Frankenthal Amtsgericht Frankenthal betreut Verfahren nach Transsexuellengesetz in Rheinland-Pfalz

Der Leidensdruck für Betroffene – hier ein Symbolbild – sei groß, sagt Richterin Sandra Wingenter. Das Amtsgericht Frankenthal i
Der Leidensdruck für Betroffene – hier ein Symbolbild – sei groß, sagt Richterin Sandra Wingenter. Das Amtsgericht Frankenthal ist in Rheinland-Pfalz zuständig für Verfahren nach dem Transsexuellengesetz.

Wenn Transsexuelle in Rheinland-Pfalz ihren Vornamen oder den Personenstand ändern möchten, ist dafür das Amtsgericht Frankenthal zu ständig. 74 solcher Verfahren nach dem Transsexuellengesetz (TSG) verzeichnete die Behörde im Vorjahr. Sie seien für die Betroffenen häufig ein Meilenstein, sagt Richterin Sandra Wingenter.

Juristisch seien die TSG-Verfahren in der Regel nicht kompliziert. Allerdings verlaufe die Anhörung häufig sehr emotional. „Ich erfahre zum Teil sehr persönliche Dinge“, sagt Richterin Sandra Wingenter, die seit Januar am Amtsgericht unter anderem diesen Bereich betreut. Obwohl vom Gesetz ausdrücklich auch vorgesehen ist, nur den Vornamen oder die Geschlechtszugehörigkeit zu ändern, würde in den meisten Fällen beides in Angriff genommen.

Verfahren dauern bis zu einem Jahr

„Die Verfahrensdauer ist sehr unterschiedlich, je nachdem, wie schnell die notwendigen Unterlagen vorliegen“, sagt Wingenter. In der Regel sei mit bis zu einem Jahr zu rechnen. Neben Dokumenten wie der Geburtsurkunde und einer Kopie des Personalausweises müssen die Betroffenen einen Lebenslauf, der sich auf ihre Transsexualität bezieht, vorlegen. Das Gericht beauftragt zwei Sachverständige, die in ihren Gutachten unter anderem dazu Stellung nehmen müssen, ob sich das Empfinden des Antragsstellers nicht mehr ändern wird, einem anderen Geschlecht anzugehören.

Dritte Meinung selten nötig

Der Zwang, seit mindestens drei Jahren den Vorstellungen entsprechend leben zu wollen, ist Voraussetzung für ein Verfahren. Mit etwa 15 Gutachtern in Rheinland-Pfalz und in den Nachbarbundesländern arbeitet das Frankenthaler Gericht zusammen. Dabei achtet Wingenter wenn möglich auf eine Nähe zum Wohnort des Antragstellers. „Aber die Sachkunde steht im Vordergrund“, betont die Juristin. Selten sei es nötig, eine dritte Meinung einzuholen. Gutachten zur Transsexualität zeigten allgemein: „Das Gefühl, das passt so nicht, entwickelt sich sehr früh“, sagt die Amtsrichterin.

Anspannung vor dem finalen Gespräch

Wenn alle Unterlagen und die Gutachten vorliegen, folgt als dritter und letzter Verfahrensschritt ein persönliches, nicht öffentliches Gespräch, an dessen Ende meist bereits eine Aussage darüber erfolge, wie die Entscheidung ausfallen wird. Mann merke den Betroffenen häufig die Anspannung vor dem Gespräch an. „Hinterher fällt vielen ein Stein vom Herzen“, sagt Wingenter. Der Beschluss werde dann der betroffenen Person und der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) zugestellt. Die Trierer Behörde habe dann noch eine Beschwerdefrist von vier Wochen, bevor der Beschluss an das Geburtsstandesamt weitergeleitet wird. Dann sei der Weg frei, Dokumente umschreiben zu lassen und Gespräche mit der Krankenkasse über eine mögliche operative Geschlechtsumwandlung aufzunehmen. Die Verfahrenskosten liegen laut Amtsgericht bei etwa 1400 Euro, der Verfahrenswert wird mit 5000 Euro beziffert. Eine Prozesskostenhilfe kann beantragt werden.

Jugendliche häufig von Eltern unterstützt

Ein Mindestalter für den Antrag, Vorname und Geschlechtszugehörigkeit zu ändern, sieht das Gesetz nicht vor. Einzig die Maßgabe, mindestens drei Jahre den dringenden Wunsch zu einer Änderung verspüren zu müssen, lege eine gewisse Reife nahe. In Frankenthal reiche die Alterspanne von 16 bis 60 Jahren. Jugendliche würden häufig von ihren Eltern unterstützt. Die Informationsmöglichkeiten durch Fernsehdokumentationen oder das Internet seien heute immer besser. Bei älteren Antragstellern beobachte sie häufig den Wunsch, noch einmal einen Neuanfang zu wagen. „Viele Betroffene stehen unter einem hohen Leidensdruck“, weiß die Richterin. Sie selbst habe noch keinen Antrag abgelehnt, ein Verfahren sei ausgesetzt worden, weil die geforderte Drei-Jahres-Frist aus Sicht der Gutachter noch nicht erfüllt war.

Die Namensfrage

Zwei Fragen stellt Sandra Wingenter jedem Betroffenen im Gespräch: „Wie reagiert das persönliche Umfeld?“ und „Wie kommen Sie auf den neuen Namen?“ Die Antworten seien oft interessant. Neben ganz fantasievollen Vornamen werde häufig der Name gewählt, den Eltern für das andere Geschlecht geplant hatten, oder zur männlichen Form gewechselt, sodass Andrea dann Andreas wird.

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