Kommentar Fall Edenkoben: Das harte Urteil kommt zu spät

Das Urteil: 12 Jahre Haft und Sicherungsverwahrung.
Das Urteil: 12 Jahre Haft und Sicherungsverwahrung.

Der Angeklagte im Missbrauchsfall Edenkoben hat eine hohe Strafe verdient. Komplett aufgearbeitet ist die Sache aber noch nicht.

Zwölf Jahre Haft, anschließend Sicherungsverwahrung. Das Urteil gegen den Mann, der ein zehnjähriges Mädchen entführt und sexuell missbraucht hat, ist hart – und das ist auch gut so. Der 62-Jährige hat sich immer wieder an Kindern vergangen. Er zeigte während der kompletten Verhandlung keinerlei Reue oder Mitgefühl für sein Opfer. Und er würde wieder zuschlagen, sobald er auf freiem Fuß ist. Daran lässt das psychiatrische Gutachten keine Zweifel. Vor solch einem Menschen muss die Gesellschaft geschützt werden.

Der Prozess legte offen, wie hemmungslos der Täter vorging. Minutiös wurde der 11. September 2023 nachgezeichnet, von der Entführung in der Nähe des Gymnasiums in Edenkoben über die Fahrt zur ehemaligen Papierfabrik in Lindenberg bis zum Ende der halsbrecherischen Flucht, die auf der Bienwald-B9 nahe des Langenbergs endete. Möglich war das, weil die Ermittlungsbehörden hervorragende Arbeit geleistet haben. Leider aber erst, nachdem die Katastrophe passiert war.

Der Fall ist damit juristisch aufgearbeitet. Die Härte des Rechtsstaats kommt jedoch zu spät. Schon das Landgericht Frankenthal hätte im Jahr 2020 eine Sicherungsverwahrung anordnen müssen. Derselbe Gutachter wie im aktuellen Prozess hatte den Täter schon damals als „absolute Gefahr“ bezeichnet. Juristisch mag das Frankenthaler Urteil korrekt gewesen sein, dem Rechtsempfinden tat es allerdings nicht Genüge.

Die Aufarbeitung des Falles ist trotz des Urteils noch nicht abgeschlossen. Dass sich der Sexualstraftäter etwa mehrfach erfolgreich weigerte, eine elektronische Fußfessel zu tragen, ist nicht hinnehmbar. Hier muss der Gesetzgeber ein Anlegen unter Zwang ermöglichen.

Wobei eine Fußfessel den Fall Edenkoben kaum hätte verhindern können. Sie ermöglicht am Ende bestenfalls, dass die Behörden wissen, wo sich deren Träger gerade aufhält. Genau das war im Vorfeld der Tat bekannt. Vor allem Eltern von Schülern teilten das in Chatgruppen und meldeten es auch der Polizei. Dass es den Behörden nicht möglich war, die Tat trotz aller Alarmsignale zu verhindern, ist ein weiterer Punkt, der sich nicht wiederholen darf.

Der Rechtsstaat darf vor Straftätern nicht in die Knie gehen. Er muss in der Lage sein, harte Urteile zu fällen. Noch wichtiger wäre es, absehbar erscheinende Straftaten erst gar nicht zuzulassen. Dem entführten und sexuell missbrauchten Mädchen, ihren Eltern und vielen anderen Menschen hätte so viel Leid erspart werden können.

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