Grünstadt Literarische Alpträume im Turm

Für Maxheimer war es die erste Lesung überhaupt.
Für Maxheimer war es die erste Lesung überhaupt.

Alptraumhaft ging es am Samstagabend im Roten Turm in Asselheim zu – zumindest literarisch gesehen: Bei einer Lesung des Newcomer-Autoren Christian Maxheimer kamen Freunde von Horror- und Gruselerzählungen auf ihre Kosten. Drei Kurzgeschichten gab der 34-jährige Saarbrücker auf Einladung des Asselheimer Kunstvereines zum Besten. Das Motto: „Ein literarischer Sommernachtsalptraum.“

Und dem wurde der Nachwuchsschriftsteller gerecht. Gleich mit seiner ersten und längsten Kurzgeschichte „Das falsche Haus“ fesselte er sein Publikum nicht nur mit einem rasanten Plot um eine mordende Mutter mit kannibalistischen Vorlieben, einem vom FBI gejagten Topterroristen und einem stalkenden, psychopathischen Verfechter klassischer Familienidylle; er überraschte auch mit seiner Erzählweise. Aus verschiedenen Blickwinkeln wechselte Maxheimer nicht nur zwischen den Figuren und ihren Perspektiven auf das Geschehen: Auch Rückblenden in immer kürzeren Abständen verdichteten die Handlung bis zu ihrem Höhepunkt in einem letztlich für alle Beteiligten tödlichen und tatsächlich buchstäblichen Countdown. Da kommt die Pause im gut zweistündigen Programm zur kurzen Erholung von literarischem Schusswechsel, Leichenhäutung und Bombenzündern gerade recht. „Wer denkt sich so etwas Verrücktes aus?“, fragt Brigitte Seiler und fügt lachend hinzu: „Eigentlich bin ich nicht für Krimis und so etwas zu haben, aber interessant war, wie sich die Handlungsstränge nach und nach verbunden haben.“ Auch die Location passe gut zur Lesung, findet Ehemann Erhard Seiler, der selbst Künstler ist und sich das Ambiente des Turms auch unter dem Gesichtspunkt möglicher Ausstellungen anschaut. Dass das alte Gemäuer den richtigen Veranstaltungsort bieten würde, hat sich auch Brit Hinz vom Kunstverein in Asselheim gedacht: „Seit 1978 arbeite ich am und im Turm und habe so viele Horrorgeschichten über ihn gehört, was hier alles angeblich passiert ist. Das wollte ich eigentlich immer mal zusammentragen, aber bislang hat die Zeit gefehlt.“ Also griff sie nach unzähligen Kunstausstellungen und anderen Veranstaltungen die Idee von Vereinskollegin Elisabeth Klein auf, Christian Maxheimer für eine Lesung nach Asselheim zu bitten. Dass es seine erste Lesung war, merkte man dem jungen Autor nicht an: Keine halbe Seite und er war von seiner Geschichte nicht mehr zu trennen. Mal beinahe flüsternd leise, dann wieder eindringlich schlüpfte er in seine Figuren und deren fiktive Welt. „Ich habe kaum etwas von außen mitbekommen, ich war richtig in der Geschichte drin. Es war anstrengend, aber wirklich schön“, so Maxheimer. Auch Annette Fichte war begeistert: „Dieser groteske Humor, die Ironie, das hat mir sehr gut gefallen.“ Sascha Meier, ebenfalls aus Mannheim, fand das Ganze spannend: „Bis zum Ende wurde immer noch eins draufgelegt, super.“ Und noch einmal eins drauf legte Maxheimer dann auch nach der Pause – mit „Selbstversuch“, vorgetragen von Elisabeth Klein, wählte der Autor einen noch ausgefalleneren Erzählstil: Im Twitter-Kurznachrichtenstil postet der Protagonist, ein gelangweilter B-Promi, seinen Trip mit einer neuen Droge, die ihn letztlich auf mysteriöse Weise das Leben kostet. Den Abschluss bildete „Eine leise Symphonie“, ein „poetischer Grusel à la Poe“, wie Elisabeth Klein kommentierte. Wo er die Ideen für seine „literarischen Alpträume“ hernimmt, darauf hat Christian Maxheimer eine beunruhigende Antwort: „Der Horror ergibt sich oft aus dem Banalen.“ Kontakt Die Werke von Christian Maxheimer sind derzeit noch nicht veröffentlicht und an einer Internetpräsenz wird noch gearbeitet. Wer sich über die nächsten Veranstaltungen des Kunstvereins im Roten Turm informieren oder den Verein unterstützen möchte, findet Infos unter www.roter-turm.eu.

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