Ludwigshafen „Machen das, so lange wir Spaß haben“

Damen mit Herz: Salut Salon mit Sonja Lena Schmid, Iris Siegfried, Anne von Twardowski und Angelika Bachmann (von links).
Damen mit Herz: Salut Salon mit Sonja Lena Schmid, Iris Siegfried, Anne von Twardowski und Angelika Bachmann (von links).

So charmant wird klassische Musik selten serviert. Das Hamburger Frauenquartett Salut Salon spielt anspruchsvolle Musik von Mozart bis Schubert in frechen Arrangements und mit komischen Bühneneinfällen garniert. In ihrem neuen Programm „Liebe“, in dem auch Stücke von Piazzolla und Grönemeyer ihren Platz finden, geht es um die schönste Sache der Welt. Auf ihrer Tour kommen die vier Musikerinnen auch nach Mannheim.

Für einen Moment verstummt das eben noch auf der Bühne erlebte ausgelassene Lachen. „In diesem Programm steckt eine tiefe Lebensphilosophie“, sagt Angelika Bachmann, und auch unser erstaunter Blick vermag die erste Geigerin des Quartetts Salut Salon nicht aus der Fassung zu bringen. Nein, die Hamburgerin meint den Satz ganz ernst: „Wir möchten die Klassik Menschen nahe bringen, die bislang keinerlei Berührung mit dieser Musik hatten, und gleichzeitig Klassikfreunde mit unseren Arrangements nicht verschrecken.“ Das gelingt diesem Ensemble offenbar mit immer größerem Erfolg – andernfalls würden die vier Damen wohl kaum allerorten in Deutschland vor vollen Häusern spielen. Einmal mehr setzen die Virtuosinnen dabei auf die spielerische Verführung mit der Klassik und sprengen voll (musikalischem) Witz die Grenzen zwischen E- und U-Musik. „Selbst zu arrangieren, spontan zu verändern, zu improvisieren – das macht wahnsinnig Spaß“, sind sich alle einig. So bleibt weder Geigerin Iris Siegfried vom Auftritt als Sängerin verschont noch Pianistin Anne von Twardowski von einer Einlage als Puppenspielerin. Auch Cellistin Sonja Lena Schmid darf neben instrumentalem Können ihre Neigung zu höherem Unsinn beweisen. „Eigentlich unfassbar, dass wir mittlerweile von dem Quatsch leben können“, meint Gründerin Angelika Bachmann rückblickend auf 13 Jahre Salut Salon. Ähnlich unglaublich wie die Tatsache, dass sich mit ihr ausgerechnet eine Philosophin, die sich Zeit ihres Studiums intensiv den Werken des Logikers Ludwig Wittgenstein gewidmet hat, nun dem Klassik-Schabernack hingibt – oder nicht? Nein, sagt die 44-Jährige ganz ernst und nimmt dann einen der Kerngedanken ihres Lieblingsphilosophen auf: „Letztlich ist es doch ein Luxus, einen freien Willen zu haben und sein Leben so gestalten zu können, dass man emotional gut aufgehoben ist.“ Oder mit etwas einfacheren Worten formuliert: „Wir machen das nur so lange, wie es uns Spaß macht.“ Und Spaß machen die Shows von Salut Salon ganz offensichtlich nicht nur dem Publikum, sondern auch den Musikerinnen. Fängt erst einmal eine an zu kichern, sind rasch vor lauter Lachen Mozart oder Schubert für einige Momente vergessen. „Jedes Konzert ist anders, mal wechselt eine von uns die Tonart, mal werde ich mit Kürzungen überrascht“, erzählt Angelika Bachmann. „Nur keine Verlässlichkeit, der Abend muss lebendig bleiben – das ist der Hauptgrund für unseren Erfolg.“ Und fügt augenzwinkernd hinzu: „Hauptsache, wir amüsieren uns…“ Nun, amüsieren tut sich auch längst nicht mehr nur das Publikum hierzulande, sondern ebenso Spanier, Italiener, Russen, Amerikaner, Chinesen und Christian Wulff. Ja, während seiner kurzen Amtszeit als Bundespräsident ging er vor den Damen sogar auf die Knie: Da war das Quartett nämlich nach Berlin ins Schloss Bellevue eingeladen, wo die beiden Gründerinnen Bachmann und Siegfried mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet werden sollten – nicht für ihre Kunst, sondern für ihre Patenschaft für eine chilenische Musikschule und ihr Engagement für Kinder im Rahmen ihres Projekts „The Young ClassX“ sowie ihres Kinder- und Jugendorchesters „Coole Streicher“. Doch just, als Wulff der zweiten Geigerin die Verdienstnadel anstecken wollte, fiel diese zu Boden, das Staatsoberhaupt ging auf die Knie – und das ansteckende, ausgelassene Lachen der Damen nahm seinen gewohnten Lauf. Programmatisch indes attestiert Bachmann sich und ihren Mitstreiterinnen einen neuen „Mut zu leisen Tönen“. Eine Richtungsänderung, die die blonde Geigerin mit einem „Wir werden halt älter“ begründet; dabei ist es doch neben dem Charme vor allem der musikalisch-virtuose Witz, auf dem ihr Erfolg gründet. Angst, dass solch ein Umbruch zu leiseren Tönen das Publikum irritieren könnte, hat keine von ihnen – und überhaupt: „Für mich hat Salut Salon nichts mit kommerziellen Interessen zu tun“, sagt die Hamburgerin. Doch eine Künstlerin kann nicht nur von schönen Tönen leben, oder? Angelika Bachmann schüttelt den Kopf. „Es muss immer eine Herausforderung bleiben – wenn es mich langweilte, würde ich etwas anderes machen – dafür ist es mir viel zu heilig.“ Damit ist vorerst nicht zu rechnen, das Quartett hat jedenfalls schon den Titel für sein Abschiedsprogramm im Jahr 2050 geplant: „Vier Engel für ein Halleluja“. Bis dahin ist also noch reichlich Zeit, die es zu nutzen gilt. Denn wie wusste schon Wittgenstein: „Nur wer nicht in der Zeit, sondern in der Gegenwart lebt, ist glücklich.“ Termine Salut Salon am Dienstag und Mittwoch, 26. und 27. September, 20 Uhr, im Mannheimer Capitol, Karten: 0621/3367333.

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