Frankenthal Besondere Risiken für Radler

Szenen wie diese erlebt die Polizei jede Woche. 116-mal waren Radler 2017 an Unfällen mit Personenschäden beteiligt.
Szenen wie diese erlebt die Polizei jede Woche. 116-mal waren Radler 2017 an Unfällen mit Personenschäden beteiligt.

Beim Blick auf die Unfallbilanz 2017 seien einige positive Entwicklungen erkennbar, halten Thomas Lebkücher, Leiter der Polizeiinspektion Frankenthal, und Alexander Koch, Sachbearbeiter Einsatz mit Schwerpunkt Verkehr, im Gespräch mit der RHEINPFALZ fest. So habe es gegenüber dem Vorjahr einen Rückgang der Unfälle um 2,7 Prozent gegeben: 2097-mal „krachte“ es im Zuständigkeitsgebiet der Inspektion (Frankenthal, Bobenheim-Roxheim, VG Lambsheim-Heßheim). Bei den schwerverletzten Unfallopfern sieht Koch mit 32 Betroffenen einen „historischen Tiefststand“, bezogen auf die letzten fünf Jahre. 2016 waren noch 54 solche Fälle registriert worden. Auch die Anzahl der Leichtverletzten lag niedriger als im Jahr zuvor: 256 statt 292. Als ermutigend werten die Verantwortlichen zudem die relativ hohe Aufklärungsquote bei Unfallfluchten: Sie lag bei 43,7 Prozent. „Wir bekommen mehr Zeugenhinweise als früher“, merkt Lebkücher dazu an. Das sei erfreulich. Als Warnsignal werten Koch und Lebkücher aber die Tatsache, dass es 2017 drei Verkehrstote gegeben hat (2016: einen), und dass alle Betroffenen per Rad unterwegs waren. Im Mai erfasste ein Feuerwehrfahrzeug in Frankenthal einen 67-jährigen Rentner, im Juni stürzte ein 77-Jähriger in Großniedesheim beim Wenden mit dem Rad. Im November übersah ein Lkw-Fahrer in Bobenheim-Roxheim beim Abbiegen eine 57-jährige Frau, die mit dem Rad unterwegs war. Radfahrer waren im abgelaufenen Jahr 116-mal an Unfällen mit Personenschaden beteiligt; das entspricht einem Anteil von gut 45 Prozent. Dabei stellen Radler mit sieben Prozent nur eine kleine Gruppe der Beteiligten am gesamten Unfallaufkommen. Auffällig zudem: Wenn Radler in Unfälle verwickelt wurden, dann waren sie nach Einschätzung der Ermittler in fast zwei Drittel der Fälle (62,6 Prozent) die Hauptschuldigen. Die Polizei sieht die Kommunen gefordert, sich die Rahmenbedingungen für Zweiradfahrer kritisch anzuschauen. „Das ist ein Thema seit Jahren“, unterstreicht Verkehrsexperte Koch mit Blick auf die Lage in Frankenthal. „Wir werden das Thema nur in den Griff bekommen, wenn wir massiv ins Straßenbild eingreifen.“ Eine logische, einheitliche Führung für den Radverkehr sei notwendig. „Die Polizei weist immer wieder auf das Thema hin“, sagt Inspektionsleiter Lebkücher. Sie vermisse aber ausreichende Konsequenzen. Ein Beispiel sei die kürzlich erfolgte Fahrbahnsanierung im Foltzring; für Radler sei die Lage damit nicht besser geworden. Als größte Risikogruppe im Straßenverkehr nennt die Inspektion in ihrem Jahresbericht Senioren ab 65 Jahren. Sowohl bezogen auf das gesamte Unfallaufkommen als auch auf die Unfälle mit Verletzten liegt ihr Anteil jeweils knapp über einem Viertel (25,8 beziehungsweise 26,4 Prozent). Je älter die Verkehrsteilnehmer werden, desto öfter tragen sie die Hauptverantwortung für Unfälle, in die sie verwickelt werden: Bei über 86-Jährigen registrierte die Inspektion, dass fast drei Viertel (72 Prozent) davon Zusammenstöße selbst verschuldet hatten. Bei der Altersgruppe darunter (ab 76 Jahren) lag diese Quote immer noch bei 69 Prozent. Probleme haben Ältere vor allem beim Rückwärtsfahren (97 Fälle) und beim Einschätzen des richtigen Abstands nach vorne und zur Seite (88 Fälle). Senioren müssten daher „die Zielgruppe der Verkehrssicherheitsarbeit der Zukunft“ sein, hält die Inspektion in ihrer schriftlichen Jahresbilanz fest. Zufrieden zeigen sich die Verantwortlichen mit der Entwicklung bei der Risikogruppe der jungen Fahrer (bis 24 Jahre): Ihr Anteil am Unfallaufkommen lag bei 19,5 Prozent, bei Unfällen mit Verletzten erreichte er 28,7 Prozent. In dieser Zielgruppe sei die Polizei mit Aktionen zur Aufklärung und Vorbeugung „sehr präsent“, unterstreicht Alexander Koch. So erreichte die Inspektion allein mit Veranstaltungen zur Jugendverkehrsschulung mehr als 6000 Personen. Kinder waren in 46 Unfälle verwickelt. 37 wurden dabei – überwiegend leicht – verletzt; das waren fünf mehr als im Jahr zuvor. Alles in allem ist die Polizei mit der Entwicklung in dieser Altersgruppe zufrieden. Für die Prävention werde viel getan. Hilfreich seien auffällige Bodenmarkierungen von Schulwegen nach dem Muster „gelbe Füße“, wie es sie etwa in Bobenheim-Roxheim gebe, merkt dazu Experte Alexander Koch an. Verstärkt angehen will die Inspektion allerdings das Thema „Elterntaxi“. Empfehlenswert sei es, an Schulen eigene „Hol- und Bringzonen“ auszuweisen. An der Albert-Schweitzer-Schule in Frankenthal gebe es das schon, erklärt Koch. Mit der Friedrich-Schiller-Realschule sei man gerade im Gespräch darüber. Und bei Besuchen an weiteren Schulen wolle man das Thema auch ansprechen. Als häufigste Unfallursache wird in der Bilanz das Stichwort „Abstand“ genannt; 704 Fälle entsprechen einem Anteil von 27 Prozent. Die zweithäufigsten erfassten Ursachen sind Wenden und Rückwärtsfahren (je 21 Prozent). Beim „Abstand“ sei zu beachten, dass sich der statistische Rahmen verändert habe, erläutert Alexander Koch. „Früher wurde nur der Abstand nach vorne erfasst.“ Neuerdings werde auch „fehlender Seitenabstand“ in die Berechnung einbezogen. Die Polizei vermutet, dass Ablenkung durch Handys, Navigationsgeräte oder andere Technik im Fahrzeug zu einem erheblichen Anteil unter dem Begriff „Abstand“ mit erfasst wird – weil sich oft nicht beweisen lässt, was genau vorgefallen ist. Bislang sei eine eigene Rubrik „Ablenkung“ in der Statistik nicht vorgesehen, merkt Inspektionschef Thomas Lebkücher dazu an. Mit 602 erfassten Fällen von Unfallflucht wurde 2017 ein neuer Höchststand erreicht. In drei Viertel aller Fälle war davon mindestens ein geparktes Fahrzeug betroffen. „Der Parkdruck wird immer größer, die Fahrzeuge werden immer breiter“, sagt dazu Lebkücher. Mit baulichen Verbesserungen lasse sich mitunter eine Senkung von Unfallzahlen erreichen; das habe sich etwa bei einem Supermarkt-Parkplatz in Frankenthal gezeigt. Entscheidend sei aber das Bewusstsein der Verkehrsteilnehmer. Dass Unfallflucht kein Kavaliersdelikt, sondern eine Straftat sei, müsse immer wieder betont werden. Und jeder müsse wissen: „Wenn der Sachschaden über 1200 Euro liegt, ist auch der Führerschein weg.“

x