Kreis Südliche Weinstraße Dino der Jugendpflege

Nimmt den Hut nach 33 „wilden, halbwilden, dynamischen, toleranten, verantwortungsbewussten, chaotischen, pädagogischen, spaßige
Nimmt den Hut nach 33 »wilden, halbwilden, dynamischen, toleranten, verantwortungsbewussten, chaotischen, pädagogischen, spaßigen, aufklärenden« Jahren in Ruhestand: Manfred Simon.

Um wie viele junge Menschen er sich als Jugendpfleger gekümmert hat, darüber gibt es keine Statistik. Es müssten Tausende sein. Fest steht aber, dass schon viele Väter und Mütter seines aktuellen „Publikums“ von ihm betreut wurden. Ende Juni geht Manfred Simon, eigentlich nur „Saimen“ genannt, in den Ruhestand. Erinnungen.

«LANDAU-LAND.» Wer sein Bewerbungsfoto sieht, das 1984 bei der Verbandsgemeinde-Verwaltung Landau-Land einging, mit seinem heutigen Outfit vergleicht, der kommt um ein herzhaftes Lachen nicht herum. Damals eine akkurat links-gescheitelte Friseur mit vollem, schwarzen Haar. Die Ohren frei. Über den Lippen ein kurzer Schnurrbart. Und heute eine Platte, die meist mit einem Cowboyhut, sein Erkennungszeichen, verdeckt wird. Darunter wellt sich das grau melierte Langhaar. Ein Senkrecht-Bart unter der Unterlippe macht das unverwechselbare, originelle Aussehen perfekt. Einem Paradiesvogel gleich, offenherzig, unverfälscht und mit breitem Pfälzisch begegnet er seinem Gesprächspartner, der mit ihm seine Laufbahn durchgehen will. Gleich sprudelt es aus Manfred Simon heraus, so wie ihm der Schnabel gewachsen ist. „Einmal Essingen, immer Essingen. Essingen sehen, dort leben und sterben“, unterstreicht der 63-Jährige seine Verbundenheit zu seinem Heimatort. Er macht keinen Hehl daraus, dass seine Jugendzeit aus der Sicht der Eltern keineswegs wunschgemäß verlief. „Ich habe in der Schule schon mal geschludert“, gesteht Simon. Doch zur Mittleren Reife in Mannheim reicht es, dann absolviert er eine Fachschule für Sozialpädagogik, sein Anerkennungsjahr im Kinder- und Jugendheim in Alzey. In der Südpfalz macht er sich einen Namen, als er ab 1978 den Jugendtreff in Herxheim aufbaut, einer der ersten dieser Art weit und breit. „Wir hatten die Bude immer voll“, erinnert er sich an eine sensationell gute Resonanz. Nach einem kurzen Engagement im Behinderten-Wohnheim der Lebenshilfe in Offenbach bewirbt er sich auf die Stelle des Jugendpflegers in Landau-Land, macht das Rennen – und beginnt damit, in Ortschaften Jugendtreffs zu etablieren. Was sich nicht immer einfach gestaltet. Denn nicht alle Ortsbürgermeister sind dafür zu begeistern, Räumlichkeiten auszukundschaften und womöglich Proteste von besorgten Bürgern in Kauf zu nehmen. Doch nach und nach gelingt es, die schlimmsten Bedenken, beispielsweise wegen eventueller Lärmbelästigung, zu zerstreuen. „Das Wichtigste war dabei, die Jugendlichen nicht allein zu lassen und eine pädagogische Betreuung zu gewährleisten“, blickt der Langzeit-Jugendpfleger zurück. Freizeiten werden arrangiert, auch solche zu einem Segelurlaub an der holländischen Küste. Es gibt Drogenberatung durch Vertreter vom Jugendamt und von der Polizei, Theater- und Musikveranstaltungen. Einmal stellt sich sogar ein Traumdeuter vor. „Es darf nur nicht von oben herab, also dozierend sein. Die Jugendlichen sind nur für etwas zu begeistern, wenn sie einbezogen werden. Wenn sie Verantwortung bekommen, können sie in die Gesellschaft hineinwachsen.“ „Saimen“ legt immer Wert darauf, den jungen Leuten auf Augenhöhe zu begegnen, locker-leger, und ihre Wünsche in die Angebote einfließen zu lassen. Es sind auch in früheren Jahren gewagte Veranstaltungen dabei, so ein Gespräch mit Schwulen oder Lesben. Bestens ankommen auch jene Aktionen, bei denen es Tipps gegen Mobbing und zu essen gibt. Die Crêpes-Abende grüßen. Was Manfred Simon im Rückblick als besonders erfreulich hervorhebt, das ist sein gutes Verhältnis mit den jeweils verantwortlichen Verwaltungschefs. „Egal, ob von der CDU, wie bei Elmar Weiller, oder von der SPD, so bei Edwin Wenner, Klaus Stalter und Torsten Blank, ich habe mit den meisten Vorschlägen immer offene Ohren gefunden. Ohne das selbstständige Arbeiten hätte ich den Job nie so lange machen können.“ Einmal kann er Landrat Gerhard Weber (CDU) dazu bewegen, um 3 Uhr nachts in den Jugendtreff Birkweiler zum Tischfußball aufzukreuzen. Den Kreischef dann nach allen Regeln der Kunst abzuziehen, das habe den Jungs Mordsspaß gemacht. Dass es auch traurige Momente gab, will das Original nicht verschweigen. Dazu zählt er den Unfalltod eines ihm ans Herz gewachsenen Jugendlichen ebenso wie das plötzliche Wegbleiben eines albanischen Mädchens auf Geheiß der Eltern. Bei einem Kanuausflug begeht er einmal den Fehler, vor der Rückfahrt über den Baggersee seine Leute abzuzählen. Ein Junge bleibt in der Toilette zurück und muss schwimmend den Anschluss suchen. „Da hätte was Schlimmes passieren können. Das haben mir die Eltern auch deutlich gesagt. Aber ich und die gesamte Mannschaft hatten Glück.“ Glück ist ihm bei seiner einzigen Ehe, aus der zwei Kinder hervorgingen, nicht beschieden. Sie geht zu Bruch. „Meine Aufgabe als Jugendpfleger, die sich vor allem auf die Abendstunden beschränkte, war nicht ehekombatibel.“ Nun, wenn er vorzeitig in Rente geht, hat er abends mehr Freizeit – und freut sich auch schon auf Reisen nach Island und auf Kreuzfahrtschiffen.

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