Frankenthal In der brütenden Hitze der Ruine

Musiker und Zuhörer suchten den Schatten in der Erkenbertruine.
Musiker und Zuhörer suchten den Schatten in der Erkenbertruine.

Bei brütender Hitze zwischen den historischen Sandsteinmauern der Frankenthaler Erkenbertruine lockte das Landesjazzfest am Samstag nur eine bescheidene Schar von Zuhörern an. Dabei hatten die rührigen Organisatoren von der IG-Jazz Sängerin Nicole Metzger und zahlreiche weitere Größen der rheinland-pfälzischen Jazzszene für das Programm gewinnen können. Aus Frankenthal waren die Big Band Track 4 und die Gödes Jazzmags mit von der Partie.

„Die längste Straße der USA?“, fragt Sängerin Sigrun Schumacher ins Publikum, na klar, das ist die Route 66. Und alsbald spielen die Gödes Jazzmags den Klassiker. Die Band hat unter einem Pavillonzelt Schutz vor der sengenden Sonne gesucht und unterhält das Publikum des Landesjazzfestes während der Umbaupausen der großen Bühne. Hier bringt sich gerade die Bigband der IG-Jazz zu ihrem großen Auftritt mit der Gastsängerin Nicole Metzger in Stellung. Von den Stuhlreihen vor der Bühne sind nur die schattigen Plätze besetzt mit rund 100 Jazzfans. „The Lady Is a Tramp“ erklingt nun von der großen Bühne. Die Sängerinnen Nicole Metzger und Gabi Kipper glänzen mit einem temperamentvollen Scat-Dialog, doch was sich nach einem fulminanten Auftakt anhört, ist nur Soundcheck. Doch bald ist es soweit. Da flachst der Bandleader und musikalische Leiter Christian Schatka, „unser neuer Sänger ist da“. Gemeint ist Bürgermeister Andreas Schwarz (SPD) der nun zwischen den Musikern auftaucht. Singen wolle er nicht, versichert der Kommunalpolitiker, und belässt es kurz und bündig bei einem Grußwort. Nun legt sich Track 4 ins Zeug. Zunächst mit Sängerin Gabi Kipper und dem Jazz-Standard „Nice Work if You Can Get It“ aus der Feder George Gershwins. Eine Pflichtübung für Sängerin und Band, der Titel ist ihnen in Fleisch und Blut übergegangen und kommt im schönsten Groove rüber. Passend zu den Hitzegraden geht es weiter in Cha-Cha-Rhythmik mit dem Latin-Klassiker „Sway“, der schon von Größen wie Dean Martin und Michael Bublé interpretiert wurde und auch für die Bigband und Gabi Kipper eine Glanznummer ist. Nach soviel Power und dem fetzigen Instrumental „Killer Joe“ steigt die renommierte Jazz-Vokalistin Nicole Metzger aus Neustadt verhalten balladesk in ihren Programmpart ein. Gefühlvoll und in großer Dynamik kommt das Vorspiel zu „I Wish You Love“ rüber, begleitet lediglich durch einfühlsame Pianoklänge von Daniel Stein. Dann gleitet es in einen von der dezent agierenden Bigband schön intonierten Swing hinüber. Passend zum Wetter entwickelt sich aus einer exotisch anmutenden perkussiven Zwiesprache von Schlagzeug und Stimme der Song „Fever“: heiß und lasziv. Schatka, auf zwei Boxen vor der Bühne stehend, versprüht Temperament, treibt die Musiker an, gibt präzise Einsätze und bildet die vertrackte Rhythmik des Bigband-Arrangements in Mimik und Gestik ab. Dann ist es soweit für den gemeinsamen Auftritt von Gabi Kipper und Nicole Metzger mit „The Lady Is a Tramp“. Die beiden Stimmen kontrastieren, korrespondieren und beflügeln sich. Fulminant gerät auch die Zugabe „Stormy Monday“ mit Gelegenheiten für den Gitarristen Gereon Hoffmann und Baritonsaxofonisten Christian Hertweck, ihre Qualitäten unter Beweis zu stellen. Organisator Schatka zeigt sich am frühen Abend recht zufrieden mit seinem Landesjazzfest. Es laufe alles bestens, das Kreisjugendjazzorchester SÜW habe zum Auftakt großen Eindruck gemacht, mit dem Wolfram Schmitz Quartett, dem Gipsy-Swing-Trio von Mike Reinhardt und dem Trio Trip von Dietmar Fuhr habe man noch ein großartiges Abendprogramm. Wie viele Zuhörer es am Ende des Tages sind, konnte Schatka auch gestern noch nicht sagen. Doch er zeigt sich optimistisch, mit der finanziellen Bilanz eine Null zu schaffen. Nach dem Festival ist vor dem Festival: Die IG-Jazz hat jetzt schon die Frankenthaler Jazztage vom 7. bis 11. November im Fokus.

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