Landau Leben mit HIV - Ein Interview

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Interview: Heute ist Welt-Aids-Tag. Die Aids-Hilfe Landau will bei einem Tag der offenen Tür informieren und bietet eine anonyme Telefonberatung an. Annegret Ries hat eine 45-jährige Südpfälzerin gefragt, wie sie mit ihrer HIV-Infektion umgeht – und wie andere darauf reagieren.

Sind Sie HIV-positiv oder haben Sie Aids?

Ich habe das HI-Virus. Das ist eine Immunschwäche, die zu Aids führen kann. Viele denken, dass Aids und HIV-positiv das Gleiche sind. Das ist aber nicht so. Wann haben Sie erfahren, dass Sie HIV-positiv sind? Das war 1989. Mir ging es damals schlecht, deshalb bin ich zu einem Arzt. Der hat mir Blut abgenommen und hat mir dann gesagt, dass ich HIV-positiv bin. Sie waren damals 19 Jahre alt. Wie haben Sie da auf diese Mitteilung reagiert? Ich habe gedacht, mein Leben ist zu Ende. Damals gab es noch keine Medikamente. Die meisten, die HIV-positiv waren, bekamen Aids und sind daran gestorben. Wissen Sie eigentlich, wie Sie sich infiziert haben? Ich gehe davon aus, durch meinen ersten Freund. Ich habe erst sehr viel später erfahren, dass er HIV-positiv war. Allerdings könnte auch mein früherer Drogenkonsum die Ursache sein. Sie haben drei Töchter. Hatten Sie keine Angst, dass Sie die Kinder bei der Geburt infizieren? Ich habe lange Zeit viele Drogen genommen, dadurch war meine Menstruation unregelmäßig. Ich habe nicht damit gerechnet, dass ich schwanger werden könnte. Als ich 1996 schwanger wurde, hat mich ein Arzt an ein Krankenhaus vermittelt, das auf Geburten von HIV-infizierten Frauen spezialisiert ist. Ich wurde darüber informiert, dass es Möglichkeiten einer Geburt gibt, ohne die Kinder mit dem Virus anzustecken. Wie sind die Reaktionen, wenn Sie sagen, dass Sie HIV-positiv sind? In meinem Umfeld gehe ich sehr offen damit um und habe bisher keine schlechten Erfahrungen gemacht. Ich habe es immer meinen Partnern gesagt. Auch meine Ärzte sind informiert, meine Zahnärztin geht ganz klasse damit um. Meine Familie weiß Bescheid. Meiner jüngsten Tochter, die neun Jahre alt ist, habe ich aber nur gesagt, dass ich krank bin. Ich möchte nicht, dass sie es beispielsweise auf dem Schulhof erzählt. Ich will nicht, dass Menschen außerhalb meines Umfeld von meiner Erkrankung erfahren. Vor allem deshalb, weil ich nicht will, dass meine Kinder deshalb Nachteile haben. Als der amerikanische Schauspieler Charlie Sheen kürzlich im Fernsehen erzählt hat, dass er HIV-positiv ist, haben viele gesagt, dass er wegen seines Lebenswandels selbst schuld daran sei. Befürchten Sie ähnliche Reaktionen, wenn Sie außerhalb Ihres Umfelds von Ihrer Infizierung berichten würden? Ich denke schon. Der Gedanke, die sind selbst schuld daran, die haben nicht aufgepasst, ist immer noch weit verbreitet. Haben Sie durch Ihre Infizierung Einschränkungen in Ihrem Leben? Nein, eigentlich nicht. Ich habe sehr lange keine Medikamente genommen, durch die die Ausbreitung des Virus in meinem Körper gestoppt wird, weil ich Angst vor Nebenwirkungen hatte. Das ging allerdings nur, weil die Virus-Last bei mir sehr niedrig war. Inzwischen nehme ich Medikamente, ich vertrage sie sehr gut. Manchmal bin ich traurig und überlege mir, wie lange ich noch lebe, ob ich noch sehe, wie meine Kinder erwachsen werden. Das versuche ich dann aber abzuschütteln und denke mir, dass man auch beispielsweise durch einen Unfall oder eine andere Krankheit sterben kann. Halten Sie denn den Welt-Aids-Tag für sinnvoll? Ja. Ich wünsche mir, dass er dazu beiträgt, dass Menschen mit dem Thema anders umgehen, dass Betroffene nicht mehr Angst vor den Reaktionen haben müssen, wenn sie von ihrer Infizierung berichten. Auch kann der Welt-Aids-Tag zur Aufklärung beitragen. Vor allem bei Jugendlichen ist nicht mehr so verbreitet, dass man sich gegen eine Infizierung schützen muss.

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