Zweibrücken Leiser Abschied im Evangelischen Krankenhaus

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Am Freitag schließt das Evangelische Krankenhaus für immer. Eine offizielle Abschiedsfeier wird es nicht geben. Der Betrieb geht weiter, wenn auch anders: Das katholische Krankenhaus übernimmt am Samstag die Innere Abteilung im dritten Stock. Die RHEINPFALZ listet die wichtigsten Fragen und Antworten auf.

Warum schließt das Evangelische Krankenhaus?

Weil sein Träger, der Landesverein für Innere Mission in der Pfalz (LVIM), es loshaben möchte. Das gilt als Voraussetzung, damit er sich mit den Diakonissen Speyer-Mannheim zusammenschließen kann. Das Evangelische Krankenhaus schrieb zuletzt rote Zahlen, im Sommer war von einem monatlichen Minus von 500 000 Euro die Rede. Im Krankenhaus wies gestern noch nichts darauf hin, dass es in der Nacht zum Samstag seinen Betrieb einstellt. Auch auf der Internetseite gibt es keinen Hinweis. „Das Team des Evangelischen Krankenhauses ist weiter für Sie da!“, heißt es dort. Dass das Haus morgen schließt, hatte der Landesverein am 20. Juni verkündet. Was geschieht mit den Mitarbeitern? Durch einen so genannten Teilbetriebsübergang übernimmt das katholische Krankenhaus zum 1. Oktober bis zu 80 Mitarbeiter des Evangelischen. Nach RHEINPFALZ-Informationen wechseln nicht alle 80, aber die meisten von ihnen. Das katholische Krankenhaus übernimmt die Innere Abteilung mit 50 Betten. Die Nardini-Klinikum GmbH ist künftig Mieter im Evangelischen und nutzt dort die Endoskopie und die komplette dritte Etage. Das ist eine auf etwa drei Jahre angelegte Übergangslösung, bis das katholische Krankenhaus in der Innenstadt angebaut hat. Was aus den mehr als 400 Mitarbeitern des Evangelischen wird, die nicht wechseln konnten, dazu sagt der Landesverein wenig. Er verrät auch nicht, wie viele Kündigungen er ausgesprochen hat. Den Beschäftigten seien „zahlreiche Stellen in anderen Einrichtungen des LVIM und der Diakonissen Speyer-Mannheim angeboten worden“, teilt LVIM-Sprecherin Susanne Liebold mit. Zahlen nennt sie bewusst nicht. „Einige“ Mitarbeiter hätten das Wechsel-Angebot angenommen. 63 Mitarbeitern der Servicegesellschaft − das sind vor allem Reinigungskräfte, Hausmeister und Hauswirtschafter − wurde nicht gekündigt: Sie können sich in einer Transfergesellschaft für neue Stellen qualifizieren lassen. Thomas Stauder, Mitarbeitervertreter am Evangelischen, kann ebenfalls keine genauen Zahlen nennen. Einige Mitarbeiter seien an die Uniklinik Homburg gewechselt, andere ans Städtische Krankenhaus Pirmasens oder zu MD Medicus Ludwigshafen, dem medizinischen Dienst, der in Zweibrücken ein Büro eröffnen will. Stauder selbst wechselt mit weiteren Beschäftigten zum Kinderpflegedienst Karlsruhe, der sich im Haus Bickenalb niederlässt. Wie viele Patienten hatte das Evangelische diese Woche noch? Auch das wollte der Landesverein nicht verraten. Zuletzt waren es aber bereits deutlich unter 50. „Wir gehen davon aus, dass wir am Freitag nur noch einige internistische Patienten behandeln, die wir ans Nardini-Klinikum übergeben“, teilte Liebold auf Nachfrage mit. Was geschieht mit den Patienten, die morgen noch im Krankenhaus liegen und über diesen Tag hinaus behandelt werden müssen? Sie bleiben, wo sie sind. Denn das Nardini-Klinikum wird den dritten Stock quasi als Außenstelle unterhalten. Dort ist künftig die Abteilung untergebracht, in der Bauch-Krankheiten behandelt werden. Bis Mitternacht werden sie vom Personal des Evangelischen Krankenhauses versorgt, ab Mitternacht vom Personal des katholischen Krankenhauses. Dabei kann es sich, wie berichtet, um dieselben Pflegekräfte und Ärzte handeln. Herzpatienten, so sich noch welche im Evangelischen befinden, werden ins Katholische an der Kaiserstraße verlegt. Kann ich mich weiterhin am Evangelischen aufnehmen lassen? Nein. Laut Nardini-Klinikum werden alle Patienten zentral in der Kaiserstraße aufgenommen und untersucht. Patienten mit Baucherkrankungen werden dann in die Obere Himmelsbergstraße verlegt, alle anderen werden in der Kaiserstraße, dem eigentlichen katholischen Krankenhaus, behandelt. Wer Patient in der neuen Außenstelle des Katholischen ist, muss laut Nardini keine Abstriche machen: „Es stehen alle erforderlichen Diagnostik- und Therapieangebote zur Verfügung. Rund um die Uhr sind qualifizierte Ärzte und Pflegekräfte da. Jedem Patient steht die komplette Infrastruktur (etwa Hygiene, Labor, Diabetesberatung, Verpflegung, Reinigung, ...) zur Verfügung“, erklärt Thomas Frank, der Sprecher des Katholischen. Ich war mal Patient am Evangelischen Krankenhaus − wie komme ich an meine Akten? Die Aufbewahrungsfrist für Patientenakten beträgt 30 Jahre. Die Akten bleiben laut Landesverein zunächst im Archiv des Evangelischen Krankenhauses, also vor Ort. Zudem werden sie auf einem zentralen Server des Landesvereins elektronisch gespeichert. Wer eine Kopie seiner Akte haben will, kann sich unter Telefon 06332/420 oder über die Internetseite www.lvim-pfalz.de mit dem Landesverein in Verbindung setzen. Was passiert mit der Einrichtung des Evangelischen Krankenhauses, beispielsweise den Möbeln und medizinischen Geräten? Das ist noch nicht ganz klar. Es hängt davon ab, wie das Haus künftig genutzt wird. Wie begehen die Mitarbeiter des Krankenhauses morgen ihren letzten Arbeitstag? „Wir werden ganz normal arbeiten, und wir machen eine interne Verabschiedung, nur für uns Mitarbeiter. Wir wollen nicht, dass jemand von außen dazukommt, keine Privatleute, keine offiziellen Vertreter von Politik, Kirche oder anderen Institutionen“, sagt Mitarbeitervertreter Thomas Stauder. Der Landesverein plane ohnehin „anlässlich des letzten Tags des Klinikbetriebs keine Aktivitäten“, heißt es beim LVIM. Ein Zweibrücker Bürger hat über die Internetplattform Facebook für heute Abend, 19 Uhr, zu einer „friedlichen Schweigeminute“ vorm Krankenhaus eingeladen. Er plant einen Fackelumzug, der um 18.30 Uhr am Rathaus beginnt. Manche Mitarbeiter finden diese Idee gut und freuen sich, dass an sie gedacht wird. Wer schließt am letzten Tag die Eingangstür ab? Keiner, denn der Betrieb im Gebäude läuft ja weiter. Was passiert mit den Grünen Damen, also den Ehrenamtlichen, die sich am Evangelischen um die Patienten kümmerten? Das Nardini-Klinikum spricht mit ihnen, ob sie sich auch weiterhin engagieren wollen. Am katholischen Krankenhaus heißen die Ehrenamtlichen allerdings Weiße Damen. Was wird aus den Selbsthilfegruppen, die sich im Evangelischen trafen? Die Selbsthilfegruppen haben weiterhin Zugang zum Gebäude, versichert der Landesverein. An welche Häuser sind die Hebammen gewechselt, die am Evangelischen tätig waren? Von den rund zehn Hebammen hätten fast alle eine neue Beschäftigung gefunden, teilt der Landesverein mit, etwa an der Uniklinik Homburg, am Städtischen Krankenhaus Pirmasens und an der Marienhausklinik St. Josef Kohlhof in Neunkirchen. Andere Hebammen arbeiteten gar nicht mehr an Krankenhäusern. Was wird aus den anderen Einrichtungen des Landesvereins wie dem Medizinischen Versorgungszentrum im Krankenhaus und der „Drogenpraxis“ in der Gabelsbergerstraße? Der Landesverein betreibt diese beiden Medizinischen Versorgungszentren (MVZ) weiter. Die Röntgenpraxis bleibt ebenfalls Mieter im Krankenhaus. Was wird aus dem Café im Erdgeschoss des Krankenhauses? Es wird geschlossen; das katholische Krankenhaus wird es nicht weiterbetreiben. Musste der Landesverein am Evangelischen noch etwas umbauen, bevor das Nardini-Klinikum nun Mieter wird? Nein, sagt der Landesverein, man habe lediglich die Computerverbindung zum katholischen Krankenhaus herstellen müssen. Was passiert mit der Kapelle? Gibt es dort weiterhin Gottesdienste? In der Kapelle des Evangelischen Krankenhauses werden weiterhin Gottesdienste gefeiert; Termine wurden auf Nachfrage allerdings noch nicht genannt. Laut Nardini-Klinikum werden die Patienten auch an seinem neuen Standort seelsorgerisch betreut, katholische wie evangelische. Wer kümmert sich künftig um die Außenanlage des Evangelischen Krankenhauses? Der Eigentümer der Immobilie, also der Landesverein für Innere Mission. Er ist auch für den Erhalt des Gebäudes zuständig, muss sich also um Reparaturen kümmern. Wie hat es sich am katholischen Krankenhaus bemerkbar gemacht, dass das Evangelische schließt? „Wir verzeichnen Fallzahlsteigerungen“, sagt Thomas Frank, Sprecher des Nardini-Klinikums, aber Zahlen will auch er nicht nennen. Aus dem Umfeld des Krankenhauses ist jedoch zu hören, dass die Beschäftigten seit Monaten sehr, sehr viel zu tun haben. Südwest |sbn/gpl/sig/oy/gana

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