Neustadt Flüchtlinge in Neustadt: Anlaufstelle Moschee

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Das Freitagsgebet ist für Muslime das wichtigste, und an diesem Tag ist die Zufahrt zur Moschee in der Lachener Straße um die Mittagszeit gut zugeparkt. Gegen halb zwei beginnt die Ansprache des Imam, der wichtigste Teil des Gebets. Spätestens dann sollen die Gläubigen im Gebetssaal sein, die meisten treffen jedoch schon viel früher ein. Rund 70 Prozent der mittlerweile 250 bis 300 Moschee-Gänger, so schätzt der Vorsitzende der Islamischen Gemeinde Salih Yavas, sind türkischer Abstammung. Der Rest kommt aus den verschiedensten Ländern: Afghanistan, Somalia und Syrien sind nur einige davon. Die Gemeinde, so betont das langjährige Mitglied Omar Bader, sei schon immer multikulturell gewesen. Doch seit auch in Neustadt Flüchtlinge in größerer Anzahl aufgenommen werden, ist die Gemeinde nicht nur um 25 bis 30 Prozent gewachsen, sondern auch bunter geworden. Bader betont, dass in der Moschee alle willkommen seien, unabhängig von ihrer Nationalität, Hauptfarbe und Glaubensrichtung. Konflikte, etwa wegen unterschiedlicher Glaubensauffassungen, gebe es nicht. Auch die Sprache sei kein Hindernis, obwohl die Flüchtlinge meist weder türkisch noch deutsch sprechen. „Irgendjemand findet sich immer, der übersetzen kann.“ Bader, der vor gut 30 Jahren selbst als Flüchtling nach Deutschland kam, gehört zu denjenigen, die sich um die Neuankömmlinge kümmern. Der Enddreißiger stammt aus einer syrisch-libanesischen Familie, die in den 80er Jahren vor dem Bürgerkrieg im Libanon fliehen musste, und spricht fließend arabisch. „Die Leute brauchen Hilfe, und wir tun, was wir können“, sagt er. Vor allem gehe es um Unterstützung bei Sprachproblemen und im Umgang mit Behörden. In der Moschee seien aber auch schon Kleider gesammelt worden, auch finanzielle Hilfe werde gelegentlich gewährt. Feste Strukturen gibt es für die Hilfsangebote der Moschee nicht. Kein Büro mit bestimmten Öffnungszeiten, keine Liste mit Ansprechpartnern. „Die Leute fragen sich durch“, erklärt Bader. Er selbst kümmert sich beispielsweise um eine somalische Familie. Ahmed, den Familienvater, nimmt er regelmäßig mit zum Freitagsgebet. „Das ist wichtig für mich“, sagt Ahmed. Drei Jahre sei die Familie schon hier und warte noch immer auf ihre Anhörung. Die ersten Gläubigen kommen am Freitag bereits zwischen 12.30 und 13 Uhr. Einige gehen sofort in den Gebetsraum, andere stehen zunächst in Grüppchen im Vorraum zusammen und essen eine Kleinigkeit, die es an diesem Tag dort zu kaufen gibt. Für das Angebot zuständig sind Frauen, die ansonsten kaum zu sehen sind. Das Freitagsgebet ist für muslimische Männer Pflicht, für Frauen dagegen nicht. Frauen beten auch nicht zusammen mit den Männern im Gebetsraum, sondern auf einer Empore im ersten Stock. Über die informelle Hilfe für Flüchtlinge hinaus stellt die Islamische Gemeinschaft für den Deutsch-Unterricht, den die Stadt organisiert, einen Raum bereit. Zudem gab es gemeinsame Veranstaltungen, wie ein Willkommensfest. Auch am Runden Tisch zur Flüchtlingsfrage war der Imam der Moschee bisher beteiligt, die Stadt geht davon aus, dass sich daran auch nach dem Wechsel in diesem Amt nichts ändert. Der neue Imam, Mustafa Caliskan, hat laut Verwaltung bereits den Kontakt zur Stadt gesucht. „Wir würden es begrüßen, wenn die gemeinsamen Aktivitäten wieder intensiviert würden“, sagt Stadtpressesprecherin Dagmar Staab. Insgesamt bezeichnet die Stadt das Verhältnis zur Moschee-Gemeinde als unproblematisch. Die Serie Das Thema Flüchtlinge in Neustadt umfasst viele Aspekte. Wie stellen sich Kindertagesstätten und Schulen auf? Was bedeutet Flüchtlings-TV? Wie läuft es bei den Deutschkursen, wie auf dem Arbeitsmarkt? Diese und andere Themen wollen wir in loser Folge aufgreifen.

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