Kreis Germersheim Rat hält am Gasthaus „Zum Sternen“ fest

Die riesige Sanierungslast des Gasthauses „Zum Sternen“ zwingt Neuburgs Gemeinderat zum Känguru-Test: Trotz leeren Beutels muss der große Sprung gelingen. Über das Wie stritt man allerdings wortreich von bekannten Positionen.

Am Mittwoch billigte der Rat die Erstellung eines qualifizierten Brandschutzkonzeptes. Gefordert hatte es die Kreisverwaltung Germersheim als Voraussetzung künftiger Maßnahmen. Nominelles Ziel bleibt die Generalsanierung des gemeindeeigenen „Sternen“-Gebäudes, dessen Restaurantbetrieb fortbestehen soll. Brandschutzbedingt schrumpfte der Hoteltrakt um drei auf vier Zimmer, die Versammlungsstätte wurde aufgrund haustechnischer Mängel gesperrt. Schon in der Ratssitzung im Juni galten die auf rund 1,2 Millionen Euro gestiegenen Kosten als untragbar (wir berichteten). Wegen Dauerebbe in der Gemeindekasse wird selbst das 35.000 Euro teure Brandschutzkonzept kreditfinanziert. Bisher lautete die Alternative: kostspieliges Weitermachen per Kredit oder extrem verlustreicher Sofort-Ausstieg. Für das Ziehen der Notbremse hatte die SPD-Fraktion vor Wochen vergeblich plädiert. Ob nun ein Ende mit Schrecken oder doch ein Schrecken ohne Ende naht – finanzielle Einbußen sind Neuburg auf jeden Fall sicher. Beim Erwerb im Jahr 2009 sei man zu blauäugig gewesen, habe nicht genau hingesehen, klingt es selbstkritisch aus der Ratsrunde. Die Sanierungswilligen klammern sich das Prinzip Hoffnung. Guter Rat steht aber vorläufig in den Sternen. Eine Ende Juni 2017 berufene überfraktionelle Arbeitsgruppe „Sternen“ favorisierte den Weiterbetrieb im Rahmen des Zulässigen und Möglichen. Daher bat Ortsbürgermeister Hermann Knauß (Wählergruppe Neuburg) die Kreisverwaltung um „eine wiederkehrende Prüfung“. Anfang August entdeckte die Prüfkommission jedoch neben den bekannten technischen Defiziten viele neue bauliche Mängel, darunter brennbare Wandverkleidungen und Konstruktionsteile ohne obligaten Brandschutz. Diese wurden protokolliert. Seitens der Kreisverwaltung hagelte es dann bindende „Vorschläge“: Brandschutzkonzept, Sanierungsplan, Bauantrag, Ausführungsvorgaben. Sie verwies auch auf Fristen und darauf, dass die Mängelbeseitigung an ein Gesamtkonzept für alle Nutzungsbereiche gebunden sei. Fraktionsübergreifend kritisierten die Ratsmitglieder die mangelnde Verfügbarkeit der Mängelliste. Die Informationslücke verhindere das zügige Beheben von Mängeln, die Schadensbegrenzung und den verkaufsrelevanten Erhalt des Immobilienwertes. „Beschließen kann man aber erst nach eingehender Kenntnis der Fakten“, meinte Ralf Weisenburger (Wählergruppe). Ein „Festhängen“ des gesuchten Mängelprotokolls im Verwaltungsdickicht zwischen der Kreisverwaltung Germersheim und der Verbandsgemeinde Hagenbach bestritt Verbandsbürgermeister Reinhard Scherrer (SPD) vehement. Wählergruppen-Sprecher Klaus Hessert steuert einen mittleren Kurs zwischen Vollsanierung und Verkauf. Die seines Erachtens kostengünstigere Mängelbeseitigung würde den Gastbetrieb bis zum Ablauf der Pacht sichern, obendrein die Gemeindefinanzen entlasten. Widerspruch kam von SPD-Ratsfrau Arnika Eck: Mängelbeseitigung ohne umfassende Sanierung hält sie für Stückwerk. Nach kürzerer Sitzungsunterbrechung legte SPD-Fraktionssprecher Alexander Frank eine vierteilige Entschließung vor. Punkt 1 fordert bei 16 Ja-Stimmen und zwei Enthaltungen umgehend den Mängelbericht, „um die Wirtschaftlichkeit einer Mängelbeseitigung zu prüfen“ - zum Nutzen des laufenden Pachtvertrags. Auf Punkt 2 entfielen zehn Pro- und sechs Contra-Stimmen, zwei waren unentschieden. Nur eine knappe Mehrheit unterstützte hier den Verkauf der Immobilie nach Pachtende. Dass in der „Sternen“-Angelegenheit ein Anwalt „die Interessen der Ortsgemeinde Neuburg“ vertreten soll (Punkt 3), wurde einstimmig angenommen. Ebenso Punkt 4: Alle Sicherheitsmaßnahmen seien von der Verbandsgemeinde Hagenbach und der Kreisverwaltung gemeinsam zu prüfen, um den Gaststätten- und Hotelbetrieb im „Sternen“ zu erhalten. Langfristig wird sich die Gemeinde also aus dem „Sternen“ zurückziehen. Dem Rat geht es um einen konsensorientierten „weichen Stexit“. Im Mittelpunkt stehen Rechtssicherheit und Wirtschaftlichkeit – soweit die Absicht. Das Thema wird die Ortsgemeinde also weiter beschäftigen.

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