Kusel Ärztliche Bereitschaft: Wer fährt nach Jettenbach?

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Peter Jentzsch hat in Jettenbach neu gebaut. Seinen Altersruhesitz errichtete er sich zusammen mit seiner Frau im Musikantendorf. Dass dieses jedoch in einem „versorgungstechnischen Todesstreifen“ liegt, ahnte er nicht. Doch genau diese Auskunft habe er in einer medizinischen Notsituation von der ärztlichen Bereitschaftsdienstzentrale in Kusel erhalten, sagt der 51-Jährige.

Wie Jentzsch schildert, benötigte er am 19. August, freitagabends, wegen starker Rückenschmerzen einen Arzt zu Hause. Er wählte die Telefonnummer des Bereitschaftsdienstes 116117 und wurde – völlig korrekt – mit der Bereitschaftsdienstzentrale am Kuseler Klinikum verbunden. „Dort erhielt ich die Auskunft, ich könne nach Kusel kommen, aber die Ärzte führen nicht nach Jettenbach“, sagt Jentzsch. Daraufhin habe er es in Meisenheim bei der Bereitschaftsdienstzentrale probiert. Schließlich sei noch im Mai ein Arzt aus Meisenheim zu ihm nach Hause gekommen, als er eine Spritze benötigte. Allerdings erhielt er jetzt bei der Bereitschaftsdienstzentrale im Gesundheitszentrum Glantal die – wiederum völlig korrekte – Auskunft, dass die für Meisenheim eingeteilten Ärzte nur bis Rutsweiler/Lauter fahren dürften. Er müsse sich nach Kusel wenden. „In Kusel war man überrascht, und musste das erst einmal klären“, berichtet Jentzsch der RHEINPFALZ. Er sagt, die Frau habe extra nachgefragt, ihn nach einigen Minuten zurückgerufen und Jentzsch zufolge erklärt: „Es tut mir leid, aber nach einer Neuordnung ist Jettenbach versorgungstechnisch ein Todesstreifen.“ „Das war eine äußerst unangenehme Erfahrung“, sagt Jentzsch, „noch dazu unter starken Schmerzen.“ Seine Frau habe ihn schließlich nach Kusel gefahren. Dort habe er eine Spritze erhalten, die ihm kaum geholfen habe. Als er nach Hause kam, habe er doch den Notarzt rufen müssen – der seiner Meinung nach eher andere Aufgaben hat. Jentzsch kam daraufhin ins Krankenhaus nach Meisenheim und blieb wegen Bandscheibenproblemen mehrere Tage zur Behandlung. Nach Angaben der Kassenärztlichen Vereinigung Rheinland-Pfalz steht es Patienten frei, welche Bereitschaftsdienstzentrale sie aufsuchen. Die örtliche Zuteilung spiele nur dann eine Rolle, wenn – wie im Falle von Jentzsch – ein Hausbesuch in Anspruch genommen werden muss. Die Bereitschaftsdienstzentrale organisiert, wer für den jeweiligen Aufenthaltsort zuständig ist. Seit 1. Juli ist grundsätzlich die Bereitschaftsdienstzentrale in Kusel für Jettenbach zuständig, erklärt der Leiter der Bereitschaftsdienstzentrale Kusel, Michael Kurtz. Dies sei so auch kommuniziert worden. Er verstehe den Ärger des Patienten, räumt der Mediziner ein. Allerdings sagt Kurtz auch, dass sich der Fall im Nachhinein nicht mehr nachvollziehen lasse. Er nehme die Kritik des Patienten durchaus ernst und sei gerne bereit, persönlich mit ihm zu sprechen. Doch sei faktisch nicht mehr zu prüfen, was am Telefon gesprochen worden sei. Jentzsch informierte unterdessen die RHEINPFALZ, er habe herausgefunden, dass auch in Meisenheim ein „falscher Plan“ der Zuständigkeiten hing. „Die Informationen der Kassenärztlichen Vereinigung sind eine Katastrophe“, folgert der 51-Jährige. Die Zuständigkeiten seien den Leitern der Bereitschaftsdienstzentralen kommuniziert worden, betont dagegen der Pressesprecher der Kassenärztlichen Vereinigung Rheinland-Pfalz, Rainer Saurwein, auf Nachfrage der RHEINPFALZ. Zudem gingen schriftliche Informationen an die dienstverpflichteten Ärzte. Saurwein: „Es sollte jeder wissen.“ Daher ist es nach seinen Angaben auch „nicht zu akzeptieren“, wenn ein Patient eine falsche Auskunft erhalte. „Wer die Nummer 116117 vom Festnetz aus wählt, kommt automatisch bei der zuständigen Bereitschaftsdienstzentrale an.“ Wer vom Mobiltelefon aus anrufe, werde nach dem Aufenthaltsort gefragt. Denn die Kassenärztliche Vereinigung hat laut Saurwein großes Interesse daran, dass sich Patienten außerhalb der Öffnungszeiten der Ärzte von Medizinern der Bereitschaftsdienstzentralen behandeln lassen, um die ohnehin überlasteten Notfallzentralen für die echten Notfälle nicht zu blockieren. |suca

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