Kusel Odenbach: Dorfplatz und Denkmal für die ermordeten Juden eingeweiht

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Es war ein bewegender Tag für Odenbach. Die Ortsgemeinde und der „Förderverein ehemalige Synagoge“ hatten zu einer Gedenkveranstaltung für die früheren jüdischen Mitbürger eingeladen. Der Höhepunkt war die Enthüllung der Gedenkstele auf dem Dorfplatz, die an die ermordeten Odenbacher Juden erinnern soll.

Der erste Teil der Veranstaltung fand in der schlichten protestantischen Kirche statt. Sie wurde musikalisch umrahmt durch den Siebenpfeiffer-Chor, der unter Leitung von Julian Franke die Lieder „Sag mir, wie sollen wir leben“ und „Geh in die Welt“ sang. Ursula Woehl, die Vorsitzende des Fördervereins, begrüßte die Gäste „aus nah und fern“, darunter Angehörige der Opfer, die aus der Schweiz, den Niederlanden und den USA gekommen waren. Dann beschrieb sie kurz die Überlegungen, die Neugestaltung des Dorfplatzes für das Gedenken an die Opfer des Holocaust zu nutzen. Weitere Grußworte sprachen die Vertreter von Kreis, Verbands- und Ortsgemeinde und Larissa Janzewitsch von der Jüdischen Kultusgemeinde Speyer. Einen knappen Überblick über die Geschichte der jüdischen Gemeinde gab Eva Kappesser. Der erste jüdische Bürger ließ sich im 17. Jahrhundert in Odenbach nieder. 100 Jahre später war die Gemeinde bereits so groß, dass sie 1752 eine Synagoge bauen konnte. Eine Besonderheit war die Nähe zur Kirche und das enge Zusammenleben von Menschen christlicher und jüdischer Religion. Aber die Emanzipation im 19. Jahrhundert und die Integration waren keine Garantie für ein dauerhaftes friedliches Zusammenleben, denn ein zunehmender Antisemitismus führte zu wachsender Diskriminierung. Eine unrühmliche Rolle spielte in Odenbach der protestantische Pfarrer Rudolf Wolfrum als Anhänger der „Deutschen Christen“, der seine Predigten für NS-Propaganda benutzte. Von 1933 an kam es zu einer verstärkten Auswanderung; von den verbliebenen Juden wurden die meisten deportiert und ermordet. Die Namen von 26 Opfern sind auf der Gedenkstele verzeichnet. „Jeder Name steht für einen Menschen, sein Leben und sein Schicksal“, erklärte Kappesser. Besonders eindrucksvoll war das Lied, das Aya Cohrsson aus Odernheim selbst gedichtet hatte und mit Akkordeonbegleitung vortrug. Es handelt von ihrem Großvater Salomon Kohn, der wegen des antisemitischen Spottes seinen Namen in „Siegfried Korn“ ändern ließ. Aber in der Erinnerung der Enkelin sei er der „weise Salomon“ geblieben. Anschließend versammelten sich die Teilnehmer auf dem neu gestalteten Dorfplatz, der zwischen Kirche und Synagoge liegt. Hier sorgte Igor Tabatschnik von der Jüdischen Kultusgemeinde Kaiserslautern mit seinem Saxofon für die passende Musik. Nach der Enthüllung der Stele sprach Michael Katz aus Kaiserslautern das jüdische Totengebet „Kaddisch“, und der protestantische Pfarrer Jochen Walker las den 143. Psalm, in dem ein Verfolgter um Hilfe bittet: „Errette mich, mein Gott, von meinen Feinden.“ Für die Angehörigen der Opfer sprach zuerst Monique Sauter aus Basel. In einem fiktiven Dialog erinnerte sie an ihren Großonkel Moritz Kleinberger, der 1897 in Odenbach geboren und 1942 in Auschwitz ermordet wurde. Anschließend erklärte die 89-jährige Stella Löb, die 1937 mit ihren Eltern in die USA emigriert war: „Ich weine für die Vergangenheit und für die Zukunft.“ Bei der Vergangenheit sei es die Trauer um die Toten, aber das Mahnmal zeige, dass man sich an sie auch in Zukunft erinnern werde. Der Steinbildhauer Karl-Heinz May aus Odenbach, der die Gedenkstele geschaffen hat, äußerte sich kurz zu seinem Werk. Er habe vier Modelle entworfen, aus denen der Förderverein wählen konnte. Die Haupttafel sollte die 26 Namen enthalten. Sie stehen zwischen zwei Basaltsäulen auf einer Glastafel, deren Transparenz eine Verbindung zwischen Himmel und Erde herstellt. Ergänzt wird die Haupttafel durch vier Steinplatten, deren Inschriften den Leidensweg der Juden beschreiben: „Entwürdigt – entrechtet – deportiert – ermordet“. Sein Denkmal, sagte May, soll ein Beitrag gegen das Vergessen und für Menschlichkeit sein. In Vertretung der Dorfplanerin Nathalie Franzen erläuterte Artur Marx die Gestaltung des neuen Dorfplatzes. Aus unterschiedlichen Ideen sei schließlich die endgültige Form entwickelt worden. Auf dem unteren Teil gibt es vier Parkplätze für die Besucher der Synagoge, der obere Teil mit Bänken und der Stele dient der Ruhe und der Besinnung. Abschließend bedankte sich Bürgermeister Gerhard Gins bei Behörden und Firmen und übergab den Platz der Öffentlichkeit. Für den weiteren Tagesverlauf wurde ein Mittagessen angeboten. Am Nachmittag konnten die Teilnehmer wählen zwischen einer Besichtigung der Synagoge und einem Dorfrundgang, bei dem vor allem die ehemaligen jüdischen Häuser gezeigt wurden. Am Abend fand ein Gespräch mit Zeitzeugen statt. |dhb

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