Frankenthal „Ursachenforschung, Selbstkritik, Verzweiflung“

Abgesagt: Der Auftritt des Berliner Gehörlosenensembles Taube Theater mit den „Vagina-Monologen“.
Abgesagt: Der Auftritt des Berliner Gehörlosenensembles Taube Theater mit den »Vagina-Monologen«.

Unerwartet ins Trudeln geraten ist zurzeit das unter dem Motto „Mehr Liebe!“ stehende fünfte Sommer-Festival am Theater Alte Werkstatt (TAW): Die am 7. Juni begonnene und noch bis 29. Juni laufende Veranstaltungsreihe leidet streckenweise unter Besuchermangel. Schon zwei Gastveranstaltungen mussten abgesagt werden. Eigenproduktionen dagegen laufen mit Erfolg, sagt TAW-Chef Jürgen Hellmann.

Freud und Leid liegen auf der Bühne bekanntlich eng beieinander. Top oder Flop an der Kasse ebenso. Was eine Theaterproduktion zum Publikumserfolg macht, darauf weiß Hellmann selbst nach fünf Jahren als Theaterleiter keine Antwort. Situationsanalyse, Ursachenforschung, Selbstkritik, Verzweiflung – „ich bin durch alle Stadien durch“, bekennt Hellmann offen. „Die Leute fokussieren sich zunehmend“, stellt er fest, doch ihr Verhalten sei nicht vorhersagbar. Blickt er auf die Buchungszahlen, zeigt sich als Trend, dass Eigenproduktionen laufen, Gastspiele eher nicht. „Wie das Bleichgesicht zur Rothaut wurde“ werden Theaterbesucher nie erfahren, denn die Western-Musical-Komödie der freien Bühne Neuwied, angesetzt für den 9. Juni musste werden fehlendem Zuschauerinteresse ebenso abgesagt werden wie Eve Enslers „Vagina Monologe“, die vom Theater in Gebärdensprache Berlin am 10. Juni hätten gespielt werden sollen. Selbst die Show „Magischer Mittwoch“ von Zauberkünstler Alexander Mabros (angesetzt für 13. Juni) musste mangels Vorverkauf abgesagt werden. Überraschend, denn zwei vorherige Showproduktionen des Magiers hatten das Format als Publikumserfolg bereits etabliert. Von der Absetzung bedroht ist ebenfalls die „Faust“-Version des Hohenloher Figurentheaters (Samstag 16. Juni). Lag es an der „Termindichte im Vorfeld und nach der Fußball WM“, wie der TAW-Leiter vermutet? Am „zu kleinen Zeitfenster“, das für die lokale Kultur bleibt zwischen dem internationalen Großereignis und regionalen Festen wie Strohhutfest, Rheinland-Pfalz-Tag, Strandbadfest sowie den Stadtfesten Mannheim und Ludwigshafen? An der Werbung jedenfalls könne es nicht liegen. 6000 Programmflyer hat er verschickt, 5000 Spielplänen verteilt, Werbung in den sozialen Internet-Medien platziert, Plakate im Stadtgebiet aufgehängt – in Sachen Öffentlichkeitsarbeit sei die Theatercrew dieses Jahr in die Offensive gegangen wie nie zuvor. Trotz allem wolle er sich „nicht verrückt machen“, sagt Hellmann. Auch Premieren sind noch in den restlichen drei Wochen des TAW-Sommerfestivals zu erleben. Restkarten gibt es noch für Samstag, 23. Juni, für die Schiller-Adaption „Wir sind Verbrecher!“, die von jungen Geflüchteten erarbeitet wurde (wir berichteten). Die Uraufführung am 22. Juni ist ausverkauft. Gut gebucht ist auch die 70er-Jahre-Schlagershow „Festival der Liebe“, der Nachfolger von „Tipitipitipso“. Für die Gastspiele „Meilensteine live – Rockgeschichten“ (24. Juni) und Daniel Helfrichs Musikkabarettabend „Eigentlich bin ich ja Tänzer“ (28. Juni) gibt es noch Karten. Und wenn der Vorhang zur Sommerpause fällt im Domizil in der Wormser Straße, spielt das TAW die zweite Runde seines Sommerprogramms in Großkarlbach: vom 20. Juli bis 3. August auf der Freilichtbühne im Winzerhof Laumersheimer Straße 4. Vor idyllischer Naturkulisse sind dort noch einmal bewährte Eigenproduktionen zu sehen: „Rentner hän kä Zeit“, „Shakespeares gesammelte Werke (leicht gekürzt)“ und die 50er-Jahre Schlagershow „Tipitipitipso“.

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