Grünstadt Zwölf Tage für einen Roman

Trotzdem gut gelaunt: Guido Dieckmann und Claudia Schmid.
Trotzdem gut gelaunt: Guido Dieckmann und Claudia Schmid.

Vor einem überschaubaren Kreis von 13 Zuhörern haben in der Gemeindebücherei Obrigheim-Mühlheim Claudia Schmid und Guido Dieckmann Lesekostproben aus ihren Büchern gegeben. Im Zentrum ihrer historischen Romane standen Martin Luther, Philipp Melanchthon und das 500. Reformationsjubiläum.

Claudia Schmid, Jahrgang 1960, ist bekennende Kurpfälzerin und bereits zum zweiten Mal in der Obrigheimer Bücherei zu Gast. Sie brachte ihr aktuelles, im September 2016 erschienenes Werk „Die Feuerschreiber“ mit. Der historische Roman handelt von der wohl bedeutendsten Freundschaft der Reformation: Es geht um Martin Luther (1483-1546) und seinen engsten Mitarbeiter, Philipp Melanchthon (1497-1560). Beides sind unterschiedliche Charaktere, der eine besonnen und sensibel (Melanchthon), der andere schon mal ungestüm, gröblich und einer, der dem „Volk gerne aufs Maul schaut“ (Luther). Ihr freier Geist indessen eint beide. Philipp Melanchthon, geboren im baden-württembergischen Bretten („früher war das kurpfälzisch“ merkt die Autorin an) wurde als Professor für Griechisch an die neugegründete Leucorea der Universität Wittenberg berufen. Martin Luther lehrte dort Theologie. In einer Passage schildert Claudia Schmid die erste Begegnung der beiden in Wittenberg. Sie kann die Zuhörer gut in die umtriebige Zeit zwischen 1517 und 1530, „den spannendsten ersten Jahren der Reformation“, mitnehmen. Das Aufeinandertreffen der Gelehrten ist der Beginn einer geistig fruchtbaren Freundschaft und engen Zusammenarbeit. Die beiden werden führende Gestalter und „Väter“ der Reformation. In einem weiteren Kapitel beschreibt die Autorin eine Lebensphase Luthers während des Winters 1521, wo er sich auf der Wartburg verborgen hält. In Wittenberg herrscht große Unruhe. Luther will hier ein paar Tage unerkannt bleiben. Philipp Melanchthon gibt seinem Freund den Rat, die Zeit auf der Wartburg „sinnvoll“ zu nutzen, um das Neue Testament zu übersetzen. „Wir brauchen eine Bibel, die jeder lesen kann“, wird der Humanist Melanchthon zitiert. Er, der mit der Kurpfalz stark verwurzelt gewesen sei, in Heidelberg studierte und ein paar Monate in Speyer wohnte, sei ihr „richtig ans Herz gewachsen“, gesteht die Autorin. „Melanchthon war sehr menschlich und ein ganz lieber.“ Akribisch beleuchtet die Germanistin, die bei Heidelberg wohnt, die Lebensläufe ihrer Protagonisten. Zweieinhalb Jahre brauchte es für das Buch „Die Feuerschreiber“ (352) Seiten), das ein lebendiges Bild „der Zeit im Umbruch“ aufzeigt. Guido Dieckmann, Jahrgang 1969, Haßloch, las aus seinem Buch „Luther“, das 2003 erschien und im Frühjahr neu aufgelegt wurde. Zum Inhalt: Das Leben des jungen Martin Luther scheint geordnet. Als Student der Rechte ist er der Stolz seiner Familie – bis er während eines schweren Gewittersturms verspricht, Mönch zu werden. Im Kloster verzweifelt Luther zunehmend an der Kirche, der er Gehorsam gelobt hat. Besonders der päpstliche Ablasshandel, das Vergeben von Sünden durch Bezahlung, erschüttert ihn. Als er im Jahr 1517 seine 95 Thesen verkündet und sich weigert, sie zu widerrufen, macht er sich Papst und Kaiser zu Todfeinden. Der Autor wählte zu Beginn ein Kapitel aus, das nach Rom versetzt und Szenen im Papstpalast von Leo X. beschreibt. Es geht um Übereinkünfte, die zum Ablasshandel führten. In einer weiteren Szene wird geschildert, wie Ablasshändler Tetzel in Deutschland mit rhetorischem Geschick die Massen anzieht, um Ablassbriefe zu verkaufen. Abschließend widmet sich der Autor der Reaktion Luthers auf die Umtriebe und Machenschaften Tetzels. Das Buch „Luther“ (383 Seiten) sei „als begleitender Roman zum gleichnamigen Historienfilm“ 2003 erschienen. Sein Verlag sei angetan gewesen von der Idee der Filmproduktion, erzählte der Autor im Anschluss. Er sei 2003 bei der Premiere in München mit internationaler Starbesetzung (Peter Ustinov, Bruno Ganz) dabei gewesen. Die Hauptrolle spielte Joseph Fiennes. Nur zwölf Tage habe er Zeit bekommen, den „Roman parallel zum Film“ aufzuschreiben. Sein Geschichtsstudium lag schwerpunktmäßig auf Luther und der Reformation. Claudia Schmid und Guido Dieckmann beides erfahrene Bücherschreiber, haben auch Vorlieben für Krimis und Thriller: Die Kurpfälzerin bezieht dabei gerne ihre Heimat mit ein, Dieckmann schreibt gelegentlich unter Pseudonym Pfalz-Krimis. Ein nettes Gastgeschenk hatte Claudia Schmid mitgebracht: Sie überließ der Bücherei ein kleines „Bücherpaket“, das sie bei der Criminale 2017 in Graz (Krimifestival) bei einer Verlosung gewonnen hatte. Büchereileiterin Doris Schweitzer stellte das 500. Reformationsjubiläum in den Fokus der Autorenlesung: Zu diesem Thema sind im Juni und Juli über 30 Bücher zusätzlich in der Gemeindebücherei ausgestellt. Die Buchhandlung Frank, Grünstadt, war mit einem Tisch voller Lesestoff-Produkte beider Autoren dabei.

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