Frankenthal „Faszinierend, was die Natur vollbringt“

Die Zeit, da uns ab dem Morgengrauen das muntere Gezwitscher der heimischen Singvögel durch den Tag begleitet, ist trotz des milden Herbstes vorbei. Schon seit einigen Wochen sind die meisten dieser lustigen Gesellen aus unseren Gärten, Parkanlagen, Feldern und Wäldern in Richtung Süden verschwunden.

Die Zugvögel haben ihre Sommerquartiere verlassen, um in wärmeren Gefilden zu überwintern. So sind auch unsere einheimischen Arten schon auf dem Weg in ihre Winterquartiere. Auch in Frankenthal war man dem Vogelzug auf der Spur. Mitglieder des Naturschutzbundes Deutschland (Nabu) nahmen ihn auf dem Monte Scherbelino ins Visier. Neben Buchfinken, Bachstelzen und Rohrammern konnten die Beobachter auch Singdrosseln, Feldlerchen und Wiesenpieper ausmachen. „Die Singvögel hier sieht man nur in kleinen Schwärmen bis zu 20 Vögel, oder eher in lockeren Haufen“, berichtet Rainer Schulze von der Nabu-Gruppe Frankenthal. „Da wir hier in der Mitte des Rheintales liegen, bekommen wir nicht so viel vom Vogelzug mit“, verdeutlicht er, die Vögel orientierten sich eher an den Bergrändern. „Was wir beobachten, liegt alles im üblichen Bereich“, ergänzt Jörn Weiß, der ebenfalls beim Nabu aktiv ist. Allerdings könne man aufgrund des hohen Jungvogelanteils, der beobachtet wurde, auf einen guten Bruterfolg schließen. Der Vogelzug sei noch nicht beendet, meint Weiß. Zuletzt könne man noch Feldlerchen und Buchfinken sehen, erste nordische Drosseln, so die Ringdrossel und die Rotdrossel, kommen nun zu uns, um hier zu überwintern. „Bei ihnen geht die Saison erst los“, erklärt Weiß. Wenn es in Skandinavien richtig kalt werde, machten sich die Tiere auf den Weg. „Zum Teil überwintern sie bei uns, ein Großteil zieht aber weiter nach Südfrankreich“, erläutert er. Nordische Gänse, die sich hier über Winter aufhalten, könne man in großen Schwärmen am Silbersee in Bobenheim-Roxheim und in Mechtersheim antreffen. Vom Zug der Kraniche bekomme man in unseren Gefilden gewöhnlich nur wenig mit, weil wir am Rande der Zugschneise liegen. Die Hauptflugroute könne man mit einer Linie von Koblenz über Kaiserslautern nach Frankreich beschreiben. Doch witterungsabhängig könnten auch über Frankenthal solche Schwärme auftauchen. „Die Kraniche fliegen in V-Formation, wie die Gänse“, sagt Weiß, so flögen die Tiere ergonomisch und windgünstig. Wie die Radrennfahrer in der Gruppe den Windschatten nutzten und in die anstrengende Spitzenposition rotierten, machten es auch die Vögel. Wenn man spazieren gehe, ließen sich am Himmel immer noch nach Südwesten fliegende Vögel beobachten. Sie könnten Trupps von fünf bis zu 500 Tieren bilden. Besonders geeignet für solche Vogelbeobachtungen sei der Monte Scherbelino. Man könne eine Vorstellung bekommen, wie viele Vögel bei uns unterwegs sind. Sehr gute Beobachtungspunkte seien auch die Höhen um Grünstadt, die einen schönen Blick in die Ebene böten. Auch große Starenschwärme sind jedes Jahr ein lohnendes Beobachtungsziel, sagt Rainer Schulze. So ein Schwarm könne Tausende Vögel zählen. Die seien zwar keine typischen Zugvögel. „Die fliegen je nach Wetter hin und her und suchen Nahrungsmittel“, sagt Schulze. Besonders eindruckvoll wäre es, wenn sie abends in einen Baum einfallen, um dort zu übernachten. „Für mich ist es immer wieder faszinierend, was die Natur vollbringt“, begeistert sich Jörn Weiß. Ein Buchfink, der etwa 15 Gramm wiege, wenn der aus Skandinavien hierherkomme, habe er schon gut 2000 Kilometer zurückgelegt. Dann habe er noch mal fast die gleiche Strecke vor sich. Bei einem Lebensalter von drei bis fünf Jahren hieße das, dass er die Strecke sechs- bis zehnmal in seinem Leben absolviere. Auch, dass sie jedes Jahr wieder in ihre Gebiete zurückkehrten, sei ein Wunder der Natur.

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