Ludwigshafen Leitartikel: Wechsel und Wandel

Eva Lohse war eine glänzende Repräsentantin ihrer Heimatstadt.

Sie hat viel bewirkt. Ihrer Nachfolgerin Jutta Steinruck hinterlässt sie

einige offene Baustellen: in erster Linie das Projekt „City West“.

Eva Lohse stand 16 Jahre lang an der Spitze der Stadtpolitik. Bei ihrem Amtsantritt 2002 mag mancher Politiker die damals 45-Jährige unterschätzt haben. Doch Lohse konnte nicht nur charmant und eine liebenswürdige Repräsentantin sein. Wenn es sein musste, war sie knallhart – eine „Eiserne Lady“. Das hat sie vor allen Dingen in der Affäre um dem früheren Klinikum-Geschäftsführer Volker Graf gezeigt. Er hatte das städtische Krankenhaus als Selbstbedienungsladen missbraucht. Lohse sorgte gegen alle Widerstände dafür, dass der Manager vor Gericht landete und zu einer Haftstrafe verurteilt wurde. Lohse hat viel in ihrer Heimatstadt bewirkt: Sie steht für die Öffnung der Stadt zum Rhein, für den Bau der Rhein-Galerie sowie schillernde Neubauprojekte am Rheinufer Süd und auf der Parkinsel. Lohse hat Unternehmen in die Industriestadt geholt, wie etwa den Straßenbaufertiger Vögele oder die Großbäckerei Görtz. Als Krisenmanagerin musste sich Lohse gleich mehrfach bewähren. Bei Brandkatastrophen und Gasexplosionen war sie als Stadtchefin gefordert. Und nicht zuletzt hat sie mit ihren Kollegen aus dem Stadtvorstand die Flüchtlingskrise gemeistert. In Rekordzeit wurde ein Bauprogramm für Notunterkünfte und Wohnhäuser aus dem Boden gestampft. Sie hat trotz Ebbe in der Stadtkasse das Freibad und die Stadtbücherei, den Pfalzbau und das Hack-Museum saniert. „Weiche Standortfaktoren“ wie das Kulturangebot mit dem Filmfestival oder dem Spektakulum waren ihr wichtig. Und auch außerhalb von Ludwigshafen hat sie als Vorsitzende der Metropolregion Rhein-Neckar und als Präsidentin des Deutschen Städtetags eine gute Figur abgegeben. An strukturellen Problemen ihrer Heimatstadt hat die Juristin hingegen wenig ändern können: Die explodierenden Sozialausgaben fressen jedes Jahr die Steuereinnahmen auf und sorgen für ein Millionenloch im Haushalt. Die Innenstadt hat massive Probleme. Die Anzahl der Arbeitslosen und der Sozialhilfeempfänger ist hier trotz einer boomenden Wirtschaft überdurchschnittlich hoch. Ihrer Nachfolgerin Jutta Steinruck hinterlässt Lohse einige offene Baustellen: in erster Linie das Projekt „City West“ mitsamt Hochstraßenabriss, der Platz für ein neues Stadtviertel schaffen soll. Schon jetzt ist abzusehen, dass die Kosten steigen werden. Etliche Fragen sind ungeklärt. Für die neue OB sind die Aufgaben daher vorgezeichnet. Steinruck übernimmt eine Stadt im Wandel – im positiven und negativen Sinne. Es gibt auch jetzt den ein oder anderen Politiker, der die „Neue“ unterschätzt. Doch auch für Steinruck gilt: Sie wird in das Amt genauso hineinwachsen müssen wie Lohse.

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