Frankenthal Musik voller Sehnsucht

Ein ungewöhnliches Instrumentarium brachte das Duo InTon bei seinem Konzert zum Einsatz. Die Drehleier hat Ernst Kaeshammer (lin
Ein ungewöhnliches Instrumentarium brachte das Duo InTon bei seinem Konzert zum Einsatz. Die Drehleier hat Ernst Kaeshammer (links) selbst gebaut, das Akkordeon von Nicola Polizzano ist aus Holz gefertigt.

Zweieinhalb Stunden voller musikalischer Überraschungen erlebten die Zuhörer am Montag zu den Frankenthaler Kulturtagen in der Zwölf-Apostel-Kirche beim Konzert des Duos InTon. Musik voller Sehnsucht, Zärtlichkeit und Hoffnung versprach Gastgeberin Dekanin Sieglinde Ganz-Walther bei ihrer Begrüßung. Und sie sollte Recht behalten.

„Mit lauten und leisen Tönen“ hatten Ernst Kaeshammer und Nicola Polizzano als Duo InTon ihr Programm überschrieben. Sie spielten Musik aus mehreren Jahrhunderten: von umgeschriebenen Liedern aus dem 16. und 17. Jahrhundert bis hin zu Stücken aus der Neuzeit, die sie noch meist selbst verfasst haben. Schon die ungewöhnlichen Instrumente, die in vielen Kombinationen eingesetzt wurden, waren ein Hingucker. Beim ersten Stück, das laut Polizzano einfach so bei einer Probe entstanden sei, war der unvergleichliche Klang der Drehleier zu erleben, die ernst Kaeshammer selbst gebaut hat. Das Akkordeon von Nicola Polizzano, fast komplett aus Holz gefertigt, harmonisierte perfekt damit. Unisono füllten sie die unglaubliche Akustik der Zwölf-Apostel-Kirche mit dem Klang der eingängigen Melodie, schwollen zweistimmig wie bei einer Fuge an, und ließen das Stück in ein furioses Finale mit Fußtrommel und Schellentamburin münden. Manche der Instrumente ließen lautmalerisch Bilder im Kopf entstehen, erinnerten an entfernten Donner oder das Rauschen des Regens. Die Chime-Klangstäbe erinnerten an eine Harfe. Immer wieder beschrieb Ernst Kaeshammer kurz den Inhalt der Stücke, die in deutscher, aber auch oft in französischer und italienischer Sprache gesungen wurden. Thematisch waren die Lieder mal ernst, mal heiter, mal nachdenklich, mal kämpferisch, überraschend poetisch oder gar philosophisch. So „Wenn Träume leise singen“, das auf die Zeit hinweist, die man sich nehmen muss, um das Leben bewusst mitzuerleben. Da wurde die tragische Geschichte um Lukretia erzählt, die sich zu einem schnell vergänglichen Seitensprung mit einem Fremden hinreißen ließ. Und das Publikum hörte von den Kindern der ärmsten Gegend der Savoyen des 18. Jahrhunderts, die sich Geld mit der „Marmotte“, der Drehleier, verdienen mussten. Dichterfürst Goethe hat den französischen Text übersetzt. Viele der wundervollen Melodien reizten zum leichten Mitschwingen, so gleich zu Beginn beim fröhlichen „Wenn ich trinke guten Wein“. Bei manchen der Liedern durften die Zuhörer in den Refrain einstimmen. Waren die Lieder aus der Neuzeit, griff Kaeshammer immer wieder zur Gitarre, wie beim Lied „1000 Jahre im Wind“, das das Duo für einen kürzlich verstorbenen Freund zu Gehör brachte. Auch den Regenbogen, auf dem man zum Reisen aufgefordert wurde, zelebrierten sie mit Gitarre, Akkordeon, in drei Sprachen und zweistimmig. Verträumt setzten sie lautmalerisch das Flatterns eines Schmetterlings um. Versprochen im Programm waren auch die lauten Töne. Beim Zwiegespräch, das der Tod mit einem Tänzer führt, den er holen will, mimte Polizzano hinter einer weißen venezianischen Pestmaske fordernd und wortgewaltig den Sensenmann, Kaeshammer als Tänzer gab ihm unerschrocken Kontra. Der musikalische Protest gegen die Ungerechtigkeit eines Bergwerksbesitzers des 19. Jahrhunderts, der mit seinem Reichtum direkt vor seinen hungernden armen Arbeitern prahlt, war sogar authentisch. Obwohl schon vor 15 Jahren entstanden, hatte das Stück „Nähe und Ferne, Freund oder Feind“ nichts an seiner sozialkritischen und gerade jetzt besonders aktuellen Aussage verloren: Es ist der Aufruf von Hassan Dewran, sich mit dem Unbekannten zu beschäftigen, denn „die Ferne ist die Nähe, die noch nicht erreicht ist“. Mit der „Tippelreise“ des lebensfrohen Scherenschleifers wurde man von InTon auf den Heimweg geschickt. Doch das Publikum forderte noch eine Zugabe: „Makkaroni“, das sehnsüchtige Traumbild eines hungrigen Soldaten mit eindeutiger Friedensbotschaft. Denn verschössen die Kanonen eben nur leckere Makkaroni, gäbe es keine Krieg.

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