Bad Dürkheim Wurstmarkt kriegt keine „Sperrstunde“

Eine generelle Sperrstunde für den Dürkheimer Wurstmarkt ist vorerst vom Tisch. Die Stadt als Veranstalterin, die SGD Süd als Genehmigungsbehörde und die lärmgeplagten Anwohner unmittelbar neben dem Festplatz haben eine Vereinbarung gefunden, der über die bereits beschlossenen Schlusszeiten für Festhallen und Fahrgeschäfte hinaus keine weiteren Einschränkungen mehr vorsieht. Damit können speziell Schubkärchler und Weindorf sowie andere Beschicker auch in Zukunft ohne „Zapfenstreich“ geöffnet bleiben.

Der Konsens wurde in mehreren Zusammenkünften und nach intensivem Mailverkehr gefunden. Bekanntgegeben wurde er gestern in einer gemeinsamen Presseerklärung. Sie sieht auch vor, dass neben dem Wurstmarkt keine weiteren Veranstaltungen mit Musik nach 22 Uhr im Freien in der näheren Umgebung mehr stattfinden. Die Bemühungen der Nachbarn um einen „leiseren“ Wurstmarkt, wie er im vergangenen Jahr erstmals von der SGD vorgegeben worden war, jedoch allgemein auch Gefallen bei Besuchern gefunden hatte, hatten sich in den Monaten zuvor in eine gerichtliche Auseinandersetzung zuzuspitzen gedroht. Damit wäre das Risiko verbunden gewesen, dass dem Wurstmarkt eine noch strengere Regelung auferlegt worden wäre als die Vorgaben, die die SGD in Abstimmung mit Stadt und Anwohnern letztendlich verfügt hatte. Danach wird – wie mehrfach berichtet – der Wurstmarkt in den nächsten Jahren lärmtechnisch weiter stufenweise „heruntergeregelt“. Nach 2.30 Uhr im Vorjahr am Wochenende enden der Betrieb der Fahrgeschäfte und die Musik in den Festzelten in diesem und dem kommenden Jahr jeweils um 2 Uhr, 2017 um 1 Uhr und ab 2018 um Mitternacht. Der Wurstmarkt werde „somit leiser, aber sicherlich nicht leise“, heißt es in der Erklärung. Die Maßnahmen zielen in erster Linie darauf ab, die sogenannten technischen Geräusche zu mindern. Die Anwohner hatten sie bisher „vermeidbaren Lärm“ bezeichnet. „Die Auswirkungen, die von den Wurstmarktbesuchern ausgehen, lassen sich nur schwer reglementieren“, sind sich die Parteien einig. Dies wäre tatsächlich nur über strikte Öffnungs- und Schließzeiten, also einer Art Sperrstunde, machbar. „Das möchte die Stadt auf keinen Fall, und dies hat die Anliegergemeinschaft auch nie gefordert“, stellen die Beteiligten klar. Die Stadt Bad Dürkheim hatte die kommunale, wirtschaftliche und historische Bedeutung des Wurstmarkts in der Vergangenheit höher gewichtet als die Belange der angrenzenden Nachbarn und sich als Veranstalterin selbst eine Ausnahmegenehmigung von den Lärmschutzrichtlinien erteilt. Letztes war seit einer Neufassung im Jahr 2000 nicht mehr rechtens. Denn Genehmigungsbehörde für kommunale Veranstalter war seither die SGD. Dort sei die „mit der geltenden Rechtslage nicht vereinbare Fehleinschätzung der Stadt korrigiert“ worden: Die sogenannte Güterabwägung im Rahmen der erforderlichen Ausnahmegenehmigung für den Wurstmarkt fiel im vergangenen Jahr weit stärker zugunsten der Anwohner aus. Das Papier hält zudem fest: Ohne Zustimmung der Anwohner wäre das Stufenkonzept der SGD nicht realisierbar. Und die SGD selbst trägt hier eine großzügige Regelung zugunsten des Wurstmarktes mit. „Damit können die betroffenen Anlieger leben.“ Die SGD hatte im Vorjahr bereits alle Punkte, die die Anwohner zuvor vergebens von der Stadt gefordert hatten, angeordnet: Vermeidbarer Lärm musste vermindert werden. Dazu musste die Stadt einen Gutachter einschalten, der die schalltechnische Situation dokumentieren und ein Konzept zur Lärmreduktion erstellen sollte. Sofortmaßnahme war neben dem Zeitlimit für die Musik der Einbau elektronischer Lärmlimiter in Musik- und Tonwiedergabeanlagen. „Die Stadt Bad Dürkheim begrüßt die konstruktiven Vorschläge der SGD zur Regelung des Wurstmarktes, die auch die vorgenannten Vorschläge der Anwohner in vollem Umfang berücksichtigen und auf deren Basis die Gespräche mit der Anwohnergemeinschaft einvernehmlich zu einem Abschluss geführt werden konnten“, haben die Beteiligten formuliert. Über den Wurstmarkt hinaus ging es in den Gesprächen um die generelle Anzahl von mit Geräusch verbundenen Ereignisse im Umfeld des Festplatzes über das gesamte Jahr hinweg. Es sei deutlich geworden, dass die Betroffenheit nicht allein vom Wurstmarkt herrührt, sondern durch weitere öffentliche und private Veranstaltungen. „Bei der Frage, was noch zumutbar ist, geht es nicht darum, wer zuerst da war, die Feste oder die Anwohner.“ Deshalb distanziert sich die Stadt auch klar von Äußerungen in der Öffentlichkeit, die den Anwohnern nahelegten, ais ihren Häusern wegzuziehen, da der Wurstmarkt doch lange vor ihnen schon dort war. Dies sei zwar richtig, aber in den Zeiten, als die Häuser gebaut wurden, kam der Wurstmarkt mit vergleichsweise geringem Lärm und ohne Einsatz von Technik aus. Die vielen weiteren Festivitäten auf dem Platz und im unmittelbaren Umfeld kamen erst hinzu, als die Leute dort schon wohnten. Daneben hat sich auch die Rechtslage in den letzten 20 Jahren durch Neufassungen des Immissionsschutzgesetzes und konkretere Vorgaben der Verwaltungsgerichte mehrfach verändert. Streng rechtlich gesehen schöpft der Wurstmarkt selbst in seiner zukünftig gedämpfteren Form das „Jahreskontingent“ der Stadt an besonders lauten Veranstaltungstagen bereits aus (zehn sogenannte seltene Ereignisse, gemessen nach Tagen und nochmals separiert nach Nächten). Daher sind weitere Musikveranstaltungen nach 22 Uhr im Freien nicht mehr zulässig. Und bei Musikveranstaltungen bis 22 Uhr „wird die Stadtverwaltung dafür Sorge tragen, dass sie sich in einem verträglichen Rahmen bewegen“, kündigt das Papier an. Die Beteiligten sprechen von einem schwierigen Ringen um eine für alle Seiten verträgliche und akzeptable Lösung. Mit der jetzt getroffenen Verständigung sollen „die Diskussionen beendet werden, ohne den Dialog zwischen Stadt und Anliegern aufzugeben“. Diesen zu pflegen, hatte die SGD der Stadt bereits ins Stammbuch geschrieben. Für den Konsens zeichnete in den Gesprächen und Diskussionen mit den Anwohnern und der SGD seitens der Stadt primär Gerd Ester als zuständiger Beigeordneter für das Ordnungswesen verantwortlich. Nachdem die Fronten zwischen Stadt und Anwohnern sich in den Vorjahren völlig verhärtet hatten, hatten die Platznachbarn Esters konstruktive Haltung bereits letztes Jahr hervorgehoben. (rhp/psp)

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