Pirmasens Urban Priol lässt die Festhalle beben

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Zum wiederholten Mal gastiert der unterfränkische Kabarettist in Pirmasens und wieder brechen fast alle Zuschauer in der voll besetzten Festhalle in Jubelstürme aus. Urban Priol weiß mit seinem fast dreistündigen Programm „Gesternheutemorgen“ das Publikum zu begeistern.

Sein neues Programm war ursprünglich als Reminiszenz an 35 Jahre Kabarett gedacht, doch, wie er selbst sagt, erübrige sich ein Rückblick auf politische Missstände in der Vergangenheit, da viele Texte „eins zu eins“ in die heutige Zeit übertragbar seien. Mit der Erfahrung, dass gerade im politischen Geschehen das Heute morgen das Gestern ist, verbindet Priol Erinnerungen an seinen „Co-Kabarettisten“ Helmut Kohl (ganz aktuell: das Schadensersatzurteil) mit satirischen Hinweisen zu Politikern der Gegenwart und scheut sich nicht, auf gravierende Folgen der heutigen Politik hinzuweisen. Selten sei die Zeit für das politische Kabarett so leicht und gleichzeitig so schlecht geraten, merkt er an. Deshalb bekommen alle politische Größen ihr Fett ab. Ob er „Trumps Tourette-Syndrom“ oder den „Morbus Dobrindt“ („krankhaftes Festhalten an dem Blödsinn Maut“) analysiert, die CSU als AfD in Lederhosen bezeichnet oder der SPD konstatiert, sie habe keinen „Arsch in der Hose“, sondern mache in jede Hose, die man ihr hinhalte – seine beißende Kritik spart keine Politprominenz aus. Natürlich kann er sich darauf verlassen, bei seinem Publikum aufgrund des gemeinsamen politischen Standpunkts den größtmöglichen Applaus zu erzielen. Sein niveaureicher Sprachwitz und seine extrem professionelle Pointierungstechnik lösen beim Publikum immer wieder Lachsalven aus. Seine Fähigkeit, stimmliche Parodien auch meist schauspielerisch perfekt zu untermalen, ermöglicht es ihm, eine große Palette staatstragender Persönlichkeiten vor dem Auge des Zuschauers erscheinen zu lassen. Ob Kohls Bräsigkeit, Merkels sinnentleerte Phraseologie , Kretschmanns religiöse Gefühlsduseleien oder Seehofers Diktatorenbeschmusung – keiner wird verschont. Priols „Vortrag“ erscheint auf den ersten Blick ungeordnet. Scheinbar assoziativ springt er von einem Missstand zum anderen, von einer Politgröße zur nächsten. Doch bei näherer Betrachtung fällt auf, dass er immer wieder Bezüge zu schon fast vergessenen Themen hergestellt. Oft verbindet er so verschiedene, meist witzige Geschichten miteinander oder greift einen roten Faden szenisch wieder auf. Außerdem überrascht er mit besonderen schauspielerischen Einlagen. Die wohl schönste und sehr hintergründig satirische Szene ist ihm mit der Wiedergabe eines Funkkontakts eines Beamten der italienischen Flugaufsicht in der Amtssprache Englisch gelungen. Die Zuschauer biegen sich vor Lachen. Wiederum sehr ernst ist seine Betrachtung der Flüchtlingssituation. Vehement kritisiert er einerseits die zu Trump analoge Abgrenzungspolitik der Europäischen Union (das Mittelmeer als flüssige Mauer) andererseits das xenophobe Schüren von Hass und Angst der rechtsradikalen AfD. Er plädiert leidenschaftlich für ein gemeinsames, soziales Europa, frei von den ausbeuterischen Taktiken des Marktliberalismus. Urban Priol in der Festhalle heißt: politisches Kabarett auf höchstem Unterhaltungsniveau. Überhaupt: Politisches Kabarett heißt immer Kritik am Bestehenden. Es sollte aber auch – wenn möglich – Lösungswege aufzeigen. Priol vermeidet einseitiges Politiker-Bashing, wie es heute ja so gerne betrieben wird. Damit wird sein Programm seinem Titel gerecht: Das Morgen muss im Fokus sein oder, wie Urban Priol abschließend meint: „Der Weg ist das Ziel, doch wieviel Maut wird das kosten?“ Im höchsten Grade begeisterte Zuschauer zollen dem Kabarett-Profi aus Unterfranken höchsten Respekt und danken ihm mit lang anhaltendem Beifall.

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