Ludwigshafen „Irgendwo hängengeblieben“

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Beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) sind rund 700 000 Asylanträge unbearbeitet geblieben. Auch eine Gruppe von Syrern, die in Ludwigshafen in der Notunterkunft auf dem Messplatz lebt, wartet seit einigen Monaten auf einen Termin für ihre Anhörung. Nun scheint Bewegung in die Sache zu kommen.

Das Warten zehrt an den Nerven der 33 Syrer. Seit über einem halben Jahr sind sie in Notunterkünften in Ludwigshafen untergebracht. Zunächst in Zelten an der Blies, mittlerweile in zwei Leichtbauhallen auf dem Messplatz. Unterdessen tobt in ihrer Heimat der Bürgerkrieg weiter. Ihre Angehörigen, die sie nach ihrer riskanten Flucht ins sichere Deutschland nachholen wollen, schweben in großer Gefahr. Vor wenigen Tagen erst ist der Sohn eines der Männer erschossen worden. Auf einen Gesprächstermin für ihre Anhörung als Asylbewerber haben die Syrer bisher vergebens gewartet. Seit sechs Monaten hat sich nichts getan. Aus Verzweiflung haben die Männer vor einigen Tagen vor der Unterkunft am Messplatz demonstriert (wir berichteten). Bei den Flüchtlingen liegen die Nerven blank. Aus Syrien erreichen sie immer wieder Horrornachrichten von Angehörigen. Der Frust ist groß. „Es passiert einfach nichts“, sagt Husam Al Irkususee. Der 41-jährige Bau-Ingenieur aus Damaskus ist einer der Sprecher der Gruppe. Die Syrer wollen notfalls bei der zuständigen Behörde in Trier demonstrieren, damit ihr Asylverfahren vorwärts kommt. „Dass es Wartezeiten angesichts der großen Zahl von Flüchtlingen gibt, ist klar. Es ist aber nicht erklärbar, warum die Verfahren der Flüchtlinge nicht chronologisch abgearbeitet werden“, sagt Anja Fiedler vom Arbeiter-Samariter-Bund (ASB), der die Flüchtlingsunterkunft auf dem Messplatz betreut. Flüchtlinge, die wesentlich später als die Gruppe der Syrer nach Ludwigshafen kamen, hätten schon das ganze Asylverfahren durchlaufen. „Das führt zu Unmut“, berichtet Fiedler. Derzeit sind 160 Menschen in den beheizten Hallen untergebracht. Teils leben sechs Flüchtlinge auf zwölf Quadratmetern. „Das macht die Situation nicht einfacher“, sagt die Unterkunftschefin. Das für die Flüchtlinge zuständige Bundesamt (BAMF) in Nürnberg verweist auf die hohe Arbeitsbelastung. „Es warten sehr viele Flüchtlinge auf Termine. Wir haben Verständnis für die Ungeduld. Aber wir versuchen unser Bestes und wollen ein rechtsstaatliches Verfahren gewährleisten“, sagt eine BAMF-Sprecherin. Wartezeiten in den Asylverfahren würden nicht erfasst, und es gebe keine Frist, bis wann eine Anhörung stattfinden soll. Ohne eine persönliche Anhörung des Asylsuchenden liegt das ganze Verfahren auf Eis. Der Flüchtling bekommt einen Gesprächstermin, bei dem er die Gründe für seinen Asylantrag einem BAMF-Mitarbeiter – einem sogenannten Entscheider – erläutern muss. Danach wird darüber entschieden, ob der Flüchtling Asyl in Deutschland bekommt. In Rheinland-Pfalz gab es nach Angaben des BAMF im vergangenen Jahr 23 Entscheider, die rund 19.700 Asylanträge zu bearbeiten hatten. Rund 6000 Verfahren sind bei Jahresende noch unbearbeitet gewesen. Deutschlandweit sind es etwa 700.000 Verfahren. Dazu zählen auch die 33 Syrer aus Ludwigshafen. Warum später eingereiste Flüchtlinge schneller in der Asyl-Bürokratie vorwärts kommen, konnte das BAMF auf Anfrage nicht schlüssig beantworten. Das Bundesamt versicherte gestern, dass Gesprächstermine für die Syrer vom Messplatz für Ende Februar festgelegt seien. ASB, Psychosoziale Notfallversorgung (PSNV) und Ortsvorsteher Christoph Heller (CDU) haben sich für die Betroffenen bei verschiedenen Behörden eingesetzt. Reinhard Herzog (PSNV) hat von der zuständigen BAMF-Sachbearbeiterin in Trier die Anhörungstermine mündlich zugesichert bekommen. „Die Syrer müssen irgendwo hängengeblieben sein. Ich hoffe, jetzt geht alles seinen Lauf“, sagt Herzog. „So lange nichts Schriftliches vorliegt, will ich bei den Flüchtlingen keine falsche Hoffnung wecken“, zeigt sich Anja Fiedler vorsichtig. Ortsvorsteher Heller sagt: „Auf eine mündliche Zusage gebe ich erst mal nichts.“ Auch die Syrer sind skeptisch. „Warum haben wir keinen Brief mit dem Termin zur Anhörung bekommen?“, fragt Husam Al Irkususee. Wenn heute keine schriftliche Bestätigung kommt, wollen die Helfer morgen mit den Flüchtlingen zum BAMF nach Trier fahren.

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