Ludwigshafen Der Volksrocker

91-95955530.jpg

Er nennt sich „Volks-Rock ’n’ Roller“ und das ist Andreas Gabalier tatsächlich mit Leib und Seele. Der steyrische Stimmungssänger gastierte bei seiner MTV-Unplugged-Tournee im ausverkauften Mannheimer Rosengarten, und seine Fans standen Kopf. Viele von ihnen waren dem Anlass angemessen in Dirndl, Lederhose und kariertem Hemd erschienen.

Andreas Gabalier reiht sich nahtlos ein in die Tradition der volksmusikalischen Stimmungsmacher wie DJ Ötzi, die von Zeit zu Zeit auf den Plan treten und mit ihren Hits die Charts stürmen. Aber dieser Bursche aus Graz wird der Welt sicher länger erhalten bleiben, und sein Ruhm wird immer größer. Am 2. September wird er im Motodrom in Hockenheim ein Open-Air-Konzert geben. Rund 100.000 Tickets sollen dafür abgesetzt werden. Der Gabalier-Hype macht’s möglich. Aber was macht den großen Erfolg des jungen Mannes mit der Lederhose und dem pomadisiert zurückgekämmten Haar aus? An seinem Gesang kann es kaum liegen, denn seine Stimme ist rau und heiser, als hätte er zu viel gejodelt in seinem jungen Leben. Es muss an der Musik selber liegen und den schlagerhaften Texten mit ihren einfachen Botschaften. Die Liebe zur Heimat, zur Familie und zur Natur gibt hier den Ton an, alles gesungen in der steyrischen Mundart seiner Heimat. Das klingt authentisch, sympathisch und erfrischend, und kommt, was in diesem Genre ungewöhnlich ist, weitgehend ohne Gefühlsduselei aus. Der österreichische Barde zeigte sich selbst etwas überrascht, aber geehrt, für eine MTV-Unplugged-Tournee gebucht zu sein. Akustische Instrumente gaben beim Mannheimer Auftritt also den Ton an, sehr laut war’s trotzdem. Mit „Mir san Bergbauernbaum“ ging es gleich zünftig los, der Abend wurde zur Mordsgaudi und vom Publikum stürmisch gefeiert. Zum Unplugged-Modus passen eben besonders gut die Balladen. Mit „Home, Sweet Home“ besang Gabalier seine Heimatliebe auf Englisch, bevor er in der nächsten Ballade wieder heimisch wurde: „Daheim bin ich nur bei dir“. Dazu glühten die akustischen Gitarren seiner Begleitband wie die Abendsonne im Widerschein der Berge. Und dann gab er dem Affen weiteren Zucker mit „Edelweiß“, dem gefühlvoll geschunkelten Musical-Hit aus „The Sound of Music“. Ein Streichsextett war mit von der Partie, das verpasste den Balladen viel sämige Melodik und gab den schnellen Nummern dynamisches Leben. Geschichten von Beziehungen und Trennungen hat er gleichfalls im Programm, natürlich auch abgenudelte Schlagerverse wie „die Zeit heilt alle Wunden, vergessen kann ich dich nie“. Das ist einfach gestrickt, aber es kommt dem Burschen in der Lederhose unverfälscht aus dem Herzen. „Hulapalu: es weiß noch nicht jeder, was das heißt“, sagt Gabalier. Seine Fans aber wissen es umso besser. Was sich wie ein Jodler aus der Südsee liest, ist Stimmung pur, der große Hit des Sängers. Und ein Rap-Duo hat auch schon Rap-Verse für ihn geschrieben, die er gleichfalls virtuos ins Programm einbaute. Als Überraschungs-Gast schaute Gregor Meyle vorbei, der ein eigenes Lied sang, in das Gabalier mit einstimmte. Alles sympathisch an diesem Abend, aber dann sang der Volkssänger doch noch sein „A Meinung haben“, worin er die Demokratie in Frage stellt und seine Affinität zu rechtspopulistischem Gedankengut andeutet. In diesem Licht bekamen auch die gutmütigen Heimat-Schlager einen unseligen Beigeschmack.

x