Kusel „Im Frühjahr soll es losgehen“

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Neue Wege in der Landwirtschaft wollen Alexander Gerthner und Sebastian Pontes aus Oberalben gehen. Unter dem Motto „Sich die Ernte teilen“ werden die Junglandwirte im Frühjahr die „Solidarische Landwirtschaft Oberalben“ aufbauen. Wie man Partner und zugleich Abnehmer der von ihnen produzierten Lebensmittel wird, erläutern sie am Samstag, 9. Januar, beim Info-Abend in Oberalben.

Das Prinzip klingt einfach: Die Bauern produzieren Lebensmittel, die die Mitglieder der „Solidarischen Landwirtschaft“ zu einem festgelegten Monatsbetrag abholen. Im Angebot sollen Gemüse, Obst, Fleisch, Eier, Honig und Getreideprodukte sein. Einiges davon wird in den beiden Betrieben in Oberalben und im Ortsteil Mayweilerhof produziert. Für den Einstieg gehen Gerthner und Pontes von 52 saisonalen Produkten aus, die sich 100 Mitglieder teilen sollen. Damit die Bauern Planungssicherheit haben, verpflichten sich die Mitglieder jeweils für ein Jahr. Das heißt, sie leisten einen jährlich neu festzulegenden Monatsbeitrag, den die Landwirte zur Deckung der Betriebskosten brauchen. „Unsere derzeitige Kalkulation liegt bei 113,08 Euro pro Monat“, erklärt Alexander Gerthner vom Mayweilerhof. Von dem 26-jährigen Systemelektroniker kam die Initiative zu dem im Landkreis Kusel bisher einzigartigen Projekt. Mit im Boot ist sein Freund Sebastian Pontes (28). Der ausgebildete Landmaschinenschlosser arbeitet als selbstständiger Lohnunternehmer. Beide verbindet die Liebe zur Landwirtschaft. „Ich wollte nie etwas anderes als Landwirtschaft machen. Mit kleinen Betrieben lohnt es sich aber nicht“, weiß Pontes. Zugleich wendet er sich gegen die fortschreitende Industrialisierung und Massenproduktion von Nahrungsmitteln mit all ihren Skandalen. Der Landwirt wünscht sich ein solidarisches Miteinander von Verbrauchern und Produzenten. Angestoßen von seinem Kollegen, der in einem landwirtschaftlichen Betrieb auf dem Mayweilerhof aufgewachsen ist, reift diese Idee nun seit einem dreiviertel Jahr. „Im Frühjahr soll es losgehen“, kündigt Pontes an. Ist das Projekt am Laufen, soll unter anderem in Gewächshäuser für Gurken und Tomaten investiert werden. Der Maschinenpark ist bereits gut aufgestellt. Auch Hühner und Schafe sind vorhanden, ebenso wie Ziegen und Gänse, die allerdings bisher nur hobbymäßig gehalten werden. Den Bauernhof komplettieren sollen Rinder und Schweine. Möglich sei auch die Haltung von Milchvieh. „Das ist abhängig von unseren Mitgliedern“, erklären die Landwirte. Sie wollen so viele Lebensmittel produzieren, „damit sich die Mitglieder davon ernähren können“. 50 Hektar Acker- und Grünflächen in Oberalben sowie in Rathsweiler und Dennweiler-Frohnbach stehen zur Verfügung. „Wir werden auf ökologischer Basis wirtschaften“, berichtet Pontes. So, wie die Mitglieder Einfluss auf die Produktpalette und Einblick in alle Betriebsabläufe haben sollen, könnten sie auch bei den Herstellungsverfahren mitreden – etwa in Bezug auf eine mögliche Bio-Zertifizierung. Transparenz und Vertrauen sind laut Gerthner die Basis der solidarischen Landwirtschaft. „Die Leute sollen sich beteiligen, die Abläufe von der Aussaat bis zur Ernte hautnah miterleben“, sagen die Junglandwirte. In ihrem Projekt sehen sie auch einen pädagogischen Auftrag, indem sie unter anderen Kindern das Erlebnis ursprünglicher Landwirtschaft nahebringen wollen. Hoffeste und regelmäßige Infoveranstaltungen gehören ebenfalls zum Konzept. Die Mitglieder werden regionale, gesunde Lebensmittel erhalten – was allerdings auch mit einem gewissen Risiko behaftet ist: Denn schwache Jahre oder gar Missernten haben die Partner mitzutragen, stellen Pontes und Gerthner klar. Als Ausgleich seien durchschnittliche, normale Jahre vom Abgabeumfang höher kalkuliert: „Da sind es mehr Produkte, als man für den gleichen Preis kaufen kann“, erklären sie. Für Vegetarier wird die Produktpalette auf deren Bedürfnisse angepasst. Wenn die Initiative gut läuft, wird auch die Beschäftigung weiterer Mitarbeiter erwogen. Die durch die Mitglieder gesicherte Abnahme der Lebensmittel ist für die beiden Landwirte ein entscheidender Vorteil der solidarischen Landwirtschaft. Ein Hofladen zur wöchentlichen Abholung ist im elterlichen Betrieb auf dem Mayweilerhof schon vorhanden, erklärt Alexander Gerthner. Seine Mutter Elsbeth Gerthner wolle Brot für die Mitglieder backen. Dass diese Form der Landwirtschaft funktioniert, hat Gerthner in Contwig gesehen. Der Wahlbacherhof der Familie Nafziger produziert seit diesem Jahr als bisher einziger in der Pfalz im Netzwerk Solidarische Landwirtschaft. Nach Angaben des Netzwerkes gibt es in Deutschland aktuell 92 solche Betriebe. 100 Initiativen seien bundesweit im Aufbau, neben Oberalben auch eine in Neustadt/Weinstraße. Für die „Solidarische Landwirtschaft Oberalben“ gibt es nach Angaben der beiden Initiatoren bereits Interessenten. (suca) Info Die „Solidarische Landwirtschaft Oberalben“ lädt Interessierte und potenzielle Mitglieder zum ersten Infoabend für Samstag, 9. Januar, 19 Uhr, ins Dorfgemeinschaftshaus Oberalben (Hauptstraße 21) ein. Infos gibt es auch per E-Mail unter solawi.oberalben@aol.de. (suca)

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