1998 „zurück in meine Heimat“ nach Frankenthal. Der Krankenhausdienst habe sich ergeben, eine Praxis zu eröffnen „hatte ich nie ernsthaft vor“, sagt der 58-Jährige. Mit der Berufswahl und der gewählten Fachrichtung ist der verheiratete Familienvater auch nach 30 Jahren noch zufrieden: „Ich habe das gemacht, was ich machen wollte.“ Chirurgie, Unfallchirurgie, Orthopädie und Sportmedizin sind Dieter Josts Fachrichtungen. Dennoch muss auch er, wenn er Hintergrund- oder Bereitschaftsdienst hat, das heißt als verantwortlicher Chirurg eingehende Notfälle behandelt und entscheidet, das ganze chirurgische Spektrum abdecken: vom Knochenbruch bis zur Blinddarmentfernung. Sein Spezialgebiet wird stark von der Schwere eines Eingriffs bestimmt. Operative Korrekturen bei Fehlformen der Füße wie Hammerzeh etwa werden meist durch niedergelassene Orthopäden oder Chirurgen abgedeckt. Dagegen sind zeitintensive Operationen im Knie- und Hüftbereich und die Endoprothetik, der Gelenkersatz, Alltag. Und aufgrund einer immer älter werdenden Bevölkerung ebenso häufig wie „eine Herausforderung, weil die Knochenqualität älterer Menschen nicht mehr so gut ist“. Mit einem Vorurteil räumt Jost auf: Ein Knochenbruch im Alter sei heute längst kein Todesurteil mehr. Er berichtet von einer 104 Jahre alten Patientin im Herbst 2014, bei der er erfolgreich einen Schenkelhalsbruch operiert habe. „Wichtig ist, dass die Patienten schnell operiert und schnell wieder aus dem Bett kommen.“ Nicht zu operieren sei viel riskanter, der Patient sei dann ans Bett gefesselt, bekomme möglicherweise Liegegeschwüre, Harnwegsinfektionen oder eine Lungenentzündung. Auch die derzeit viel beworbenen minimalinvasiven Eingriffe sieht Dieter Jost kritisch: „Ohne Schnitte geht es in der Unfallchirurgie nicht, und bei kleinen Schnittchen leidet die Übersicht für den Operateur.“ Zudem sei der anfängliche Vorteil geringerer Schmerzen nach rund sechs Wochen nicht mehr gegeben, und auch die Narbenbildung sei bei jedem Menschen anders, egal ob kleiner oder großer Schnitt. Die montägliche Sprechstunde hebt der Orthopäde hervor, denn „wenn das Knie weht tut, heißt es noch nicht gleich, dass man operieren sollte“. Die Indikation, also die Behandlungsmethode, müsse schon stimmen. Regelmäßigen Sport, um die Muskulatur aufzubauen, die die Knochen stützt und schützt, sieht Dieter Jost als wesentliche Vorbeugung. „Das machen viele nicht, ich zähle mich leider auch dazu“, gibt er zu. Ausgleich sucht er in der Musik: „Seit ein paar Jahren spiele ich in einer Band, einmal im Jahr machen wir eine Party und treten mit den alten Rock-Pop-Sachen auf, aber das ist ganz privat.“ Bei Fossil, wie sich die Band nennt, spielt er die Rhythmusgitarre, alle zwei Wochen wird geprobt: „Das macht Spaß.“ Das zweite Hobby ist seine Harley. Dass das ein ganz besonderes Gefährt ist, habe seine Tochter schon mit fünf Jahren gelernt. Bei einer Spazierfahrt auf der B 9 sei ihnen ein anderes Motorrad entgegengekommen, erinnert sich Dieter Jost, da habe ihn das Töchterchen gefragt: „Ist das nur ein Motorrad oder auch eine Harley?“ (cei)

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