Kreis Bad Duerkheim Kirchenorganist managt Sexkino

Betriebsleiter Markus Enders steht vor Mike’s Erotiktreff in der Amtsstraße.
Betriebsleiter Markus Enders steht vor Mike’s Erotiktreff in der Amtsstraße.

Im Eingangsbereich des Pornokinos hängt ein dicker Vorhang. „Der dient als Sichtschutz, damit Kinder nicht hereinschauen können“, erklärt Markus Enders, seit zwei Jahren Betriebsleiter des Erotiktreffs. Er wirkt offen, ausgeglichen – freundlich. Ein Besucher kauft ihm für zehn Euro ein Ticket ab, das ihm durch das Fenster zur Kasse gereicht wird. Die beiden scheinen sich zu kennen, plaudern ein wenig, bis der Gast sich an den DVD-Regalen vorbei zu den Kinos am anderen Ende des Gangs begibt. „Mit manchen Besuchern ist es fast ein wenig familiär, man kennt sich schon eine ganze Weile“, erklärt Enders. Geöffnet habe der Erotiktreff in der Amtsstraße täglich von 10 bis 22 Uhr. „Von 14 bis 17 Uhr sind die Hauptstoßzeiten“, sagt er und schmunzelt. Zur Belegschaft des Pornokinos gehören noch der Geschäftsführer und fünf Mitarbeiter, die auf geringfügiger Basis angestellt seien. Enders hat eine Ausbildung zum Bürokaufmann gemacht, seit seiner Jugend ist er Kirchenorganist. Er hat außerdem eine künstlerische Ader. „Ich habe ein kleines Atelier und stelle Fresken her. Auch da ist es ein wenig zwiespältig: Ich mache sowohl Akte als auch Heiligenbilder“, sagt er und lacht. Seine Tätigkeit als Kirchenorganist könne er gut mit seiner Arbeit und seiner Homosexualität vereinbaren. „Ich habe moralisch eine andere Einstellung als meine Kirche. Das ist für mich kein Problem, eher für die Kirche. Ich sehe das recht locker.“ Gegenwind habe es in der Vergangenheit trotzdem gegeben. Viele private Kontakte Davor seien die Gäste im Erotiktreff sicher. Durch die gemeinsamen Vorlieben entstehe zwischen den überwiegend männlichen Besuchern auch privater Kontakt. „Der Kinobesuch gestaltet sich von Gast zu Gast verschieden. Viele wollen hier nur Filme gucken, manche suchen aber auch Sex mit anderen Kinogästen“, erläutert Enders. Begonnen habe es als klassisches Kino mit 100 Sitzplätzen, gezeigt worden seien vor allem Micky-Maus-Filme. Die Umstellung auf ein Pornokino vor ungefähr 25 Jahren sei deshalb nicht einfach gewesen. Das Angebot decke bis heute die Vorlieben trans-, bi- und homosexueller Menschen in drei Kinosälen ab. An guten Tagen hätten damals bis zu 120 Gäste den Erotiktreff besucht. Heute seien es im Schnitt zwei Drittel weniger. Nicht nur der Zugang zu Pornos im Internet sei daran schuld. „Sexspielzeuge sind durch das Internet ebenfalls rückläufig. Wir haben nur noch Filme und Kondome im Verkauf“, sagt Enders. Der älteste Gast war 93 Einer der Gründe dafür, dass es Mike’s Erotiktreff heute trotzdem noch gibt, liegt schon im Namen: Der Erotiktreff habe schon seit seiner Entstehung Menschen, deren sexuellen Neigungen gesellschaftlich nicht akzeptiert waren, einen Zufluchtsort geboten, eine Anlaufstelle, um sich vorurteilsfrei austauschen zu können, beschreibt Markus Enders. Dies habe sich nicht geändert. Das Pornokino ziehe auch heute noch Menschen aus den unterschiedlichsten Branchen an. „Es ist sozusagen ein Schmelztiegel. Hier kommen sowohl Richter und Unternehmer als auch Bauarbeiter her“, meint Enders. Das sei etwas, dass das Internet so nicht leiste. Ein weiterer Grund sei die Auswahl an Filmen und die Möglichkeit, auf Wunsch bestimmte zu bestellen. Außerdem ziehe das Pornokino heute vor allem Ältere an, denen das Internet fremd geblieben ist. „Das Alter hat sich extrem verschoben, weil die Jüngeren sich eher im Internet bewegen. Nach oben gibt es keine Grenzen, der älteste Gast war 93 Jahre alt“, erklärt Enders. Manchmal sei es nicht einfach. Ganz besonders in Erinnerung geblieben ist Markus Enders ein Gast, der sich nach seinem Besuch aus Scham geweigert hat, den Erotiktreff durch den Vordereingang zu verlassen.

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