Ludwigshafen Ziemlich beste Freundinnen

„Keine Berührungsängste“: Veronica Ferres spielt diesmal ein gefallenes Schlagersternchen.
»Keine Berührungsängste«: Veronica Ferres spielt diesmal ein gefallenes Schlagersternchen.

„Unter deutschen Betten – Eine polnische Putzfrau packt aus“ war 2011 ein Bestseller. Das vorgebliche Enthüllungsbuch, das seinerzeit die Diskussion um Arbeitsmigration, Billiglohn und Schwarzarbeit befeuerte, kommt nun als Komödie ins Kino. Die bekannte Hauptdarstellerin und Produzentin Veronica Ferres präsentierte ihre Verfilmung im Mannheimer Cineplex.

„Justyna Polanska ist 32 alt und stammt aus Polen. Möglicherweise putzt sie auch in Ihrer Wohnung“, hieß es damals im Klappentext des Buches, das viel Aufsehen erregte. Als Autorin galt tatsächlich diese „Justyna Polanska“, bis sich herausstellte, dass der Psychologe Holger Schlageter („Nach Burn kommt Out“) aus Groß-Umstadt dahintersteckt. Justyna Polanska lautete lediglich das Pseudonym, das er sich zugelegt hatte, um seine „Enthüllungen“ authentischer erscheinen zu lassen. „Als ich das Buch gelesen habe, war mir sehr schnell klar, dass das eine große Komödie sein kann“, meinte Veronica Ferres in Mannheim. Sie erwarb die Option, das Buch zu verfilmen, und wurde als Produzentin zur treibenden Kraft des Projekts. „Eine Putzfrau hat so viel Geheimwissen: Was haben die Auftraggeber abends gegessen, was ist im Mülleimer, wie sieht das Bett aus, und was findet man unter den Betten?“ schildert sie die Faszination oder schlicht Neugierde, die sie dabei leitete. „Was mich interessiert hat, war ein Blick hinter die Kulissen, die Idee, einfach mal den Vorhang wegzuziehen.“ Im Zentrum ihres Films steht jedoch nicht die Putzfrau Justyna Polanska (gespielt von der Polin Magdalena Boczarska), sondern die von Veronica Ferres gespielte Schlagersängerin Linda Lehmann, die sie beschäftigt. Sie ist ein oberflächliches, verwöhntes One-Hit-Wonder, deren Comeback krachend scheitert, als sie erkennen muss, dass ihr Freund und Produzent Friedrich Berger (Heiner Lauterbach) sich längst ein neues, jüngeres Sternchen geangelt hat. Zu Hause steht sie vor verschlossener Tür, da er den Zugangscode zur Villa geändert hat und mit der Rivalin abgerauscht ist. Die Einzige, die ihr nun noch helfen kann, ist die Putzfrau, deren Namen Linda nicht einmal kennt. „Sie ist eine hohle, oberflächliche, dumme Nuss, die von ganz oben nach ganz unten fällt“, charakterisiert Veronica Ferres ihre Rolle. „Linda Lehmann muss erst Glitzer und Glamour, Anerkennung und Reichtum verlieren, bevor sie ein unschätzbares Gut findet, das das größte von allen ist, nämlich wahre Freundschaft.“ Die Schauspielerin zeigt sich bereit, sich zum Affen zu machen, um den tiefen Absturz ihrer Figur zu vermitteln. „Das war absolut wichtig, und ich habe da auch gar keine Berührungsängste“, beteuert Ferres, wenn sie beschreibt, wie sie in ihrer Rolle dreckige Toiletten putzt oder in der Katzenklappe steckenbleibt, weil ihr Gesäß zu dick ist. Andere hätten sich womöglich nicht getraut, ihr solche Szenen ins Drehbuch zu schreiben oder Heiner Lauterbach Zeilen in den Mund zu legen, die Linda Lehmann eindeutig abwerteten („Du bist fünf Kilo zu fett und 20 Jahre zu alt“), aber sie habe darauf bestanden. „Ich finde es wunderbar, wenn man sich selber nicht so ernst nimmt“, sagt Ferres. „Bei mir ist ja auch zu viel dran, ich bin fünf Kilo zu fett, das weiß ich, aber ich bin es gerne“, sagt sie. „Und ich bin auch nicht mehr die Jüngste, ich bin 52 Jahre alt, aber ich habe in dem Film alle Stunts selber gemacht.“ Es gehe ihr nicht um das politische oder sozialkritische Potenzial, das der Stoff sicher auch besitze. „Es geht mir um das Menschliche.“ Was machst du, wenn du auf die Nase fällst, laute die Frage, die der Film in erster Linie verhandle. „Ich habe in meinem Leben die Erfahrung gemacht, wie unglaublich wichtig es ist, eine Hand zu haben, die einem hilft wiederaufzustehen, wenn man mal unten ist.“ Auch sie selbst habe die Höhen und Tiefen des Lebens erlebt, aber sie habe eine beste Freundin, was sie sehr zu schätzen wisse. „Wahre Freundschaft ist schön und wichtig.“

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