Pirmasens Angeboten werden die „letzten Löcher“

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Die Situation der Menschen, die im Caritas-Zentrum Beratungsleistungen in Anspruch nehmen, hat sich verschärft. Hauptprobleme sind knappes Geld, Leben mit Hartz IV und die Wohnungssuche. Über den Jahresbericht 2013 sprach David Aumer, Leiter des Zentrums, mit der RHEINPFALZ.

Nach Angaben von David Aumer, Leiter des Caritas-Zentrums in Pirmasens, haben im vergangenen Jahr 1771 Personen in 4760 Beratungssitzungen Rat, Hilfe und Unterstützung gesucht. Es bestehe ein „unverkennbarer Zusammenhang zwischen prekären Lebensverhältnissen und dem hohen Niveau der Fallzahlen“, heißt es beim Caritas-Zentrum Pirmasens. Die Wohnungssuche gestalte sich zunehmend schwieriger, da die von Hartz IV erstatteten Beträge in der Regel zu gering seien. „Sogar bei örtlichen Wohnungsbauunternehmen mit sozialer Ausrichtung war entsprechend preislich gestalteter Wohnraum rar“, stellt der Caritas-Jahresbericht fest. Die Höhe des Hartz-IV-Satzes stelle bei der Wohnungssuche gerade für Einzelpersonen ein großes Problem dar. Als angemessen gelte für eine alleinstehende Person ein Quadratmeterpreis von 3,58 Euro und maximal 50 Quadratmeter, also maximal eine Kaltmiete von 179 Euro. Wohnungen zu diesem Preis seien rar und oft die „letzten Löcher“. Es stünden zwar in Pirmasens viele Wohnungen leer, aber keine nach Hartz IV „angemessenen“, erklärt Reinhard Glöckler, Sozialpädagoge und Fallberater beim Caritas-Zentrum. Wenn die Wohnungssuchenden dann eine teurere Wohnung anmieten, müssten sie nicht nur die Differenz bei der Miethöhe aus dem allgemeinen Regelsatz dazu legen, sondern auch die entsprechende Differenz bei Nebenkosten und Heizung, verdeutlicht Glöckler die Problematik. Diese Beträge fehlten dann für andere Ausgaben. Verstärkt kämen auch Kunden mit der Bitte um Hilfe bei angedrohter Energiesperre zu ihnen, wobei Stromzähler oft zu teuer seien, da über den Preis für den auf diese Weise bezogenen Strom auch die Stromschulden abgebaut würden. Häufig würden dabei Beträge verlangt, die über dem vollen Hartz-IV-Regelsatz lägen und damit keine Hilfe darstellten, verdeutlicht Glöckler die Problematik. Vermehrt sei auch das Beratungsangebot der psychischen Stabilisierung in Anspruch genommen worden, wobei die psychische Belastung oft erst nach mehreren Beratungsterminen wegen anderer Probleme offenkundig werde und die gesamte Familie belaste, sagt Aumer. Arbeitsdruck, Trennung und Tod seien oft die Ursachen. Zuhören helfe oft schon viel und überbrücke die langen Wartezeiten von bis zu acht Monaten bei einem Facharzt. Im Fachbereich Erziehungs-, Ehe und Lebensberatung wurden im Jahr 2013 laut Bericht 571 Personen, davon 304 Männer und 267 Frauen, in 1250 Gesprächen beraten. Aus der Stadt Pirmasens kamen dabei 36 Prozent der Ratsuchenden, aus dem Landkreis Südwestpfalz 57 Prozent. Es sei ein neuer Rekord von Kindern und Jugendlichen zu verzeichnen, die bei einem alleinerziehenden Elternteil lebten. Im Kurs „Mama mia“, der sich allein durch Spenden finanziere, würden die Kunden über Jahre begleitet und finanziell unterstützt. Gut angenommen worden seien die Vorträge an Elternabenden über „positive Autorität“: „Wie setze ich mich durch, ohne mich in unnötige Machtkämpfe zu verwickeln?“. Keinen Trend nach unten zeige auch der Kinderschutzdienst, sagt Aumer. In über 60 Prozent der Fälle sei sexuelle Gewalt ein Thema, wobei Jungen häufiger betroffen waren als Mädchen; dies könne jedoch daran liegen, dass hier langsam ein gesellschaftliches Tabu um sexuelle Gewalt an männlichen Opfern schwinde. In der Schwangerschaftsberatung sind laut Bericht im Jahr 2013 insgesamt 250 Kundinnen beraten worden, die sich oft in einer mehrfachen Belastungssituation befunden hätten. Als großes Problem habe sich dabei oft und früh die Betreuungsfrage dargestellt. Viele Kundinnen seien im Niedriglohnsektor mit sehr flexiblen Arbeitszeiten wie spät abends und am Wochenende tätig. Die Kita sei deshalb nur teilweise eine Lösung. Familienangehörige, die Betreuungslücken füllen könnten, seien oft nicht vorhanden. Für 2014 sei geplant, ein neues Pilotprojekt „Multi-Familien-Training“ in Dahn zu starten. Dieses bringe fünf bis sechs Familien mit dem gleichen Problemhintergrund zusammen und miteinander in Kontakt. „Menschen sehen oft die Probleme bei anderen, aber nicht bei sich selbst“, erklärt Aumer den Sinn solcher Gruppenberatungen. Die Familienmitglieder sollen durch die Probleme der anderen für ihre eigenen Problemlagen sensibilisiert werden und so ihre Kompetenzen erweitern. Dank einer Kollekte der Diözese Speyer im vergangenen Jahr, bei der 60.000 Euro gesammelt worden seien, können dieses Jahr 25 Familien, die sich sonst keinen Urlaub leisten könnten, in der Bildungsstätte Heilsbach bei Schönau einmal für fünf Tage von den Alltagsproblemen abschalten, freut sich Aumer.

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