Bad Dürkheim Wechsel und Wandel des Glücks

91-85404639.jpg

Mit Fortuna kann es zugehen wie im Gefecht: Sie ist sprunghaft, herausfordernd und schwer zu treffen. Die Wechsel des unsteten Glücks führt die diesjährige Freilichtinszenierung des Theaters an der Weinstraße (TadW) „D’Artagnan und die 3 Musketiere“ vor Augen. Unter wetterwendischen Bedingungen wurde am Samstag Premiere gefeiert.

Nachdem kurz vor Aufführungsbeginn ein Platzregen die Bühne durchnässt hat, beginnt eine mutig choreographierte Unterhaltung par excellence: Nur nach wenigen Momenten ist der Zuschauer mitten im Geschehen. Mit der Brandmarkung von Anne de Breuil, der späteren Milady de Winter, sieht man Bestürzendes: Eine Frau wird nieder gezwungen und bekommt das Schandmal der Lilie in den Rücken gesengt – als lebenslanges Zeichen, gegen das königliche Gesetz verstoßen zu haben. Doppelt frappant: Die so gezeichnete und aus Rachsucht mörderische Frau wird von einem Mann dargestellt: Thomas Giel gestaltet glänzend das Diabolische der Musketier-Feindin und ihre verhängnisvolle Mischung aus Tücke und Tragik. Den von Jérôme Savary übersetzten Dumas-Roman inszeniert die TadW-Regie von Hans Dreyer nah aber nicht allzu bindend am Text. Auch in der Besetzung weiterer Hauptrollen kündigt der Regisseur die gewohnte Zuweisung der Geschlechter auf: Weibliche Darsteller spielen die rauflustigen Musketiere: Flora-Lu Kubetz ficht sich als Athos, Janine Lange als Aramis und Marisa Völker als Porthos durch die Szenerie. Angesichts ihrer klirrenden Degen kann man nur sagen: Bravo Mesdames, für Stil, Tempo und Courage! Das gilt insbesondere auch für Simone Allbach in der Rolle des „Neuen“ bei den Musketieren. Doch zuerst sieht das Publikum D´ Artagnan als Jungen auf dem Land, gelungen dargestellt von Linn Bechtloff. Im fechterischen Schlagabtausch mit dem talentierten Sohn spielt Franz Leiß den gewitzten Vater. Schön umgesetzt wird der Abschied D´Artagnans von seiner Kindheit, als es endlich nach Paris geht. Hier erleben die Zuschauer die erste große Fechtszene, untermalt von der zugkräftigen Musik Mario Fadanis: Neun Kämpfer kreuzen die Klingen, setzen Stiche und Paraden, wobei durchaus Rempler, Fausthiebe und Fußtritte zum Einsatz kommen. Es geht also gleichermaßen elegant wie raubeinig zu. Auch wenn sich ihnen finstere Gestalten wie Rochefort, der mit Raphael Grüner bestens besetzt wird, in den Weg stellen: Der fechterische Sieg bleibt den königlichen Degen der Weiblichkeit vorbehalten. Noch dazu erlebt das Publikum, dass auch Frauen trefflich in Szene setzen, wie man sich in dunkler Kneipe gehörig besäuft. Im Bühnenaufbau (Ausstattung Thomas Giel) spielt sich das Leben des Volkes in der rechten schwarzen Guckkastenbühne ab. Auf der Seite gegenüber zieht der dubiose Richelieu seine Fäden. In der Person des Kardinals gibt es wiederum eine Überraschung: Silke Schmidt spielt den perfiden Machtmenschen mit der passenden Portion Verschlagenheit. Zwischen drehbaren Fotosäulen wechseln vor der ansprechend beleuchteten Limburgkulisse (Lichtdesign Lars Henkes und Thilo Buße) die Spielorte, während es mitunter aus dunklen Wolken über der Ruine etwas schauert. Es geht von den Straßen der Stadt ins königliche Schloss mit pompöser höfischer Etikette: Köstlich zu sehen, wie Kirstin Bechtloff die Figur des labilen Königs mimt. Die Dialoge mit Esther Dreyer als Königin Anna gelingen vorzüglich. Als affektierter Herzog von Buckingham reizt indes Walter Bengel immer wieder zum Lachen. Doch für ihn und die von D´Artagnan geliebte Constance (Natalie Popenheim) schnappt die Falle der Bösen zu. Für ihre Rettung kommen die Musketiere zu spät. So lässt das Glück auch mal die Helden im Stich. Dennoch sieht man zuletzt, dass ihr Bund sie zuverlässig weiter trägt. Info Weitere Aufführungen am 24./25. Juni und 1./2./8./9. Juli, jeweils um 20.30 Uhr. Zufahrt über Buspendelverkehr ab Wurstmarkt „Haltestelle Limburg-Sommer“ ab 18.45 Uhr und am Busbahnhof ab 18.50 Uhr.

x