Ludwigshafen Höhere Gebühren für Straßenreinigung in Ludwigshafen: CDU und WBL beziehen Stellung

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Interview: Dezernenten Klaus Dillinger (CDU) und der Chef des Wirtschaftsbetriebs (WBL), Klaus Neuschwender, über die Gebührenerhöhung.

Herr Dillinger, Herr Neuschwender, bei unserem Leserforum haben sich Bürger aus allen Stadtteilen kritisch zum Thema Straßenreinigung und den höheren Gebühren geäußert. Die Resonanz hat uns überrascht. Haben Sie mit dieser Schelte gerechnet? Dillinger:

Die Reaktion hat mich nicht überrascht. Das Thema Sauberkeit wird derzeit in vielen Städten diskutiert. Daher haben wir auch schon vor eineinhalb Jahren begonnen, uns damit zu befassen, wie wir als Stadt besser werden können. Was ist dabei herausgekommen? Dillinger: Ab April wird es neue Arbeitsgruppenmodelle und etwas mehr Personal geben. Wir wollen uns so organisieren, dass die „Hotspots“, also die besonders problematischen Müll-Ecken, von kleinen Trupps abgearbeitet werden, und dass die Gruppen, die regulär die Straßen reinigen, nicht mehr durch diese Zusatzaufgaben unterbrochen werden. Damit wollen wir der Kritik der Bürger begegnen, dass mal wieder keine Kehrmaschine unterwegs gewesen sei. Sind nur diese „Hotspots“ dafür verantwortlich, dass die Kehrmaschinen nicht an jenen Tagen im Einsatz sind, wenn die Bürger es erwarten? Dillinger: Das ist ein Teil des Problems, es gibt auch Ausfälle wegen kaputter Maschinen und Krankmeldungen. Und wenn wir zum Winterdienst ausrücken müssen, hat das Vorrang. Gleiches gilt für die Müllabfuhr. Also ist die Kritik der Leser durchaus berechtigt? Dillinger: Sie ist zum Teil berechtigt. Aber nicht berechtigt finde ich die Wortwahl und zum Teil die Intensität der Kritik. Denn letztendlich betrifft diese Kritik alle unsere Mitarbeiter. Beim WBL ist die Betroffenheit sehr groß, dass die Arbeit überwiegend so negativ kommentiert wird. Die Kollegen stehen bei Wind und Wetter früh auf und sitzen auf der Maschine oder sind draußen unterwegs und geben ihr Bestes. Gibt es beim WBL Probleme mit der Motivation von Mitarbeitern? Werden deren Arbeitsleistungen tatsächlich ausreichend kontrolliert? Neuschwender: Mitarbeitermotivation und Unterweisung ist ein Thema für uns. Wir haben mindestens dreimal im Jahr Teilbetriebsversammlungen. Dann weisen wir die Mitarbeiter auf diese sensiblen Punkte hin: dass sie nicht draußen irgendwo herumstehen zum Beispiel. Wir haben in vielen Bereichen keine Kantinen mehr. Die Mitarbeiter machen also draußen Pause. Dafür gibt es einen Korridor: Die Leute fangen um 7 Uhr an und machen um 9 Uhr eine 14-minütige Frühstückspause. Mittags haben sie eine halbe Stunde Pause. Wir können den Leuten aber nicht vorgeben, wo die Pause stattfindet. Den Vorwurf „Die stehen nur faul rum“ können Sie nicht nachvollziehen? Neuschwender: Nein, das kann ich nicht nachvollziehen. Das ist eine Diskreditierung der Mitarbeiter. Wie gehen Sie beim WBL mit Beschwerden und Versäumnissen um? Neuschwender: Wir gehen den Vorwürfen nach und kontrollieren das dann auch im Außendienst. Aber bei uns arbeiten Menschen. Wir haben als Arbeitgeber gegenüber Mitarbeitern, die weniger leistungsfähig sind und zum Beispiel nicht mehr bei der Müllabfuhr eingesetzt werden können, auch eine soziale Verantwortung. Erfüllt der WBL die Straßenreinigungssatzung zu 100 Prozent? Neuschwender: Nein. Wir können nicht überall und hundertprozentig funktionieren. Unsere Ausfallquoten liegen bei 20 Prozent. Es bleibt auch mal eine Maschine stehen, und wir haben viele spontane Einsätze. Vielen Bürgern ist offenbar gar nicht bewusst, dass sie selbst laut Satzung ebenfalls die Pflicht haben, ihre Straße regelmäßig zu kehren. Neuschwender: Ja, das stimmt. Wir haben eine Auswertung der Leserbeschwerden nach Straßen gemacht. In vielen Straßen ist der WBL alle 14 Tage für die Reinigung zuständig – im Wechsel mit dem Anlieger. Dillinger: Straßenreinigung ist eine Gemeinschaftsaufgabe. Wir reden nicht über Abfallberge, sondern über Laub und Staub. Das sollte nicht einfach in die Rinne gefegt, sondern zusammengekehrt und in der Mülltonne entsorgt werden. Das gilt übrigens auch für Silvesterkracher. Wer auf der Straße ein Feuerwerk abbrennt, dem sei es gegönnt. Aber er hat die Reste am nächsten Morgen zusammenzukehren. Können Sie die Anzahl der Beschwerden zum Thema Straßenreinigung, die in letzter Zeit beim WBL eingegangen sind, beziffern? Neuschwender: Bezogen auf eine Stadt mit 170.000 Einwohnern haben wir wenig Beschwerden. Es gibt auch viele zufriedene Bürger, die mal eine positive Mail schreiben und sagen: Das habt ihr super gemacht. Und es gibt auch Bürger, die selbstverständlich mit anpacken. Wie etwa die Initiative Sauberer Hemshof? Neuschwender: Genau. Wir versuchen gerade, eine vertretbare Gebührensituation zu finden. Dabei vergleichen wir uns auch mit anderen Städten, um zu sehen: Wo stehen wir denn? Und – wo stehen wir denn? Neuschwender: Wir vergleichen uns mit Mainz oder auch Saarbrücken. Da gibt es ähnliche Probleme wie in Ludwigshafen, zum Beispiel in dichten Siedlungen wie im Hemshof. Darüber diskutieren wir. Dillinger: Wir müssen Prioritäten setzen, haben aber keine Reserven. Neuschwender: Außerdem wird es immer schwieriger, Personal für uns zu gewinnen. Obwohl die Stadt ein sicherer Arbeitgeber ist? Dillinger: Ja. Denn die Verdienstmöglichkeiten im öffentlichen Dienst sind wie sie sind. Gerade im Kraftfahrerbereich. Da hat man in der freien Wirtschaft andere Möglichkeiten. Der demografische Wandel macht sich bemerkbar. Neuschwender: Wir versuchen, über Personalleasing Löcher zu stopfen. Aber bis ein Kraftfahrer auf einer Spezialmaschine eingearbeitet ist und er die Tourenpläne kennt, das dauert. Was halten Sie von den Vorschlägen der Leser, den Tourenplan der Straßenreiniger zu veröffentlichen oder ein befristetes Halteverbot für die Kehrtage einzurichten? Dillinger: Ein Tourenplan ist wegen der nötigen Flexibilität in der Straßenreinigung nicht machbar. Aber wir müssen die geltenden Reinigungsklassen für die einzelnen Straßen deutlicher kommunizieren. Ich kann mir eine Broschüre vorstellen, in der wie im Müllkalender jene Wochen markiert sind, in denen der WBL kehrt, und die Anliegerwochen. Neuschwender: Bei der Straßenreinigung brauchen wir mehr Flexibilität als bei der Müllabfuhr. Ich kann im Winter keine Reinigungsmaschine bei null Grad auf die Straße schicken, denn die fahren mit Wasser. Bekommen die Bürger ihre Gebühren erstattet, wenn sie nachweisen können, dass nicht gekehrt wurde? Dillinger: Ja, wenn die Straßenreinigung über einen längeren Zeitraum flächendeckend ausfällt. In der Lagerhausstraße in Süd zum Beispiel werden derzeit wegen des Straßenausbaus keine Gebühren erhoben. Aber bei einem etwas längeren Wintereinbruch, wie wir ihn gerade erleben, gilt das nicht. Neuschwender: Wir sind beim WBL technisch so aufgestellt, dass wir genau dokumentieren können, wann eine Kehrmaschine wo war. Wenn über einen längeren Zeitraum nachweisbar nicht gekehrt wurde, liegt es uns fern, das nicht anzuerkennen. Was halten Sie von befristeten Halteverboten, damit die Kehrmaschinen besser durchkommen? Dillinger: Mannheim macht dazu gerade ein Pilotprojekt, das werden wir beobachten und die Auswertung abwarten. Wir überlegen auch, ob man in einzelnen Quartieren regelmäßig einen Großputztag ansetzt. Da könnten dann großflächige Halteverbote ausgewiesen werden und gemeinsam mit Initiativen eine Grundreinigung gemacht werden.

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