Kreis Bad Duerkheim Brave Ritter und düstere Gestalten

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Habt Acht, ihr Leser dieses Blattes, und erfahret, was in den vergangenen beiden Tagen auf der Hardenburg geschah: Daselbst kamen viel Menschen zum großen Burgfest mit stolzen Edelleuten und rüstigen Rittern, doch auch mit Gästen aus anderen Zeiten, sodass sich die Jahrhunderte bunt untereinander mischten.

Aus vielen Mündern hörte man, wie groß und staunenswert die Hardenburg der Grafen von Leiningen über dem Tal der Isenach errichtet sei. Wegen dieses Ansehens hatten viele den weiten Weg nicht gescheut. Ein Heerlager mit Rittern, Söldnern und Gesinde schlug seine stattlichen Zelte vor den Burgmauern auf, und auf dem befestigten Schloss zeigten sich die Ritter im glänzenden Rüstzeug und tapfer im Schwertkampf. Auch in diesem Jahr dabei war die Veytaler Ritterschaft. Vor den Augen des Volkes vollführte sie ein Schauspiel um wahre Liebe. Die glückliche Wendung trug sich zu, als der verwegene Bauer Hannes zum Ritter von Ramsberg geschlagen wurde. Das Volk rief ihm zu Ehren „Huld und Jubel“, und es gab viel Handgeklapper. Auch die Knaben und Mägdelein freuten sich. Zu ihrer Belustigung drehte sich ein Karussell, und Chnutz vom Hopfen erzählte ihnen an geheimen Stellen der Burg wunderbare Märchen. Ebenso von Fabulix wurde den Kindlein Märchenhaftes geboten. Noch dazu konnten sie fleißig das Bogenschießen und Axtwerfen üben oder sich beim Schmied Ranak vom See am heißen Eisen erproben. Des Weiteren kamen etliche Kaufleut und Handwerker mit ihren Karren gefahren, um im Burghof ihre Ware feilzubieten. Da gab es wertvolles Edelgestein, allerlei Bildwerke, beste Tücher, Gewürze, Seifen, taugliches Lederwerk und zahllose Waffen. Auch für köstliche Leckereien war gesorgt. Aus den Garküchen qualmte es mächtig, und manche tranken gar viele Humpen Met- und Biersorten leer. Um Licht in dunklen Zeiten zu geben, war auch ein Laternenmacher gekommen. Auch an diesen schönen Sonnentagen zeigte der kalte, dunkle Abend, dass der Herbst an die Türen klopft. Licht tat doppelt not, denn auf der Hardenburg trieben sich einige düstere Gestalten umher. Da war auch der mürrische Knecht Chlodwig der Franke, der als Wache ein Auge auf all das Treiben hatte, aber dann wie manch anderer von furchtlosen Kindern das Fell voll bekam. Üble Raubritter hatten die Schatzkiste des Trolls mit dem Lächeln der Menschen geraubt. So berichtete es die getreue Fabulix, die den Kindern Knüppel aus weichem Stoff, auch Schaumstoff genannt, aushändigte. Da hieben die Kinder auf die gepanzerten Bösewichter ein, dass denen Hören und Sehen verging und sie bald am Boden lagen. Zur Freude aller Braven kam der Schatz wieder in die richtigen Hände. Derweil fingen die Spielleute Brunhilla von Reichenstein und Taravas mit Flöten, Trommeln und Dudelsack zu musizieren an, und der Gaukler Jeremias zeigte seine wirbelnden Kunststücke, dass es dem Volk wohl gefiel. Man konnte aber auch ungläubig staunen über edel gewandete Burgfräulein mit glimmenden Stengeln im Mund. Ebenso wunderlich zu sehen waren die vielen Leut, die immerzu auf flache flimmernde Kästchen gafften. Als der Abend des ersten Tages ins Dunkel sank, da sah man als Spectaculum ein feuriges Tavernenspiel. „Leben Anno 1482“ ließ mit brennenden Bällen und Fächern die alten Mauern im Feuerschein leuchten. Als aber am zweiten Abend das Fest ausklang, durften auch die Büttel nach Hause gehen, in späterer Zeit Sicherheitsdienst genannt. Die haben manche Müh und Arbeit damit gehabt, dass viele mit ihrem Fuhrwerk „direkt vor die Burg“ fahren gewollt. So geht es eben zu, wenn die Zeiten sich mischen. Doch als die große bunte Schar schließlich wieder abzog, blieb die alte Hardenburg still und unbevölkert zurück, und das schwere Burgtor ward wieder sicher verschlossen. | lad

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