Bad Dürkheim Saline statt Spanien

Der Sommer kann ganz schön kompliziert sein. Wenn’s zu heeß is, macht sich jeder Sorgen um den Klimawandel. Und wenn’s regnet, isses kein richtiger Summer. Also fährt man weg, um mal auf andere Gedanken zu kommen. Nur ist der Urlaub dann oft so nervenaufreibend und stressig, dass man danach eigentlich Urlaub vom Urlaub bräuchte. Allein das Wort Sommerferien! Da hört man doch schon, wie Horden schulpflichtiger Kinder über den Strand rennen und dabei erholungsbedürftig auf ihrem „Uffbasse“-Handtuch vor sich hindösenden Gesamtschul-Lehrern Sand ins Gesicht schleudern. Da sieht man doch schon, wie kreischende kleine Geschwister in aufblasbaren Schwimmtieren im Wellengang abgetrieben werden, weil de Bappe sich an seinem neuen „2,90-Euro-Amazon-Prime-Versand-Made-in-China-Schnorchel“ verschluckt hat. Und mit Sonnencreme-Tuben bewaffnete Mütter hilflos die Namen ihrer Sprösslinge über die gesamte Playa schreien: Maxemilioooon, Dschaquelineeeee, oicräääme! Wenn Erholung ein wirkliches Urlaubsargument wäre, dann müsste man eigentlich daheim bleiben. Do wo’s am schönnschde is, weil’s nix koscht – uff’m Balkon. Nur lassen sich zwischen Basilikum-Töpfchen und Gartenschlauch leider nicht so geile Instagram-Fotos schießen. Und wo kriegt man die schönsten Bilder? Da wo alle die schönsten Bilder kriegen. Zum Beispiel in Dubrovnik, wo man mit 100.000 anderen urlaubsreifern Handyfoto-Ballermännern verzweifelt nach einem alternativen Ende für die achte Staffel von Game of Thrones sucht. Oder man steht stundenlang im Stau auf einer österreichischen Autobahn, weil die Landstraßen-Ausweichstrecken von FPÖ-Politikern an die Russenmafia verkauft wurden. Und wenn’s ganz schlecht läuft, wird man in Venedig fast von einem Kreuzfahrtschiff über den Haufen gefahren. Wir persönlich bleiben deswegen in den Sommerferien immer daheim. Hier ist es net ganz so voll, und all die Attraktionen, die man woanders sucht, gibt’s bei uns doch schon lang und sowieso. Bad Dürkheim ist das perfekte Urlaubsziel. Also für Einheimische. (Verzähl des do drauße bloß net rum! Wenn sich nämlich rumspricht, dass man gar net nach Spanien, Sizilien oder Südtirol fahren muss, kommen hier noch mehr Busse aus KA und SB an). Derkem und Umgebung bietet alles, was man für einen Urlaub im Süden braucht. Nur eben viel entspannter, billiger und schöner, und vor allem kann man Pälzisch babbeln und kann des Google-Übersetzungsprogramm outswitched losse, weeschwie’schmään?! Alla hopp: Vergiss die Cotza Brava! Viel schöner isses doch im Bikini an der Saline entlang zu spazieren und dabei tief oizuschnaufe. Vergiss Pompeji und Rom, wo man mit chinesischen Touristengruppen um das letzte Stückchen Antike kämpfen muss (und des ist dann auch noch hinter einem Gerüst verschwunden)! Stattdessen kann man auch im römischen Steinbruch oder an der Villa Rustica Geschichte atmen. Und warum das Risiko eingehen in den Alpen beim Wandern im Juli von Schneestürmen überrascht zu werden, wo man doch im Pfälzerwald auf Elwetritsche-Jagd gehen kann? Und dann der ausländische Wein erst! Wie groß ist da die Gefahr, dass man im (ab)gehobenen Ristorante daneben tippt und eine Flasche erwischt, deren Inhalt wie Hagebutten-Tee aussieht und nach abgestandenem Terpentin schmeckt, aber so viel kostet wie ein Grand Crutz de la Portemonnaie? Dann aber allemal lieber Feuerberger Chateau de la Deponie, odder? Daheim ist ein Urlaubsparadies mit unbegrenzten exotischen Möglichkeiten. Warum nicht mal in einer lauen Sommernacht im Wingert übernachten und mi’m Dubbeschoppe in der Hand den Reben beim nächtlichen Wachstum lauschen? Oder als Gummiente verkleidet ein Wettschwimmen in der Isenach veranstalten? Oder, wenn’s gar zu heiß wird, dann geht’s ab in die Kälte-Sauna, nackisch in de Weinkeller mit de Barrique-Fässer kuschle. Ach, es reicht auch schon, einfach mal barfuß durch de Kurpark zu dappe, am Wasserrad die Haxe ins kalte Wasser zu tauchen und de Mitmensche beim Schwitze zuzugucke. Das ist es, was Bad Dürkheim zum schönsten Urlaubsziel überhaupt macht: Highmat mediterranée! Die Kolumne Britta und Chako Habekost leben in Bad Dürkheim. Für die RHEINPFALZ schreiben die Autoren der „Elwenfels“-Krimireihe einmal im Monat über Aktuelles, Außergewöhnliches und Amüsantes aus ihrer Heimatstadt. (Foto: HYP Yerlikaya Photography)

x