Kreis Kusel Geschwindigkeit und Verantwortung

Benzin im Blut: Michelle Neubrech aus Glan-Münchweiler geht als Beifahrerin bei der Deutschland-Rallye an den Start.
Benzin im Blut: Michelle Neubrech aus Glan-Münchweiler geht als Beifahrerin bei der Deutschland-Rallye an den Start.

«Glan-Münchweiler.» Die 26-jährige Michelle Neubrech aus Glan-Münchweiler hat ungewöhnliche Hobbys – zumindest für eine junge Frau. Denn neben der Jagd gilt ihre Leidenschaft dem Motorsport. In dieser Woche geht sie als Beifahrerin von Michael Ecker bei der ADAC Deutschland-Rallye an den Start – und das in der Wertung der FIA World Rallye Championship, der Weltmeisterschaft der weltbesten Rallye-Piloten.

Zum Rallye-Sport ist die 26-Jährige durch ihren Ehemann Florian gekommen. „Er fährt bereits seit 2010, und ich bin dann Ende 2013 auch ’reingerutscht“, erinnert sich Neubrech, die als Anästhesiekrankenschwester im Kuseler Westpfalzklinikum arbeitet. Seitdem sammelte sie als Beifahrerin bei mehr als 20 Rallyes Erfahrungen im Cockpit. „Selbst fahren würde ich mir aber nicht zutrauen“, gesteht Neubrech. „Als Beifahrerin reizt mich die Verantwortung. Der Fahrer muss sich einhundertprozentig auf mich verlassen können – und umgekehrt. Wenn einer von uns beiden einen Fehler macht, hat das Konsequenzen für beide.“ Ansonsten fasziniere sie beim Rallye-Sport das schnelle Fahren und das rasante Durchfahren von 90-Grad-Kurven mittels gekonnten Einsatzes der Handbremse. „Es ist einfach toll zu sehen, was man mit einem Auto alles anstellen kann. Ein Rallye-Auto kontrolliert im Grenzbereich zu bewegen, das ist schon ein tolles Erlebnis“, schwärmt die Co-Pilotin. Die Rallye-Saison erstreckt sich von März bis September. „In dieser Zeit sind wir im Schnitt alle zwei Wochen irgendwo auf der Piste. Zum Teil ist man für eine Rallye von Donnerstag bis Sonntag unterwegs“, erklärt die 26-Jährige. Ihr schönstes Erlebnis sei bislang die Sachsen-Rallye in Zwickau gewesen. „Das war ein Lauf zur deutschen Meisterschaft, und wir sind am Ende auf Platz zwei in unserer Klasse gelandet“, erinnert sich Neubrech. Und wo würde sie gerne mal mitfahren, wenn sie sich eine Rallye aussuchen dürfte? „Definitiv bei der Schweden-Rallye, weil man da auf Eis und Schnee unterwegs ist. Oder die Rallye Sardinien – wegen der tollen Landschaft.“ Doch nun sammelt Neubrech erst einmal neue Erfahrung im Feld der ganz Großen. Bei der Deutschland-Rallye tritt Neubrech mit Pilot Michael Ecker im selben Teilnehmerfeld an, in dem die besten Fahrer der Welt, wie beispielsweise Thierry Neuville, Sebastien Ogier oder Jari-Matti Latvala, unterwegs sind. Und jener Thierry Neuville ist gleichzeitig auch so etwas wie ein Idol für die 26-Jährige: „Wenn ich mir einen Fahrer aussuchen dürfte, mit dem ich gerne mal mitfahren würde, dann wäre das definitiv Neuville. Ich bin generell ein Fan von ihm und finde ihn zudem sehr sympathisch. Ich würde aber bei jedem der Top-Piloten gerne mal einsteigen.“ Und was erwartet sie von ihrem ersten Start in diesem exklusiven Teilnehmerfeld? „Wir wären schon zufrieden, wenn wir ohne Unfälle oder technische Defekte durchkommen würden. Wenn wir dann unsere Klasse noch gewinnen könnten, wäre das das i-Tüpfelchen. Aber in erster Linie wollen wir gut durch alle 21 Prüfungen kommen.“ Bei der Frage, ob sie sich auf eine Prüfung besonders freut oder besonders Respekt hat, muss Neubrech nicht lange überlegen: „Die fast 50 Kilometer lange Prüfung auf der Panzerplatte wird hart. Da müssen sich Fahrer und Beifahrer zwischen 20 Minuten und einer halben Stunde lang voll konzentrieren. Ein Fehler – und die Zeit ist dahin.“ Ein günstiges Vergnügen ist der Rallye-Sport aber nicht. „Bei einer regionalen Rallye kostet ein Renn-Wochenende rund 400 Euro. Bei internationalen Rennen muss man aber sogar zwischen 10.000 und 20.000 Euro für eine Rallye hinblättern“, schildert die 26-Jährige. „Bei uns übernimmt zum Glück Michael Ecker den Löwenanteil davon.“ Bereits seit Anfang der Woche ist die Co-Pilotin mit ihrem Team unterwegs. Nach der Dokumentenabnahme am Montag können sich die Teams seit gestern einfahren und die Zeit zum Erstellen des ,Aufschriebs’ nutzen. Dabei wird festgelegt, welche Anweisungen die Co-Pilotin ihrem Fahrer während der Etappen gibt. Ein Fehler in diesem Aufschrieb, den Rallye-Fahrer auch „Gebetbuch“ nennen, und die Fahrt könnte ganz schnell im Graben oder an einem Baum enden. Am Donnerstagabend geht es dann nach Saarbrücken. Dort werden alle Fahrer dem Publikum vorgestellt, und gleich im Anschluss startet die erste Etappe auf einem Stadtkurs. Michelle Neubrech und Pilot Michael Ecker gehen in einem Honda Civic Type R in der Klasse RC 3 an den Start. Wer sich die Offroad-Boliden an der Strecke anschauen möchte, der sollte ein Auge auf die Startnummer 92 haben – in diesem Wagen sitzt das Gespann Ecker/Neubrech. Info Am Samstag streift die Deutschland-Rallye den Landkreis Kusel. Die elfte Wertungsprüfung führt ab 11.10 Uhr von Freisen in Richtung Berschweiler bei Baumholder. Ab 17.28 Uhr führt die Wertungsprüfung 16 noch einmal über die gleiche Etappe. Weitere Informationen gibt es im Internet unter www.adac-rallye-deutschland.de.

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