Landau „Hände weg von Weinbergen“

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Der Landauer Stadtrat hat gestern Abend ein ganzes Paket zur Stadtentwicklung beschlossen. Damit sind die Gründung einer Wohnungsbaugesellschaft und einer Baulandentwicklungsgesellschaft auf dem Weg. Heftig umstritten war die Festlegung auf mögliche Flächen im Westen der Stadt. 23:17 lautete das Votum dafür.

Das öffentliche Interesse war sehr groß. Rund 50 Zuhörer verfolgten die über zweistündige Debatte zu den insgesamt vier Tagesordnungspunkten. „Landauer Größenwahn“ stand auf einem Transparent, das in den Ratssaal getragen wurde. Auslöser der Entwicklung war die Wohnungsmarktanalyse, die der Stadtrat Ende 2014 in die Hände des EBZ-Instituts Inwis der Uni Bochum gelegt hat und die für 2030 einen Bevölkerungszuwachs auf 47.400 Einwohner prognostiziert. Durchaus überraschende Erkenntnisse, betonte Oberbürgermeister Thomas Hirsch (CDU). Die Stadt muss also handeln. Mit großer Mehrheit verabschiedete der Rat das Wohnraumversorgungskonzept, ein Instrument für die künftige Planung. Während der Stadtrat in diesem Punkt und auch bei den grundsätzlichen Erwägungen für eine Initiative „Landau baut Zukunft“ den Argumenten der Stadtverwaltung noch folgen konnte, gingen die Wogen sehr hoch bei der Festlegung der Flächen, die als Bauland infrage kommen könnten. Das Rathaus hat sechs Flächen von insgesamt 100 Hektar im Westen und im Südwesten der Stadt ausgedeutet – davon zwei als Reserve, die auf ihre Bebaubarkeit hin untersucht werden sollen. An anderen Stellen gebe es keine Möglichkeiten zur Siedlungserweiterung mehr, argumentieren Bauamt und Stadtspitze (wir berichteten am 20. Februar). Stein des Anstoßes sind 55 Hektar bestes Weinbergsgelände, nahezu ein Viertel der von Wollmesheimer Winzern bewirtschafteten Flächen. „Es geht nicht an, als größte Weinbau treibende Gemeinde Deutschlands einfach die Weinbauflächen zuzubauen“, brachte Gertraud Migl (Pfeffer&Salz) die vorherrschende Meinung im Rat auf einen Nenner. „Wir brauchen einen Anfangspunkt“, entgegnete Hirsch. Es gehe darum, die richtigen Flächen zu finden, die ab 2020 neues Bauland sein könnten. „Uns ist bewusst, dass es dort wertvolles Weinbauland gibt, dass es ökologische Hindernisse geben wird. Aber wir können nicht am grünen Tisch aus der Hüfte entscheiden, sondern brauchen einen großen Horizont.“ Schon allein, um Bodenspekulationen zu verhindern, müsse das Gebiet so groß sein. Wenn sich herausstelle, dass die Weinberge unantastbar seien, lasse sich das Gebiet wieder eindampfen. „Umgekehrt geht es nicht.“ „Es ist nicht grad wurschtegal, welche Flächen untersucht werden“, konterte Hannes Kopf, stellvertretender SPD-Fraktionsvorsitzender. Die Einleitung vorbereitender Untersuchungen sei eine sinnvolle Ergänzung der Wohnungsmarktanalyse, aber „wir hätten die Finger von den Weinbergen lassen sollen“. Die Äcker zu untersuchen, wäre seiner Meinung nach ausreichend gewesen. Die SPD-Fraktion war in dieser Frage gespalten. Für Peter Lerch ist die Bauland-Untersuchung die logische Konsequenz der vorangegangenen Beschlüsse. „Es bedarf konkreter Umsetzungsschritte.“ Es gehe um einen Sicherungsbeschluss und nicht um einen Schnellschuss. An die Adresse der Betroffenen sagte er: „Lassen Sie Ihre Argumente mit einfließen.“ Eine klare Absage erteilten die Grünen den Plänen. Fraktionsvize Doris Braun sprach von Gigantomanie im Stil der 70er-Jahre. Der kurzfristige Bedarf an bezahlbarem Wohnraum falle angesichts dieser Planung hinten runter. „Wir peitschen das doch ä bissl schnell durch“, kritisierte Wolfgang Freiermuth, FWG-Fraktionschef, dass die Pläne erst am 20. Februar öffentlich bekannt wurden. Die FWG werde Weinberge nicht zu Bauland machen. Michael Dürphold und Linda Klein wehrten sich dagegen, „dass man das überhaupt in Erwägung zieht“ und unnötig Geld ausgebe. Zu sagen, „Hände weg von Weinbergsflächen“ wäre laut Migl ein Kompromiss, für den der Rat den Mut nicht habe. (sas) bericht folgt

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