Frankenthal Nach der Premiere ist vor der Premiere

Schlussapplaus nach der Premiere: Intendant Nico Hofmann (zweiter von rechts) gab bekannt, dass Regisseur Roger Vontobel bei den
Schlussapplaus nach der Premiere: Intendant Nico Hofmann (zweiter von rechts) gab bekannt, dass Regisseur Roger Vontobel bei den Nibelungen-Festspielen Worms 2018 in die Fußstapfen von Nuran David Calis (dritter von rechts) treten soll. Auf Albert Ostermaier (rechts) folgt das Autorenduo Feridun Zaimoglu und Günter Senkel. Thomas Laue (vierter von rechts) ist der neue künstlerische Direktor der Festspiele.

Der Schweizer Roger Vontobel wird bei den Nibelungen-Festspielen im kommenden Jahr in Worms Regie führen. Diese Personalentscheidung gab Intendant Nico Hofmann am Sonntag bei den Theaterbegegnungen im Heylshofpark bekannt. Gleichzeitig stellte er Thomas Laue aus Köln, der seit drei Jahren als Dramaturg bei den Spielen arbeitet, als neuen künstlerischen Leiter vor.

Vontobel, geboren 1977, hat sich bereits an zahlreichen Bühnen im In- und Ausland einen Namen gemacht. Er führte Regie an den Schauspielhäusern Hamburg, Essen, München, Bochum, Berlin, Köln, Kopenhagen und Dresden. Am dortigen Staatsschauspiel entstand 2010 seine preisgekrönte Inszenierung von Schillers „Don Carlos“. Der Regisseur – zuletzt regelmäßiger Gast am Schauspielhaus Düsseldorf – wird künftig auch am Nationaltheater Mannheim tätig sein und Opern in Szene setzen. Laue bezeichnete den Neuen als einen Regisseur, der im großen Format Geschichten erzählen könne und stets nach einer klaren gesellschaftspolitischen und gegenwartsbezogenen Lesart suche. „Dabei wird mit Sicherheit auch die Domhaftung nicht verloren gehen“, betonte Laue und kündigte für 2018 einen dänischen Bühnenbildner und einen norwegischen Lichtdesigner an. „Nach der Trilogie von Albert Ostermaier wollten wir etwas völlig Neues“, hob Intendant Hofmann hervor. Sein Vorgänger Dieter Wedel habe die Nibelungen-Festspiele in einer Art „Solotour“ geprägt, nun schlage er neue Wege ein, „die mir Lust machen“. Dem Publikum in Worms, das gebildet sei und über einen hohen Kenntnisstand verfüge, könne einiges zugemutet werden, meinte Hofmann. Für 2018 ist auch schon ein Autorenduo unter Vertrag (wir berichteten): der in Anatolien aufgewachsene Schriftsteller Feridun Zaimoglu (Jahrgang 1964) – von ihm stammt der Roman „Kanak Attack“ – und der in Neumünster geborene Autor Günter Senkel (Jahrgang 1958). Das Duo schreibt seit Jahren gemeinsam für Theater und Film. Die beiden seien zwei der „radikalsten literarischen Stimmen Deutschlands“, verkündete die Festivalleitung. Aus der ungewöhnlichen literarischen Partnerschaft entstanden zahlreiche Stücke und preisgekrönte Stoffbearbeitungen, die an den großen deutschen Bühnen uraufgeführt wurden. „Sie schreiben schon fleißig an dem neuen Stück“, informierte Laue am Sonntag. Das Stück knüpfe als Fortsetzung an Friedrich Hebbels Bearbeitung des Nibelungenlieds an und lässt König Etzel nach dem Tod von Kriemhild und den Burgundern nach Worms reisen, um dort sein Erbe einzufordern. Doch er ist nicht der Einzige, der vor dem Dom Anspruch auf den im Rhein versenkten Nibelungenschatz erhebt. Siegfrieds Eltern aus Xanten stehen in Worms vor der Tür und fordern ebenfalls den Nachlass ihres toten Sohns. Doch alle haben sie die Rechnung ohne die Daheimgebliebenen gemacht: Der Weg zum Gold führt nur über Brunhild. Und die verteidigt nicht nur den Dom gegen alles Fremde, sondern hat für das alte und neue Worms noch ganz andere Pläne. Die Inszenierung soll eine Brücke zwischen dem Urstoff des Mythos und den großen Themen der Gegenwart schlagen. Gibt es schon Besetzungswünsche? Nico Hofmann gab sich bedeckt, räumte aber ein, dass es in seinen ersten Jahren nicht einfach gewesen sei mit den Schauspielern, „da der deutsche Fernsehmarkt boomt“. Entscheidungen fielen oft in letzter Minute. „Dauernd nur Starnamen zu bringen, davon halte ich gar nichts“, betonte der Intendant, um im gleichen Atemzug dennoch durchblicken zu lassen, gerade mit Maria Furtwängler telefoniert zu haben. Von dem als Moderator fungierenden Filmkritiker Rüdiger Suchsland auf die Premiere von „Glut“ am Freitag angesprochen, gaben sich Dramaturg und Intendant erleichtert. „Das Feedback fühlt sich gut an“, meinte Laue. Nach einer konzentrierten Endprobenwoche sei fast ein anderes Stück entstanden. Etwas pathetisch beschwor er den „Geist von Worms“. Nico Hofmann bescheinigte dem Ensemble eine tolle Leistung und lobte die Sprachgewalt von Autor Albert Ostermaier, der auf der Bühne eine neue Welt entstehen lasse. Seine 85-jährigen Mutter, die von einer Theaterpremiere zur nächsten reise, scheint da jedoch ganz anderer Meinung gewesen zu sein. Peinlich berührt, gab der Intendant zu: Ihr habe das Stück überhaupt nicht gefallen, und sie habe dies auch noch vor versammelter Mannschaft kundgetan.

Der Schweizer Roger Vontobel, der künftig öfter an der Mannheimer Oper inszeniert, soll 2018 auch in Worms Regie führen.
Der Schweizer Roger Vontobel, der künftig öfter an der Mannheimer Oper inszeniert, soll 2018 auch in Worms Regie führen.
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