Bad Dürkheim Mittelalter „zum Entschleunigen“

Kulisse für Spaß-Mittelalter: die Hardenburg.
Kulisse für Spaß-Mittelalter: die Hardenburg.

Knut Schulz, Organisator historischer Märkte, über die Verklärung alter Zeiten und Spaßveranstaltungen heute

Am Wochenende können Besucher der Hardenburg bei einem Mittelalterfest wieder rund 1000 Jahre in die Vergangenheit „reisen“. Wir haben mit dem Geschäftsführer des Veranstalters CS History & Event UG, Knut Schulz (61), aus Düsseldorf über das Spannungsverhältnis Spaßveranstaltung heute und Pest damals gesprochen. Er kommt mit der Veranstaltung zum sechsten Mal nach Dürkheim. Herr Schulz, das Mittelalter war eine sehr harte Zeit. Es gab die Pest, Hunger, Judenverfolgung und Frauen, die sich dem Mann stets unterordnen mussten. Heute wird Spaß-Mittelalter gezeigt. Wie passt das zusammen? Das Mittelalter war zweifelsohne eine harte Zeit. Es wird oft verklärt. Dass aber aus einer vergangenen Epoche nur das Gute dargestellt wird, das Gute in den Köpfen bleibt, liegt in der Natur des Menschen. Das ist kein typisches Mittelalter-Problem. Ich hätte genauswenig gern bei den Römern gelebt oder im Barock. Ich komme gerade vom Zahnarzt, da bin ich froh, dass ich heute lebe und nicht im Keller sitze und weine. Auch bei der Verpflegung auf den Märkten erwarte ich Hygiene von heute. Was war denn gut am Mittelalter? Schwer zu sagen, für die meisten Menschen in dieser Zeit wahrscheinlich sehr wenig. Mittelalter-Märkte sind äußerst beliebt, warum? Es gibt Tausende solcher Märkte unterschiedlicher Prägung in ganz Deutschland. Die Leute kommen, um ein Stück Geschichte zu erleben, aber vor allem wegen der Atmosphäre. Kinder können einfach nur Kind sein. Einer Erzählerin zuhören, schmieden oder mit Schwertern kämpfen. Da ist niemand, der auf die Uhr schaut und drängelt. Auch die Erwachsenen mögen es. Wie das? Ich mache auch viele Ritterturniere für Firmen, Banken und Versicherungen zum Team-Building. Auch in den Mittelalter-Vereinen machen überproportional viele Akademiker mit – Lehrer, Richter, auch Polizisten. Es ist wunderbar zum Entschleunigen, zum Flüchten aus der heutigen Zeit. Mit dem Mittelalterkult kann man also Geld verdienen? Ja, Mittelalterveranstaltungen sind ein Wirtschaftsfaktor. Ich bin Vermessungstechniker und war früher in der Baubranche, heute bin ich TÜV-zertifizierter Veranstaltungsleiter und betreibe meine Event-Firma hauptberuflich mit fünf Mann, das ganze Jahr über. Wir haben 30 bis 50 freie Mitarbeiter und knapp 200 Händler unter Vertrag. Wie hat es sich entwickelt? Anfangs, 2001, hatte ich nur fünf öffentliche Veranstaltungen und ein, zwei private. Dieses Jahr habe ich 21 historische Märkte und Ritterturniere und zehn bis 15 private Events. Nächstes Jahr werden es sogar 28 Wochenenden mit Mittelalter-Märkten sein. Wie viele Besucher erwarten Sie auf der Hardenburg? Bei gutem Wetter 5000 bis 8000 Leute während der zwei Tage – so wie letztes Jahr. Nicht zu viele für eine historische Anlage und für die Fledermäuse dort? Gut, der Boden auf der Burg wird bei so vielen Menschen schon dicht getreten. Aber in den Gewölbekeller, wo die Fledermäuse sind, dürfen wir nicht. Der Turm und die Innenräume werden nachts geschlossen. Für den Unterhalt der Burg ist das Land zuständig mit der Generaldirektion Kulturelles Erbe. Die müssen bei so einer Veranstaltung auch Einnahmen haben. Aber das ist okay. Die Generaldirektion ist für die Burgen und Schlösser zuständig. Veranstalter des Fests sind Sie? Ja, aber es gibt unterschiedliche Formen. Am Wochenende miete ich die Hardenburg, zahle also Miete ans Land, auf der Burg Ehrenbreitstein bin ich dagegen nur Ausrichter und das Land Veranstalter. Welche Auflagen haben Sie für die Veranstaltung auf der Hardenburg denn erhalten? Ich will, dass es so authentisch ist wie möglich. Dass die Gewänder stimmen. Dass das damals sehr teure Rot nicht übermäßig vorkommt. Beim Essen keine Kartoffeln oder kaum Fleisch angeboten wird. Die Kartoffel gab es damals nicht, sondern Getreidebrei, Rüben und Kräuter. Und wer Kindern etwas erzählt, muss wissen, dass ein gutes Schwert damals so viel wert war wie ein kleiner Bauernhof. Und welche sonst noch? Ich muss bei der Stadt ein umfangreiches Sicherheitskonzept vorlegen: wie viele Leute gleichzeitig auf das Gelände dürfen, zu Flucht- und Rettungswegen. Nachts ist ein gewerblicher Sicherheitsdienst da. Ich habe das Rote Kreuz vor Ort. Und Kabel dürfen nicht offen rumliegen. Kommen Sie selbst im Mittelalter-Kostüm zur Hardenburg? (lacht) Nein. Damit nehmen einen manche Menschen nicht für voll. Es kommt ja auch kein Handwerker im Hawaii-Hemd zum Kunden.

Info

—Mittelalterliches Burgfest mit Handwerkermarkt und Lagerleben auf der Hardenburg am Samstag (11 bis 21.30 Uhr, 20 Uhr Tavernenspiel mit Feuershow) und Sonntag (11 bis 19 Uhr). —Kleinkinder sind frei, bis 16 Jahre drei Euro, Erwachsene sieben Euro (alles inklusive Burgeintritt). —Empfohlen wird der Shuttlebus vom Wurstmarktplatz (Fass) zur Burg und zurück.

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