Grünstadt Sagen und Mythen als Quelle der Inspiration

Bildhauer Bruno Weygand mit seinem neuesten Werk „Wiedergeburt der Aphrodite“.
Bildhauer Bruno Weygand mit seinem neuesten Werk »Wiedergeburt der Aphrodite«.

Mit einem Henkelblumenpott ging es los: Schon im Alter von neun Jahren hat Bruno Weygand seine Leidenschaft für die Bildhauerei entdeckt. In seinem Heimatdorf Ebertsheim, wo es damals fünf Steinbrüche gab, waren die Voraussetzungen dafür auch ideal. Schließlich nutzte er sein Talent beruflich, wurde Steinmetz- und Bildhauermeister mit eigener Werkstatt in Göllheim. Neben dem Handwerk betätigt er sich künstlerisch – einige Werke zeigt er im Alten Rathaus in Grünstadt.

In der Tourist-Info präsentiert Weygand noch bis März seine Skulpturen gemeinsam mit Gemälden von Paul Dieter Bernhardt, der sein Atelier auch in Göllheim hat, und Armin Schanz aus Steinborn. „Wir drei haben uns im Leerstand Wilhelm bei Grünstadt Art kennengelernt und organisieren jetzt öfter Ausstellungen zusammen“, erzählt der 59-Jährige. Demnächst will das Trio Exponate im Freinsheimer Retzerhaus platzieren. Mit Schanz beteiligte sich Weygand an der ersten, gerade zu Ende gegangenen „Löhr-Center-Art“ in Koblenz. Die beiden gehörten zu den 15 Kulturschaffenden, die unter 250 Bewerbern ausgewählt worden waren, ihre Arbeiten in dem Einkaufszentrum einer breiten Öffentlichkeit zu zeigen. Direkt verkauft haben sie dort nichts. Es habe aber nette Gespräche gegeben. „Der Erfolg stellt sich eventuell langfristig ein“, meint Weygand. Der Schwerpunkt seiner Arbeit liegt aber bislang nicht im künstlerischen Bereich. Darauf will sich Weygand stärker konzentrieren, wenn er seinen Betrieb, in dem er einst vier Mitarbeiter beschäftigte und Lehrlinge ausbildete, mangels Nachfolger in einigen Jahren aufgibt. An seinem Firmensitz gegenüber dem Friedhof fertigt er in erster Linie Grabmale an – seit vier Jahren ganz allein. Die Nachfrage danach nehme ab, verweist er auf alternative Bestattungsformen, die im Trend liegen, wie Wiesen- und Baumgräber oder Kolumbarienwände. Weniger geworden sind auch Aufträge von Kirchengemeinden und Kommunen, die beide unter klammen Kassen leiden. Skulpturen für den öffentlichen Raum kann der Wahl-Göllheimer meist dann anfertigen, wenn diese über Vereine oder Sponsoren finanziert werden. In der Eisenberger Fußgängerzone stehen beispielsweise Bronzefiguren eines Gießers und eines Bergmannes von ihm, an der Weißen Grube in Imsbach eine lebensgroße Statue und in Ebertsheim ein Wegkreuz. Das Gros der Kunden seien Privat- oder Geschäftsleute. So hinterlässt Weygand, der auch eine Zusatzqualifikation als Restaurator hat, seine Spuren in Weingütern, bei Herren- oder Badausstattern in Wiesbaden und Grünstadt und in Kulturzentren wie der Finther Scheier in Mainz. In den ruhigeren Wintermonaten hat der 59-Jährige die Chance, immer wieder seiner Kreativität freien Lauf zu lassen. Dabei möchte er „Skulpturen schaffen, die etwas erzählen“. Gern greift der Bildhauer dann auf Sagen und Mythen zurück. Seine Lieblingsfigur ist gegenwärtig die fragmentarische Darstellung des Minotaurus. Die Statue besteht aus vier Elementen: dem Stierkopf, einem Arm, dem halben rechten Bein und dem linken Fuß. Dazwischen ist viel Luft – Freiraum für die Interpretation des Betrachters. Das Wesen hat er aus Diabas gehauen, einer Basaltvorstufe, die es in der benötigten Qualität weltweit nur in Schweden und in der Umgebung von Marburg gibt. „Damit arbeite ich besonders gern“, sagt der Künstler über das grünliche Material, das durch Polieren schwarz wird. Aufgrund seines Härtegrades, der zwischen Granit und Marmor liegt, biete er viele Bearbeitungsmöglichkeiten. In seinem neuesten Werk mit dem Titel „Wiedergeburt der Aphrodite“ hat Weygand Diabas mit mexikanischem Quarz kombiniert. Letzerer sei fast so hart wie Diamant. Die Statue basiert auf einer Zeichnung, die Weygand vor rund 20 Jahren angefertigt hat. „Ich male auch“, erzählt er. Bei freien Skulpturen mache er aber in der Regel keine Entwürfe. Oft lässt er sich durch die Art des Steins zu einer Form inspirieren. So etwa bei „Aurora“, der Göttin der Morgenröte. „Die rötlich-schwarze Maserung des skandinavischen Granits hat bei mir die Assoziation mit einem Sonnenaufgang ausgelöst.“ Witzig: die Serie mit der Figur Schorsch aus Pfälzer Sandstein. Bei manchen Stücken habe er Probleme, sich davon zu trennen, räumt der Bildhauer ein. Einem Objekt, das ihm entwendet wurde, trauert er noch heute hinterher. Es war ein lebensgroßer Männerkopf, den er als Zwölfjähriger mit Hammer und Schraubendreher geformt hat. Mindestens zehn Jahre lang zierte dieses frühe Werk die Mauer um das elterliche Grundstück. Doch: „Nach Bauarbeiten in der Straße war es nicht mehr da.“

x