Kusel „Nicht auf zwei Jahre reduzieren“

Kusel. „Sherlock Holmes jagt Jack the Ripper“ heißt die Krimikomödie, mit der die Braunschweiger Komödie am Altstadtmarkt am Sonntag, 1. März, 19.30 Uhr, in der Kuseler Fritz-Wunderlich-Halle gastiert. Die bekanntesten Gesichter in der Aufführung gehören Ulli Kinalzik und Michaela Schaffrath. Beim Interview litt die Schauspielerin an einer starken Bronchitis. Die Kuseler Vorstellung sei dennoch nicht in Gefahr, versichert die 44 Jahre alte Hamburgerin im Interview, in dem sie auch erklärt, warum sie sich auf Kusel freut, ohne es zu kennen.

Die Tournee läuft, und Sie haben sich gerade eine Bronchitis eingefangen. Müssen Vorstellungen ausfallen?

Wir haben keine Zweitbesetzung. Das heißt mit anderen Worten: Sie müssen mit dem Kopf unter dem Arm auf die Bühne! Das hängt natürlich von jedem Einzelnen ab, aber ich gehöre schon zu denen, die relativ viel aushalten können. Es hängt einfach viel zu viel dran. Zum einen, dass die anderen Kollegen und ich dann kein Geld verdienen, denn bezahlt wird meistens pro Vorstellung. Und für das Theater ist es natürlich auch eine Katastrophe. Da muss man dann einfach durch und sich dementsprechend „aufpäppeln“: zum Arzt, Antibiotikum und Schmerzmittel. Gott sei Dank wird man von den Kollegen dann ja auch durch die Vorstellung „getragen“. Bauen Sie dann einen Satz wie „Oh, Sie hat es aber erwischt“ ins Stück ein? Nein. Es ist dann leider nicht zu vermeiden, dass man mal hustet, aber das Publikum hört ja auch, dass die Stimme belegt oder die Nase zu ist, und versteht das dann auch. Mögen Sie Detektivgeschichten? Ich bin auf jeden Fall ein Fan von Benedict Cumberbatch als Sherlock Holmes. Ich finde diese BBC-Serie extrem gelungen und hab’ sie sehr gern gesehen. Generell bin ich ein großer Krimifan. Ich sehe sehr gerne Krimis, vorwiegend die englischen. Inspector Barnaby find′ ich total klasse, aber auch die skandinavischen Krimis mag ich gerne. Auch den Tatort? Ehrlich gesagt hat in letzter Zeit meine Begeisterung nachgelassen. Wahrscheinlich, weil es mittlerweile zu viele Kommissare und Städte gibt. Es ist sehr inflationär geworden, und man blickt überhaupt nicht mehr durch. Aber vielleicht ändert sich das ja auch wieder. Würden Sie denn trotzdem eine Tatort-Ermittlerin spielen? Ich sag’ mal so: Wenn ich eine entsprechende Rolle angeboten bekommen würde, würde ich nicht Nein sagen. Es muss schon eine Rolle sein, die passt, mit der ich mich identifizieren könnte. Aber klar würde ich dann Ja sagen. Im Stück sind Sie eine Verdächtige. Inwiefern passt diese Rolle zu Ihnen? Wir sind alle verdächtig! (lacht) Ich spiele Schwester Mary, die gute Seele des Sanatoriums, welches sich auf einer Insel befindet, auf der wir wegen eines Sturms von der Außenwelt abgeschnitten sind. Und diese Rolle liegt mir schon. Aus meiner damaligen Tätigkeit in meinem ersten Leben als Kinderkrankenschwester hab’ ich natürlich diverse Sachen schnell verinnerlicht. Wobei die Erfahrungen in dieser Rolle einer Krankenschwester im 19. Jahrhundert nun nicht wirklich zum Tragen kommen. Die waren schon anders als eine Krankenschwester im 21. Jahrhundert. Aber die Rolle hat mir bereits beim Lesen gut gefallen – und ich finde es toll, mal einen Krimi zu spielen, es ist nämlich mein erster auf der Bühne. Ich habe mein Schauspieldebüt in einem Kinokrimi gegeben, aber auf der Bühne ist es eine ganz andere Sache, zumal in einer Krimikomödie. Sie sprachen gerade Ihr erstes Leben an. Mir ist bei der Vorbereitung zu diesem Gespräch aufgefallen, dass Michaela Schaffrath – vor allem von Männern – immer noch sofort als ehemalige Erotikdarstellerin eingeordnet wird. Ärgert Sie das? Ich weiß gar nicht, ob es immer noch so als allererste Reaktion kommt. Zum Teil schon. Das ist ja interessant. Es ist Teil meiner Biografie, aber es waren gerade mal zwei Jahre. Die haben natürlich auch dafür gesorgt, dass meine Person überhaupt in der Öffentlichkeit bekanntwurde. Trotzdem: Ich will mal Schauspielerin werden – das war natürlich überhaupt nicht mein Gedanke, als ich in die Erotikbranche eingestiegen bin. Es war der Regisseur Marcus Rosenmüller, der mir den Weg in die Schauspielerei geebnet hat, und es gab ganz viele Leute, die mich dabei bestärkt haben. Um auf die Frage zurückzukommen: Nein, es ärgert mich nicht. Man kann nicht zwei Jahre aus seinem Leben herausschneiden. Was mich ärgert, ist, wenn Journalisten mich nur auf diese zwei Jahre reduzieren. Immer die gleiche Geschichte: Wie kommt man da raus, wie kann man damit leben? Es sind übrigens auch fast nur Männer, die immer noch diesen Schwerpunkt setzen. Das ist wohl so wie mit der Bildzeitung. Die hat ja auch eine riesige Auflage, obwohl sie eigentlich keiner kennt. Mittlerweile amüsiere ich mich fast schon darüber. Wo sehen sie sich in 20 Jahren? Ich hoffe immer noch auf der Bühne. Hoffentlich in einem guten Spagat zwischen Theater und TV und Kino. Im Moment ist es schön im Gleichgewicht, wobei 2015 wohl ein Bühnenjahr werden wird. Ich habe gerade ein neues Engagement, auch wieder ein Krimi, Die toten Augen von London, unterschrieben. Wir müssen unseren Beruf ja nicht schön reden. Ich bin wirklich dankbar, dass ich, seit ich vor fünf Jahren anfing, Theater zu spielen, von meinem Beruf leben kann. In den zehn Jahren davor gab es auch ganz schlimme Zeiten, in denen ich mit der Idee gespielt habe, aufzuhören. Möglicherweise sehen wir Sie dann in Kusel in einem anderen Stück einmal wieder. Ich freue mich sehr auf Kusel. Ich habe noch nie da gespielt, war noch nie dort, aber das ist gerade das Tolle am Tourneetheater: Ich lerne mein Land viel besser kennen. Durch die Reiserei wird mir immer wieder bestätigt, dass Deutschland ein schönes und wertvolles Land ist, das sich lohnt, bereist zu werden. (kgi) INFO Tickets gibt es bei der Kreisverwaltung unter 06381 424 496, ab 22 Euro. (kgi)

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