Zweibrücken Alles begann mit einer schweren Krankheit

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Es gibt Menschen, die machen Kneipkuren, andere machen Kneippkuren. Erstere sind in der Regel männlichen Geschlechts aller Altersgruppen und ziehen gleich streunender Kater nächtens durch die Gemeinde, auf der Suche nach durststillenden Stoffen. Manche verbinden damit auch die Suche nach verirrten Miezekätzchen. Die zweite Gruppe, sie zählt zu der Spezies der Kneippianer, trifft sich in der Regel am späten Nachmittag in der Fasanerie am oder im Kneippbecken, um mit der Anwendung des eiskalten Wassers auf die Hautoberfläche die körpereigenen Kräfte für die Gesundheit zu mobilisieren. Dieses Selbstheilungsverfahren verdanken sie dem 1821 geborenen Pfarrer Sebastian Kneipp. Lange bevor findige Gesundheitsmanager den Zauberbegriff „Sana per Aquam“ (Spa) zum Zwecke der Aufrechterhaltung von Gesundheit und Schönheit erfunden haben, mit Wellness-Oasen in Nobelherbergen, war Sebastian Kneipp schon bekannt und anerkannt als Hydrotherapeut. Es begann alles mit einer schweren Krankheit. Kneipp erkrankte 1849 an Tuberkulose. Damals war Kneipp Student an der Universität München und musste aufgrund der Krankheit seine Studien mehrmals unterbrechen. In der Hofbibliothek München suchte er nach Literatur, von der er hoffte, seinem Leiden abhelfen zu können. Dabei entdeckte er das 1738 erschienene Buch des Arztes Johann Siegmund Hahn mit dem Titel „Unterricht von Krafft und Wirckung des frischen Wassers in die Leiber der Menschen, besonders der Krancken, bey dessen innerlichen und äusserlichen Gebrauch“. Kneipp probierte die Empfehlungen von Hahn aus, badete mehrmals in der eiskalten Donau und wurde gesund, was ihn von der Heilkraft des Wassers überzeugte. Fortan beschäftigte er sich systematisch damit und behandelte als Student an Cholera erkrankte Kommilitonen. Als studierter Theologe setzte er seine Behandlungsmethoden fort und bekam dadurch massiven Ärger mit Apothekern und Ärzten, die ihn anzeigten, weil sie in Kneipp einen Kurpfuscher sahen, aber auch einen Konkurrenten. Gerichtlich wurde Kneipp dazu verdonnert, seine Heilverfahren einzustellen. Als jedoch in München und Umgebung 1853 eine Choleraepidemie ausbrach, wurde er trotz Therapieverbot wieder tätig und heilte als „Cholera-Kaplan“ nachweislich 42 Menschen. Nach seiner Versetzung nach Wörishofen entfaltete er eine rege Tätigkeit als Therapeut. Seiner Arbeit verdankt Wörishofen seine Entwicklung zu einem bekannten Kurort. Kneipps Heilmethoden machten ihn weltweit bekannt. Im Jahre 1894 ließ sich sogar Papst Leo XII. von Kneipp behandeln. Kneipp starb 1897 im Alter von 76 Jahren. Sein Wirken ist bis in die Gegenwart hinein deutlich sichtbar, unter anderem in den 600 Kneippvereinen in Deutschland mit über 160 000 Mitgliedern. Seinem Namen begegnet man inzwischen auf Medikamenten und Briefmarken, sogar eine Rose ist nach ihm benannt – und eine Straße in Zweibrücken auf dem oberen Himmelsberg. Selbstverständlich existiert in Zweibrücken auch ein Kneippverein.

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