Bad Dürkheim Gegen Grenzen und Gräben

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Wie nah menschliches Glück und Unglück beieinander liegen können, das zeigt das „Theader Freinsheim“ mit seinem Stück „Beshno az Ney – Kleine Anfrage nach Humanität“. Es fußt auf der Inszenierung „Lieder aus der Fremde“, einem Kooperationswerk der Deutschen Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz und des Pera Ensembles mit dem „Theader“, das im vergangenen Jahr in Ludwigshafen uraufgeführt wurde. Morgen feiert die Version für die kleinere Bühne im Casinoturm Premiere.

Die Geschichte eines Flüchtlingsmädchens stammt aus der Feder von Theader-Leiterin Anja Kleinhans. Im szenisch gestalteten Erzählen nimmt die Schauspielerin das Publikum mit auf eine Zeitreise. Sie schlüpft in die Rolle einer in Deutschland lebenden Syrerin, die im Jahr 2049 zurück blickt: Lebendig werden im Erinnern die Phasen einer lebensgefährlichen Flucht, die glücklichen Kindheitsjahre davor und wechselvolle Jahrzehnte danach in einem fremden und manchmal kalten Land. Indem sie reale Schicksale im Text verarbeitet, bringt die Autorin und Darstellerin ihrem Publikum ein millionenfaches Schicksal auf persönliche Weise nah. Vieles, was sonst für den Fernsehzuschauer in abstrakter Anonymität verharrt, bekommt so eine unmittelbare Subjektivität. Unter der Regie von Uli Hoch werden intensive Momente herausgearbeitet, ohne dass sie sich in den Vordergrund drängen. So kann sich in Nebensätzen eine berührende Poesie verstecken, die das Publikum ergreift statt zu erdrücken. Zum szenischen Monolog gehören durchaus auch dramatische Situationen, etwa die völlige Erschöpfung der Geflüchteten und ihre Rettung in buchstäblich letzter Minute aus dem Meer vor der griechischen Küste. All das bekommt Konturen durch fassbare Personen und ihr Erleben und Empfinden. Musikalisch begleitet wird Anja Kleinhans von Mehmet Ungan, dem Leiter der Orientalischen Musikakademie Mannheim: Zum einen spielt er orientalische Weisen auf der Oud, einer Kurzhalslaute, zum anderen improvisiert er auf der Ney, einer orientalischen Rohrflöte. Im tiefgründigen Klang dieses Instruments schwingt vieles mit – die Klage um die verlorene Heimat, aber auch Offenheit für Neues, Hoffnung auf Versöhnung, Geborgenheit und Liebe. Der persische Stücktitel „Beshno az ney“ bedeutet denn auch vielsagend „Hör auf die Rohrflöte“. Er stammt von einem Gedicht des Sufi-Dichters und -Mystikers Rumi. Das Lauschen auf den Flötenklang bedeutet indes noch mehr, reicht ihre Botschaft doch über nationale oder religiöse Grenzen und Gräben hinweg und bittet um Gehör für die Verfolgten und Hilfesuchenden. Anja Kleinhans, die für ihr Stück mit dem Helmut-Simon-Preis der Diakonie Rheinland-Pfalz ausgezeichnet wurde, beleuchtet im Gang der Erinnerungen auch gesellschaftliche Entwicklungen, zeigt Kälte und Abweisung neben freundlicher Aufnahme. Und sie warnt vor der Zersetzung gesellschaftlicher Strukturen. Bei alledem bleibt die Inszenierung nicht im Pessimismus stecken, sondern will vielmehr Mut machen und der Stimme der Hoffnung Gehör verschaffen. Wie sie das schwierige Unternehmen einer Heimatfindung darstellt, darauf darf man auch bei der „kleinen“ Bühnenfassung gespannt sein. Info Premiere im Casinoturm morgen um 20 Uhr. Weitere Aufführungen am 17. und 18. März um 20 Uhr, am 19. März um 18 Uhr sowie am 31. März und 1. April um 20 Uhr. Reservierung unter info@theader.de oder Telefon 06353 932845.

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