Kreis Germersheim Eigenes Gemüse ernten lassen

„Bauer sucht – nein nicht Frau - sondern solidarische Unterstützung“. Dahinter steht die Idee einer ortsnahen Lebensmittelversorgung mit hohem Qualitätsstandard und die Akzeptanz der Verbraucher, dass Naturprodukte nicht immer planbar sind. Bereits über 60 Bauerhöfe – der nächst in Freiburg – gibt es in Deutschland, die nach dieser Idee wirtschaften. Einer davon befindet sich im südlichen Landkreis Germersheim.

„Bisher haben sich immer Familien einen Bauernhof gesucht, ich mache es mal umgekehrt“, lacht Michael Groß. Denn für Familie Groß vom Minfelder Schoßberghof kann es einfach nicht sein, dass Produkte ihres Bioland-Betriebs beim Großmarkt keinen Absatz finden, weil es gerade zu viel Salat gibt, die Möhren krumm gewachsen oder die Kohlrabi zu klein geraten sind. Die Verbraucher müssen verstehen, dass es trotz aller Fachkenntnis, Erfahrung und Planung in der Landwirtschaft keinen Output industriell genormter Erzeugnisse mit exakt vorberechneten Mengen geben kann, sagt Groß. Die Alternative könnte die weltweite Idee „SoLaWi – solidarische Landwirtschaft“ sein, bei der sich mehrere Haushalte einen Bauernhof teilen, dafür wöchentlich regionale und saisonale Bio-Lebensmittel gegen Zahlung eines monatlichen Festbetrages erhalten. Es ermöglicht einerseits dem Landwirt mit einem festen Kostenbeitrag zu kalkulieren und es erfordert andererseits von den Mitgliedern Verständnis für die Besonderheiten und Unwägbarkeiten der Natur. Es wird im Winter Rosenkohl gegessen und keine Tomaten, Gurken oder Paprika, im Sommer dagegen gibt’s Gemüse von Auberginen bis Zucchini samt Salate und Kräuter. Solidarisch heißt auch, hohe Erträge an Kartoffeln werden ebenso geteilt wie magere Ernten, weil Schädlinge schneller waren oder ein Hagelsturm die Ernte minimiert. „Letztes Jahr hat es die fast reifen Erdbeeren verhagelt, da hätt′ ich weinen können“, erzählt Marion Groß und schwärmt anschließend von ihren vielen Gemüsesorten, die die Verbraucher oft gar nicht mehr kennen. So ist „Schwarzkohl nicht kohlschwarz“ und „Mangold silber“ kein chemisches Element, aber beide schmecken prima, wenn Marion Groß die passenden Rezepte dazu liefert. Und was die neuen solidarischen Mitstreiter besonders gerne auf dem Teller haben möchten, muss nun bald klar sein, denn entsprechend müssen Samen oder Setzlinge jetzt im Frühling in die Erde gebracht werden. Zur ersten Informationsveranstaltung im Schoßberghof waren fast 50 Interessenten gekommen; dieser solidarischen Gärtnergruppe möchte Michael Groß etwa 12 Prozent seiner Fläche zur Verfügung stellen, dazu seine Arbeitskraft, seine Maschinen und seinen Sachverstand. Im Gegenzug erwartet er einen festen Kostenbeitrag, nach Möglichkeit Mitarbeit und die Abnahme erntereifer Produkte. Viele Detailfragen werden bis zum Start noch zu klären sein, die Rechtsform dieser Kooperation, die Abgrenzung zum Schoßberghof, die freiwillige oder verpflichtende Mithilfe, die Logistik, die Menge pro Familie und die Höhe des Kostenbeitrages. „Hier bezahlt man nicht alleine die Tomaten oder Kartoffeln sondern eine besondere Idee“, meinte eine Besucherin und verwies auf die Vereinbarkeit von Ökonomie und Ökologie. Dass so eine Gartenkooperative höchst familienfreundlich ist, zeigte sich beim großen Spaß der vielen Kinder bei einer anschließenden Planwagenfahrt über das Gelände. Und mit seinem letzten Trumpf hat Michael Groß sicher noch weitere Besucher überzeugt: „Wir müssen eine Gemeinschaft werden mit gegenseitiger Offenheit und Vertrauen. Wer feste arbeitet soll auch Feste feiern, bei uns gibt es Hoffeste, Picknicks und Erntedank“. (bp)

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