Frankenthal Harmonien, Farben und viel Groove

Zusammen mit ihrer Band präsentiert Fola Dada (rechts) moderne Clubmusik gemischt mit Jazz und Soul.
Zusammen mit ihrer Band präsentiert Fola Dada (rechts) moderne Clubmusik gemischt mit Jazz und Soul.

Eigentlich wollte der Saxofonist Matthias Nadolny seiner Frau Christel ein besonderes Geburtstagsgeschenk machen – selbst gemacht sollte es sein. „An der Laubsäge bin ich aber schlecht, also mache ich lieber etwas, das ich kann“, erzählte der gebürtige Hamburger und heutige Wahl-Dortmunder am Sonntag beim Konzert im Gleis 4. Musik machen, das könne der 61-Jährige sehr gut, also sollte es eine CD für die Ehefrau werden. Dafür holte er sich als Partner Bob Degen, den langjährigen Pianisten des Jazzensembles des Hessischen Rundfunks ins Boot. Der 74-Jährige stammt aus den USA und studierte am berühmten Berklee College of Music, spielte danach gleich mit den ganz Großen des Jazz, darunter Dexter Gordon und Art Farmer. Mit Paul Motian und Mark Levinson gründete er ein Trio und gehörte mehrere Jahre zum Original Glenn Miller Orchestra. In den 70er-Jahren zog Degen nach Frankfurt am Main, wo sich eine rege Jazzszene entwickelte. Hier spielte er mit Albert und Emil Mangelsdorff, Heinz Sauer und Tony Lakatos. Degen ist Spezialist für kleine Besetzungen. Das Geburtstagsalbum für seine Frau, „Your’re my Everything“ („Du bist mein Ein und Alles“), wurde eine Sammlung von Standards plus einer Eigenkomposition von Degen selbst. Die Mini-Auflage von 60 Exemplaren kam bei Freunden und Kollegen so gut an, dass Degen und Nadolny sich dazu entschlossen, ein offizielles Album zu machen – das dann prompt mit den Preis der Deutschen Schallplattenkritik ausgezeichnet wurde. Für beide sind die Standards lediglich der Ausgangspunkt einer gemeinsamen Klangreise, ihre Interpretationen entdecken neue Harmonien und Farben, die bis hin zur Abstraktion reichen. Das wirkt stellenweise introvertiert und ist für Jazz-Anfänger recht anspruchsvoll anzuhören. Faszinierend ist, wie die beiden gemeinsam diesen Weg gehen und sich in Verästelungen der Stücke begeben, die sicher nicht offensichtlich sind. Fola Dada, Sängerin aus Stuttgart, hat bei einer Session, die sie in ihrer schwäbischen Heimat einst organisiert hatte, ihre Lieblingsband gefunden. Mit diesen Musikern hat sie nun ihr jüngstes Album, „Earth“ aufgenommen. Die vielbeschäftigte Musikerin ist ansonsten regelmäßig mit Hellmut Hattler unterwegs, singt für Jo Bartmes und ist gern gehörter Gast bei der SWR und der NDR Big Band sowie bei anderen renommierten Bands – das zeugt von ihrer Vielseitigkeit. Im Gleis 4 präsentierte sie vorwiegend Stücke aus ihrem neuen Album. Die Musik ist tanzbar und es tauchen viele Elemente aktueller Clubmusic auf. Die Beats, die Oli Rubow am Schlagzeug spielt, sind von Drumbeats elektronischer Musik inspiriert, freilich mit dem Unterschied, dass hier nicht Maschinen programmiert sind, sondern zusätzliche Dynamik und Variation des Musikers Rubow dazu kommt. Ein wichtiges Element sind Sounds von Joo Kraus: Der Trompeter verwendet elektronische Effekte, die es ihm ermöglichen, Klänge live zu manipulieren. So passen Echo, Hall und zusätzliche Stimmen über einen Harmonizer bestens zum Charakter der Stücke. Auch die Klangfarben kann Kraus verändern, die jazzigen Improvisationen sind spannend zu hören. Als Sänger macht Kraus ebenfalls einen guten Eindruck und muss sich nicht in zweiter Reihe verstecken. Zusammen mit der Band von Fola Dada entsteht ein moderner Mix aus Jazz, Soul, House- und Clubmusic. Die Sängerin selbst vereint enorm viele Facetten in sich und ihrer Musik. Als Fan von VocalHouse singt sie eine eigene Version von „Everybody’s got to learn sometimes“, das im Original von den Korgis stammt. Dadas Begeisterung für Bob Marley findet bei den Jazztagen ebenfalls musikalisch ihren Ausdruck. Der Funke springt über auf das Publikum, einige Zuhörer hält es nicht mehr auf den Sitzen. Tanzen ist nun angesagt – und eine richtig tolle Stimmung zum Abschluss der diesjährigen Jazztage in Frankenthal.

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