Bad Dürkheim „Der ganze Ort ist überflutet“

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Im Blickpunkt: Die Weinwanderung in Freinsheim ist eine Massenveranstaltung geworden – Muss jetzt gegengesteuert werden?

Die kulinarische Weinwanderung in Freinsheim hat ein Nachspiel. Vertreter der Stadt, des Verkehrsvereins und der Verbandsgemeinde betonen zwar, dass ein Bilanzgespräch nach einem Fest etwas ganz Normales ist. In diesem Fall werden die Verantwortlichen, die Anfang nächster Woche im Freinsheimer Rathaus zusammenkommen, sich Gedanken über grundsätzliche Dinge machen. Denn beim derzeit größten Fest in der Verbandsgemeinde muss gehörig nachgebessert werden, das hat das vergangene Wochenende gezeigt. Die Besuchermassen, die jedes Jahr größer werden, sind fast nicht mehr kontrollierbar. Schon gar nicht durch die wenigen Ordnungsamtskräfte, die dort ihren Dienst tun. Schließlich kann die Verbandsgemeinde nicht darauf hoffen, dass sich durch schlechteres Wetter das Problem im nächsten Jahr von allein löst. Zumal die Freinsheimer eine Woche nach der Dürkheimer Großveranstaltung Wurstmarkt meist von herrlichem Spätsommerwetter verwöhnt werden. Problematisch sind die Zufahrtsbedingungen in der Bahnhof- und Reiboldstraße, die auch den Rettungsdienst vor große Probleme stellten (wir berichteten am Montag), die Parksituation rund um die Stadt sowie der sich ändernde Charakter des Festes: Ein Leserbriefschreiber hat es mit Ballermann 6 auf Mallorca verglichen (Ausgabe vom Mittwoch). Ein berechtigter Einwand? Dass das Fest Gefahr läuft, die falschen Besuchergruppen anzuziehen, sieht Bürgermeister Matthias Weber nicht so. „Das ist bei weitem nicht so dramatisch, wie es geschildert wurde“, wehrt er ab. Zwar sei das Fest aufgrund seiner Größe mittlerweile für Freinsheim das, was der Wurstmarkt für Bad Dürkheim sei, „jedoch artet es gewiss nicht aus“, bekräftigt der Bürgermeister, der Vorsitzender des Festausschusses der Stadt und außerdem Mitglied im Verkehrsverein ist. Das Fest ziehe ein großes Stammpublikum auch von weit her an, „jedoch sind das gut situierte Leute, die keinen Remmidemmi machen“, betont er. Jedoch seien die Massen mittlerweile zu einem Problem geworden, gibt Weber zu. „Wenn da 15.000 Leute kommen, dann ist der ganze Ort überflutet.“ Man werde wie in den Jahren zuvor weiter an einigen Stellschrauben drehen müssen, um negative Begleiterscheinungen in den Griff zu bekommen. So habe man durch die Aufstellung zusätzlicher Toiletten am Bahnhof Anregungen von Anwohnern umgesetzt. „Das Fest wird eben immer beliebter, und das liegt nicht an der Werbung des Verkehrsvereins, sondern an der guten Mundpropaganda“, betont Weber. Der Vorsitzende des Verkehrsvereins, Jochen Weisbrod, sieht das ähnlich. Der Werbe-Etat für die Weinwanderung sei sogar verringert worden. „Das funktioniert wie beim Schneeballprinzip. Früher hatte das Stadtmauerfest einen so großen Zulauf, jetzt sind es die beiden Weinwanderungen im September und im Januar“, sagt Weisbrod. Letztlich sei diese Entwicklung aus Sicht der Anwohner auch positiv zu sehen, da sie weniger gestört würden. Jedoch seien die Verkehrsverhältnisse in der Bahnhof- und Reiboldstraße am Wochenende nicht optimal gewesen. „Da müssen wir lenkend eingreifen“, meint Weisbrod, der an Einbahnstraßen oder Halteverbote denkt. Und an weitere Gespräche mit der Bahn, um im nächsten Jahr eine Verdopplung des Platzangebots in den Zügen zu erreichen. „Das wollten wir schon für dieses Jahr, leider hat das nicht so funktioniert.“ Dringend nötig seien auch mehr Parkplätze für Busse. Mit einem so großen Ansturm an Bustouristen – 40 bis 50 Gruppen wurden am Samstag gezählt – habe man nicht gerechnet. „Die melden sich ja nicht vorher bei uns an.“ Jedoch hätten die beteiligten Betriebe an den 20 Ständen entlang der sieben Kilometer langen Wanderstrecke ums Schwarze Kreuz den Ansturm gut bewältigt. „Da ist auch nichts aus dem Ruder gelaufen. Die Stimmung war gut.“ Es sei doch schön, wenn eine Veranstaltung so gut bei den Leuten ankomme. „Wir haben schon im letzten Jahr gedacht, dass eigentlich gar nichts mehr geht. Und trotzdem hatten wir wieder mehr Besucher“, so Weisbrod, der schätzt, dass am besucherstärksten Tag, dem Samstag, 15.000 Weinwanderer unterwegs waren. Inzwischen gebe es auch am Freitag, der vor ein paar Jahren als dritter Veranstaltungstag mit Höhenfeuerwerk hinzukam, einen „Mordszuspruch“. Jedoch sei überlegenswert, im nächsten Jahr „auf die Beschallung zu verzichten“, um den Charakter des Festes entsprechend zu steuern. Auch könne man darüber sprechen, das Veranstaltungsgelände „mehr auseinanderziehen“. Verbandsbürgermeister Jürgen Oberholz, zuständig für den Tourismus, verspricht, bei dem Thema „am Ball zu bleiben“. Das Ordnungsamt habe zwar am Wochenende „jede Menge Protokolle verteilt“, jedoch müsse eine Regelung geschaffen werden, um die Verkehrslage im Vorfeld besser zu regeln, so Oberholz, der halbseitige Halteverbote und ein größeres Parkplatzangebot vorschlägt. Jedoch könnten nicht einfach ungenutzte Äcker für parkende Autos zur Verfügung gestellt werden. „Der Unterboden muss entsprechend sein“, so Oberholz, der auf den Martinsmarkt in Erpolzheim verweist, wo Autos aus dem Schlamm hätten gezogen werden müssen. „Wir schauen, was man machen kann.“

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