Ludwigshafen Ludwigshafen: Wie der Stadt das Zinsniveau nutzt

„Volkswirtschaftlich nicht nachhaltig“ seien Negativzinsen auf Dauer. Das findet Ludwigshafens Kämmerer Dieter Feid. Vor allem f
»Volkswirtschaftlich nicht nachhaltig« seien Negativzinsen auf Dauer. Das findet Ludwigshafens Kämmerer Dieter Feid. Vor allem für Sparer könnte das System langfristig zum Problem werden.

Schlecht für den Sparer, aber gut für verschuldete Kommunen. Wir erklären, wie Kämmerer Dieter Feid rechnet.

Fragen & Antworten: Negativzinsen sind schlecht für Sparer, aber gut für verschuldete Kommunen. Die Stadt Ludwigshafen hat im August rund 80 000 Euro dafür bekommen, dass sie Kredite bei Banken aufgenommen hat. Für das gesamte Jahr 2017 rechnet Kämmerer Dieter Feid (SPD) mit einem „ordentlichen sechsstelligen Betrag“. Was sind Negativzinsen? Seit dem Sommer 2014 verlangt die Europäische Zentralbank (EZB) von Banken einen Strafzins, wenn sie Geld bei der EZB parken. Das Ziel dahinter: Die Geschäftsbanken sollen mehr Kredite vergeben, die Wirtschaft soll dadurch angekurbelt werden. Anstatt Geld bei der EZB zwischenzulagern und den Strafzins in Höhe von 0,4 Prozent zu zahlen, geben die Banken das Geld jetzt lieber an ihre Kunden weiter – in Form von Krediten – und legen als Anreiz teilweise sogar noch einige Euro obendrauf. Vereinfacht gesagt bekommen einige Kreditnehmer Geld „geschenkt“. Das ist prozentual weniger, als die Bank als Strafzins an die Notenbank in Frankfurt zahlen müsste. Sonst würden sich Negativzinsen für die Banken nicht lohnen. Welche Arten von Krediten hat die Stadt Ludwigshafen? Ludwigshafen hat aktuell 1,2 Milliarden Euro Schulden. Die Stadt muss Kredite aufnehmen, um Rechnungen zu begleichen, Schulen und Kindergärten zu bauen und für viele andere Ausgaben. Es gibt zwei große Arten von Krediten. Das eine sind sogenannte Investitionskredite für langfristige Projekte, etwa den Bau einer Schule. Das andere sind Liquiditätskredite. Von Letzteren werden beispielsweise Gehälter, Rechnungen und Zuschüsse bezahlt, wie Kämmerer Dieter Feid (SPD) erklärt. Sie haben eine mittlere bis kurze Laufzeit. Negativzinsen gibt es nur für sogenannte variable Kredite mit sehr kurzer Laufzeit. Das trifft bei der Stadt Ludwigshafen nur auf etwa ein Viertel der Liquiditätskredite zu. Investitionskredite übrigens dürfen grundsätzlich nicht variabel finanziert werden – schließlich braucht die Stadt für große Projekte finanzielle Sicherheit. Was verdient die Stadt an den Negativzinsen? Die Stadt Ludwigshafen hat durch Negativzinsen im August Zinserträge von 80.000 Euro erhalten, weil das Zinsniveau für kurzfristig angelegtes Geld im Schnitt bei -0,25 Prozent lag. Also gab es 0,25 Prozent der Kreditsumme für die Stadt obendrauf. „Das sind schon richtige Einnahmen für uns“, sagt Feid. Vor allem ist das deutlich mehr als im vergangenen Jahr. Im Juni 2016 war Feid auf ein Jahr hochgerechnet noch von etwa 30.000 Euro Zinserträgen ausgegangen. Für Gesamt-2017 spricht er von „einem ordentlichen sechsstelligen Betrag“. Genauer möchte er nicht schätzen. Schließlich könne sich die Zinssituation schnell ändern. Warum versucht die Stadt nicht, mehr Geld durch Negativzinsen einzunehmen? Von den rund 810 Millionen Euro Liquiditätskrediten sind nur rund ein Viertel variable Kredite, auf die es Negativzinserträge geben kann. Der Zinssatz kann sich täglich ändern. Wenn die Kommune kurzfristig einen Kredit zur schnellen Finanzierung aufnimmt – vergleichbar mit dem Dispokredit von Privatkunden –, erhält sie derzeit sehr gute Konditionen. Damit ist aber auch ein höheres Risiko verbunden, als wenn ein Kredit von vorneherein zu festem Zinssatz auf fünf bis zehn Jahre festgelegt wird. „Wir haben eine konservative Strategie“, sagt Dieter Feid mit Blick auf die Kreditpolitik der Stadt und betont: „Wir haben keine Zockerprodukte.“ Stattdessen setze die Stadt nur auf Angebote mit klaren Bedingungen. Weil die Zinssätze bereits jetzt nicht mehr so günstig seien wie vor einigen Monaten und ein Zinswandel nicht ausgeschlossen ist, reduziere die Stadt ihren variablen Anteil im Moment sogar, so Feid. Die Frage sei: „Was ist angemessen und vertretbar?“ Die Stadt bekommt durch Negativzinsen Geld geschenkt. Ein Grund zum Jubeln, oder? Bedingt schon. Allerdings muss berücksichtigt werden: Für den Großteil der Kredite, die die Stadt Ludwigshafen aufgenommen hat, muss sie „ganz normal“ Zinsen zahlen. Im Mittel sind das derzeit 1,3 Prozent. Bei 1,2 Milliarden Euro Verschuldung kommt Ludwigshafen damit auf eine ganze Menge Zinszahlungen. Außerdem müssen Kredite irgendwann zurückgezahlt werden. Wo kommt das Geld aus Negativzinsen für Ludwigshafen her? Als der Trend mit den Negativzinsen aufkam, haben zunächst nur Banken im Ausland solche Kredite angeboten. Das habe sich geändert, sagt Feid. Die Stadt Ludwigshafen erhält Negativzinsen von fünf unterschiedlichen Banken, „überwiegend deutsche Institute“, ergänzt Feid. Was ist das grundsätzliche Problem mit Negativzinsen? „Das ist volkswirtschaftlich weder nachhaltig noch auf längere Sicht sinnvoll“, sagt Feid über das System der Negativzinsen. Sparen werde entwertet, Altersvorsorgemodelle könnten zusammenbrechen, so Feid. Denn wenn langfristig Privatsparer dafür Geld zahlen müssen, dass sie Geld bei ihrer Hausbank parken, wird sparen unattraktiv. Außerdem widerspreche es jeder volkswirtschaftlichen Logik, wenn der, der etwas ausleihe, etwas dafür bekommt, sagt Feid. So wie es der Stadt Ludwigshafen gerade ergeht.

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